Nach massiver KritikPächter äußert sich über Zustände der Kölner Bahnbögen

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Undankbare Aufgabe: Lutz Figge ist Pächter der Bahnbögen.

Undankbare Aufgabe: Lutz Figge ist Pächter der Bahnbögen.

Köln – Lutz Figge hat die Bahnbögen am Eigelstein und in Ehrenfeld gepachtet. Thorsten Moeck sprach mit ihm über  Stillstand, Bürokratie und Visionen.

Als „Wischiwaschi“ sind Ihre Konzepte in der Bezirksvertretung Innenstadt gerügt worden. Am Ende stand die Forderung: Sie müssen endlich liefern. Hat Sie diese Deutlichkeit überrascht?

Ich habe mich daran gewöhnt, dass Menschen teils einfach drauflos hauen, auch wenn sie nicht mit allen Hintergründen vertraut sind. Wir haben Restriktionen, über die wir uns nicht hinwegsetzen können; das sind vor allem Vorgaben der Deutschen Bahn und planerische und baurechtliche Rahmenbedingungen der Stadt. Ich finde die Kritik maßlos.

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Fühlen Sie sich ungerecht behandelt?

Ich bin persönlich schon sehr betroffen, denn dieses Projekt ist mir ein besonderes Anliegen und manche Debatten sind einfach unsachlich. Seit der für uns sehr wichtigen Entscheidung der Verwaltung und der Politik, Außengastronomie auf dem Platz Am Salzmagazin zu genehmigen, gehen unsere Planungen jedoch nun konkret weiter. Wir haben unverzüglich mehrere Termine mit potenziellen Partnern abgestimmt, die bereits vorbereitet waren und die jetzt konkret umgesetzt werden, um schnellstmöglich unsere Ideen und Nutzungskonzepte durchzuarbeiten und präsentieren zu können.

Auf der Dreiecksfläche parken momentan Autos. Nun sollen dort eine Spielfläche, ein Veedelsplatz und Außengastronomie hin.

Für eine gastronomische Einrichtung ist ein adäquater Außenbereich unabdingbar. So kann ich zum Beispiel keine 30 Sitzplätze für eine Gastronomie mit 600 Quadratmetern anbieten, das funktioniert wirtschaftlich nicht. Gerade durch den Klimawandel wird der Sommer immer intensiver, und die Leute wollen draußen sitzen. Wenn wir die Bahnbögen attraktiv gestalten wollen, brauchen wir Nutzungen, die Publikumsverkehr bringen. Das muss mit den Bedürfnissen des Wohnens natürlich in Einklang gebracht werden, doch diesen Spannungsbogen gibt es überall in der Stadt.

Die Verhandlungen mit der Bahn sind nicht einfach. Wie viele Ansprechpartner haben Sie dort?

Wir haben mit fünf Bahngesellschaften zu tun, die zum Teil unterschiedliche Interessen verfolgen. So sollte uns beispielsweise die DB Energie eigentlich mit Strom versorgen, das passiert aber nur sehr eingeschränkt, da sie nun andere Ziele hat. Also müssen wir einen anderen Energieversorger suchen, was einen hohen Aufwand bedeutet, weil wir uns eben auf Bahngelände befinden. Bei der Bahn gibt es manche engagierten Menschen, mit denen wir gut zusammenarbeiten, aber andererseits wurden in der Zeit auch viele Abteilungen geschlossen oder zusammengelegt, so dass es veränderte Zuständigkeiten gibt, die teils erhebliche Probleme mit sich bringen.

Spielfläche und Außengastronomie

Geleitet wird die Bahnbögen Köln GmbH von Ulrike Figge. Sie beschäftigt sich vor allem mit den Themen Innenausbau und Gestaltung. Lutz Figge, ihr Ehemann, kümmert sich um die Projektentwicklung. Allein am Eigelstein gibt es 35 Bahnbögen, die einzeln oder als zusammenhängende Passagen vermietet werden sollen. Im Jahr 2006 hat das Unternehmen die Bahnbögen am Eigelstein und in Ehrenfeld von der Bahn gepachtet.

In der Bezirksvertretung Innenstadt musste sich Lutz Figge herbe Kritik für den schleppenden Fortschritt der Bahnbögen gefallen lassen. Die Verwaltung teilte im Rahmen der jüngsten Sitzung mit, dass auf dem Platz Am Salzmagazin eine Spielfläche und Außengastronomie vorgesehen sind. Laut Figge gibt es einen Interessenten, der dort ein Bierhaus errichten will. Die Architekten „Stentenbach + Partner“ haben einen Gestaltungsentwurf (Foto oben) vorbereitet. Die Gespräche laufen derzeit noch. (tho)

Sie haben auch die Bahnbögen in Ehrenfeld gepachtet. Noch eine unendliche Geschichte.

Dort wurde die Bahntrasse für viel Geld verbreitert. Einige Baufehler haben dazu geführt, dass anschließend die Bahnbögen nass geworden sind. Als wir sie übernommen haben, waren die Bögen in einem viel besseren Zustand. Spätestens seit 2011 ist das Problem bekannt, und die Bahn befasst sich seitdem zwangsläufig – wegen der notwendigen Erhaltung der Tragkonstruktion – mit Sanierungskonzepten. Im vergangenen Jahr gab es dazu endlich Entscheidungen über die anzuwendende Technik. Damit können wir leben und konnten seitdem die Entwicklung, zunächst unmittelbar am Bahnhof selbst, vorantreiben. Jetzt tut sich endlich was, und dieser ganze Bereich sollte in der zweiten Jahreshälfte 2020 in Betrieb gehen.

Und wann geht es am Eigelstein weiter?

Hier war im Bebauungsplan ursprünglich ein Weg vom Hauptbahnhof zum Hansaring vorgesehen. Dieser Weg war aber nicht möglich, da zwei Bögen zwischen Hansaring und Gereonswall nicht ausgebaut waren. Die Bahn wollte das eigentlich schon im Jahr 2006 angehen. Im Endeffekt waren wir hierdurch über zehn Jahre lang blockiert. Jetzt gibt es eine Projektgruppe innerhalb der Deutschen Bahn, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigt.

Der Clubbahnhof Ehrenfeld ist in die Bahnbögen eingezogen, was gut funktioniert. Am Eigelstein können sie bislang nur Stellplätze vermieten.

Wir haben am Eigelstein etliche Bögen saniert, die als Lagerfläche oder Parkplatz genutzt wurden und werden – das sind alles Zwischennutzungen. Es gibt Strom, Wasser und teils Videoüberwachung. Der Abschnitt zwischen Plankgasse und Gereonswall ist eine Höllenpassage mit Alkohol- und Drogenabhängigen, Drogendealern, Angeboten aller Art. Und manchmal gleicht der Bereich zudem einer Müllhalde. Das ist jedoch ausdrücklich nicht unsere Verantwortung, und wir sind von diesen Missständen genauso betroffen wie die Anwohner.

Können Sie den Menschen Hoffnung machen mit einem Termin, wann es losgeht?

Es gibt Kooperationspartner und konkrete Gespräche. In den nächsten Wochen und Monaten wird ein Nutzungskonzept erstellt, das stadtplanerisch auch umsetzbar sein sollte; dazu werden wir uns mit der Verwaltung abstimmen. Wenn auch die Politik dies abgenickt hat, wird das Bebauungsplan-Verfahren eingeleitet, bei dem es natürlich auch eine umfassende Bürgerbeteiligung gibt. Letztlich geht es nur weiter und ist das Gesamtprojekt nur dann realisierbar, wenn alle – Politik, Verwaltung, Bürger, die Bahn und wir – mit den Planungen einverstanden sind.

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