Kölner ModegeschäftWeingarten zieht mit Damenmode ins „Haus Friesenplatz“

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Friesenplatz

Der erste Bauabschnitt für das „Haus Friesenplatz“ ist abgeschlossen.

Köln – Die Zukunft ist pink: Wände, Werbung und auch die sommerlich-luftigen Kleider der Puppen am Eingang. Der Firmenschriftzug an der Außenfassade aber bleibt, wie er ist – in „Weingarten-Rot“. Der siebengeschossige Eckbau ist das neue Gesicht des Friesenplatzes und das neue Aushängeschild für das Kölner Familienunternehmen.

„So weit waren wir noch nie am Ring“, sagt Theresa Weingarten (31), die seit sieben Jahren die Geschäfte gemeinsam mit ihrer Mutter Annegret (60) führt. Vor sechs Jahren begannen die Planungen für das neue Damenhaus, seit 2017 wurde gebaut, Weingarten nutzt zwei Etagen. Das Gebäude mit vielen Fensterfronten gehört der Allianz. In Kürze eröffnet im Erdgeschoss Richtung Hohenzollernring ein asiatisches Restaurant, in den oberen Etagen bietet WeWork auf 5200 Quadratmetern Coworking-Büroflächen an.

Nebenan sind die Bagger im Dauereinsatz. Das alte Weingarten-Damenhaus wird abgerissen, in den Fensterresten sind noch die Werbeflächen zu erkennen. An dieser Stelle hat die Allianz Real Estate mit dem zweiten Bauabschnitt begonnen – bis 2021 soll die Lücke zwischen dem Haus für „Große Größen“ und dem Weingarten-Damenhaus geschlossen sein. Der gesamte Komplex wird dann zum „Haus Friesenplatz“.

Weingarten ist seit 89 Jahren am Friesenplatz ansässig. Eigentlich gilt er als schwieriges Pflaster: Auf den Ringen tummelt sich vor allem das Partypublikum – und das auch erst ab 22 Uhr. Da sind die Geschäfte längst geschlossen. „Wir müssen uns unsere Frequenz selbst schaffen“, sagt Theresa Weingarten. Durch die benachbarte Außengastronomie könnte sich die Verweildauer der Besucher erhöhen. Auch das Belgische Viertel entwickele sich weiter „positiv“ und überhaupt werde der Friesenplatz durch den gesamten neuen Gebäudekomplex „sehr gut aufgewertet“. Dazu trägt auch bei, dass das Lichtkonzept der Weingarten-Fenster bis auf den Hohenzollernring abstrahlt. Am 4. April wird das Damenhaus offiziell eröffnet – der Verkauf läuft aber schon.

Die Modebranche steckt in einer Phase des Umbruchs. Der stationäre Handel hadert vielerorts mit dem Online-Handel. Bei Weingarten setzt man auf die Verbindung mit einem eigenen Online-Shop, mit „Click & Collect“ und „Click & Reserve“. Das bedeutet, die Artikel können auch online ausgewählt und im Geschäft abgeholt werden.

2019 gilt in der Branche als Herausforderung

Manche Kunden fahren zwei- oder dreimal im Jahr mehr als 100 Kilometer zu dem Kölner Modehaus, hat das Unternehmen ermittelt. Traditionell sind bei Weingarten die „großen Größen“ besonders gefragt, ebenso wie die Mode für bestimmte Anlässe: Hochzeit, Kommunion, Abi-Ball oder andere Festivitäten gehören dazu. Das zeigt sich auch im neuen Damenhaus: Im Bereich „Cocktail“ hängt die festliche Garderobe, Abendkleider mit Tüll, bestickt mit Pailletten, dazu passende Handtaschen und Schuhe. Die bestimmenden Farben der Saison: natürlich Pink, dazu Rosa und Türkis. Weingarten beschäftigt in Köln insgesamt 170 Modeberater. „Wir setzen auf den Faktor Mensch. Wer zu uns kommt, erwartet, dass er gut beraten wird. Es kennt sich nicht jeder Kunde mit Mode aus und unsere Mitarbeiter geben die gewünschte Rückversicherung“, sagt Theresa Weingarten.

Das Jahr 2019 wird für die Branche eine Herausforderung, glaubt sie: „Mode hat leider derzeit keinen hohen Stellenwert.“ Urlaub, Technik, Gastronomie – das sei vielen wichtiger als Kleidung. „Das war vor 30 Jahren noch ganz anders. Früher definierte man sich durch das, was man trägt. Jetzt ist es unsere Aufgabe, wieder mehr Lust auf Modde zu wecken. “ Der lange Sommer im vergangenen Jahr sorgte zudem in der Bekleidungsbranche für einem schleppenden Start ins Herbst- und Wintergeschäft. Früher sei der Dezember der stärkste Monat gewesen, erklärt die Geschäftsführerin. Inzwischen ist es der Mai, wegen der vielen Brückentage, die zum Einkaufen genutzt werden.

7000 Quadratmeter, sieben Eingänge

Das Modehaus Weingarten hat 7000 Quadratmeter Verkaufsfläche rund um den Friesenplatz. Es gibt eigene Eingänge zur Männer- und Kindermode, zu Sportkleidung oder Schuhen und nun den neuen zur Damenmode. Die einzelnen Häuser sollen bestehen bleiben, die Kunden könnten so zielgerichteter angesprochen werden, heißt es. Auch die Zentrale bleibt in dem alten Stammhaus über der Männermode – früher leuchtete hier die Werbung „Weingarten kleidet Vater und Sohn“. Die Damenmode kam erst in den 1990er Jahren dazu, nachdem Annegret Weingarten die Geschäftsleitung übernommen hatte.

Vom Stammhaus ins neue Damenhaus sind es einige Meter, auf die gegenüberliegende Straßenseite, vorbei am Bauzaun. Ein Weg, den Theresa Weingarten häufig zurücklegt. Wenn viel los ist, hilft die studierte Betriebswirtin im Verkauf. „Dann erfahre ich direkt, welche Waren gut ankommen und welche nicht – und warum“, erzählt sie. Und wo sieht sie das Unternehmen in zehn oder 20 Jahren? „Auf jeden Fall immer noch am Friesenplatz, der dann Treffpunkt und Erlebnisort in der Stadt ist.“ 

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