„Hier kann ich abschalten“Bestseller-Autorin Carla Berling liebt die Kölner Südstadt

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Veedelsspaziergang_Eindruecke

Carla Berling

  • Bestseller-Autorin Carla Berling lebt in Rodenkirchen und fährt ein Mal pro Woche in die Südstadt.
  • Dort atmet sie Ideen für neue Geschichten ein. Berlings neues Buch "Klammerblues um 12" spielt rund ums Eierplätzchen.
  • Unsere Autorin begleitete sie bei einem Spaziergang durch ihr Lieblingsveedel.

Köln – „Hier kann ich wunderbar abschalten“, sagt Carla Berling, lässt sich elegant auf eine freie Bank fallen und beobachtet die Szenerie am trubeligen „Eierplätzchen“. Kaum zu glauben, dass sie hier zwischen Titusstraße, Mainzer Straße und Teutoburger Straße zur Ruhe kommt. Fußgänger schlendern laut redend vorbei, Lieferwagen piepsen während sie sich rückwärts durch die engen Straßen ihren Weg zum Abladen bahnen, Autofahrer umkreisen in Endlosschleifen den kleinen Platz mit seinen Bänken und dem Bücherschrank, auf der Suche nach einem Parkplatz. Ein Hundehalter ruft lautstark nach seinem Vierbeiner, der sich wild schnüffelnd am Mülleimer beschäftigt.

Abschalten? Hier? „Auf jeden Fall“, sagt Berling, als könne sie Gedanken lesen. „Es ist mein Lieblingsplatz in der Südstadt. Hier ist einfach immer was los. Und der Römerpark ist auch nicht weit“, sagt sie, dreht ihren Kopf zur Seite und zeigt in die Richtung dichter Baumreihen.

Neue Komödie spielt am Eierplätzchen

Kein Zweifel, sie liebt dieses Fleckchen in der Südstadt. Vielleicht spielt auch deshalb das Eierplätzchen eine zentrale Rolle in ihrer neuen Komödie „Klammerblues um 12“. Berling ist Buchautorin. Sie schreibt Krimis und Komödien, mit denen sie in den vergangenen drei Jahren regelmäßig auf der Spiegel-Bestsellerliste landete.

„Klammerblues um 12“ spielt in der Südstadt. Berling mag Lokalkolorit und die Südstadt mit den unterschiedlichen Charakteren – mal spleenig, mal spießig aber immer lebensfroh. Am tollsten findet sie, wenn sie mit völlig fremden Menschen ins Gespräch kommt. „Das passiert mir nur in der

Zur Person

Carla Berling ist gebürtige Ostwestfälin, lebte lange Zeit in Bonn, dann in der Kölner Südstadt. Inzwischen ist sie in Rodenkirchen zu Hause.

Bevor sie mit ihrer Krimi-Reihe um Ira Wittekind Erfolge als Autorin feierte, arbeitete sie als Lokalreporterin und Pressefotografin. Neben Krimis schreibt Berling Frauen-Komödien. Die Autorin ist verheiratet und hat zwei Söhne.

Carla Berlings neue Komödie „Klammerblues um 12“ ist am 13. Juli 2020 im Heyne Verlag erschienen.

Südstadt. Am Bücherschrank zum Beispiel, kann schon alleine die Frage nach dem Sortiment, der Anfang einer langen Unterhaltung wie unter Freunden sein“, sagt Berling.

Aber es gibt eben auch die Einsamen, diejenigen, die erst durch einen Zufall wieder ins Leben zurückkehren. So wie in ihrem Buch: Fee, 57 Jahre, unvorhergesehen verwitwet, droht auf ihrem Sofa vorm Fernseher, mit Musik, Unmengen Prosecco und Chips zu verloddern. Doch die Wende bringt Nachbarin Claudine. Am Ende eines einsamen Silvesterabends steht sie plötzlich vor der Tür. Die energische Sechzigjährige bringt Fees Dasein mit ihrer Lebenslust durcheinander. Sie macht sogar den absurden Vorschlag, mit ihr und der 72-jährigen Mary, die für den Seniorentriathlon trainiert und sehr frei über die Liebe denkt, eine WG zu gründen.

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Fee stürzt sich ins Leben, stolpert über die Leine eines hustenden Mopses, verknallt sich und lässt ihr altes Leben hinter sich.

Liebeserklärung an die Kölner Südstadt

Dabei nimmt Berling ihre Leser mit auf eine Reise durch die Südstadt zwischen Eierplätzchen und Rolandstraße bis zum Eifelplatz. Ihr Buch ist auch eine Liebeserklärung an die Südstadt und an das unkonventionelle Leben. Vor 15 Jahren zog die heute 60-Jährige mit ihrem Mann von Bonn in die Kölner Südstadt, streng genommen in die Neustadt Süd in die Nähe des Zülpicher Platzes. Inzwischen lebt sie im beschaulicheren Rodenkirchen, radelt aber mindestens einmal pro Woche in die Südstadt, schlendert durch die Straßen, setzt sich auf eine der zahlreichen Bänke zwischen Eierplätzchen und Volksgarten und beobachtet die Menschen.

„Das ist mein Job, alles in mich aufzusaugen, das Leben, die Menschen, ihre Marotten, die Szenen, die mir dabei begegnen. So wie der hustende Mops auf der Rolandstraße, dessen Flexi-Leine Fee zu Fall bringt. „Natürlich hat sich das nicht exakt so zugetragen, es ist eher eine Mischung aus dem, was ich hier so aufnehme und meinen Fantasie-Gespinnsten“, sagt sie. „Da vorne zum Beispiel“, Berling zeigt auf den kleinen Kiosk am Eierplätzchen, „befindet sich in meinem neuen Buch die Weinhandlung von Claudine, der verrückten Nudel, die Fee ins Leben zurückbringt.“

Der Weinberg vom Chlodiwgplatz

Wir gehen weiter zum Chlodwigplatz. Es ist Markttag. Die Stände versperren den sonst freien Blick auf die Severinstorburg. Wir suchen uns einen freien Platz, was angesichts des Markttreibens gar nicht so einfach ist. Berlings Blick schweift kurz an den Verkaufsständen entlang und bleibt schließlich an der Mauer unterhalb des Weinstocks hängen. „Ist das nicht herrlich? Ein Weinstock mitten in der Stadt?“ Der Platz sei richtig schön geworden nach der Sanierung. Doch auf die Bänke setze sie sich ungern. „Hier lungern mittlerweile zu viele Junkies herum, die einen penetrant anbetteln“, sagt sie. „Das nervt und verdirbt mir die Laune, hier länger zu verweilen.“ Dabei mag sie den Blick durchs alte Tor und auf die darüber liegende Torburg. „Hier findet in der Schlussszene meines Buches eine große Silvesterparty statt, die Fees Leben weiter verändert.“ 

Vom Ende ihres Buches geht es nun zum Anfang. Durch die Merowinger Straße laufen wir Richtung Rolandstraße. Bei „Bett und Decke“ bleibt Berling kurz am Schaufenster stehen. „Ach wie niedlich“, entfährt es ihr angesichts der bunt verzierten Tassen, Rucksäcke und Kissen. „Das wäre was für meine Enkelin Elsa.“ Ein kurzer Blick, dann geht es weiter, einkaufen will sie dort später.

Südstadt-Szenen für das nächste Buch

„Hier lebt Fee“, sagt Berling und zeigt auf einen einfachen Hinterhof direkt über „Brigittes Büdchen“. Die Balkone wurden nachträglich an die farblose Backsteinfassade gebaut. „So einen Hinterhof hat auch Fee und lernte dort Claudine kennen“, erzählt Berling. Wir gehen zum Eingang an der Rolandstraße. Die Backsteinfassade des Hinterhofs entpuppt sich von vorne als wunderschöner Altbau. „Ich habe das Haus mit diesem hier vermischt. Ich wollte ein Haus mit Erkern haben“, sagt Berling und zückt ihr Handy, um es zu fotografieren.

Das macht sie übrigens häufig bei ihren Touren durch die Südstadt. Sie fängt Szenen ein, um sie später besser verarbeiten zu können. Vermisst sie die Südstadt? „Ja“, antwortet Carla Berling ohne nur einen Atemzug verstreichen zu lassen. „Wer weiß, vielleicht ziehe ich mit meinem Mann irgendwann wieder her.“

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