Pachtvertrag auf der KippeDeutzer Künstler bangen um ihre Ateliers

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Das KunstWerk an der Deutz-Mülheimer-Straße ist ein wichtiger Standort für die Kölner Kulturszene.

Deutz – 80 Ateliers und Werkstätten, zwölf Musikstudios und eine Nutzfläche von etwa 5000 Quadratmetern: Das KunstWerk in Deutz ist eines der größten, selbstverwalteten Atelierhäuser in Europa. 1993 zogen die ersten  Künstler in die ehemaligen Räume einer Gummifabrik, in der früher Badehauben, OP-Handschuhe und Kondome produziert wurden. Die Nutzung des Areals variierte über die Jahrzehnte stark, das Atelierhaus aber hat sich seit dem Einzug als wichtiger Kulturstandort erhalten können: „Wir pflegen eine große Offenheit, neben bildenden Künstlern haben auch Kunsthandwerker und Musiker hier ihren Platz“, erzählt Andreas Keil.

Ehemalige Gummifabrik

Keil ist Vorstandsmitglied des Verein KunstWerk , der sich 1995 in dem alten Fabrikgebäude gründete. Im selben Jahr unterzeichnete der Verein einen Pachtvertrag über die von ihm genutzten Flügel der Fabrik. Dieser ist befristet und wird 2033 auslaufen. Auch wenn bis dahin noch viel Zeit ist, machen sich die 150 Mitglieder des Vereins schon jetzt Gedanken um die Zukunft ihres Hauses. 2015 nämlich erwarb die CG Gruppe, ein Immobilienunternehmen mit Sitz in Berlin, das ehemalige Industriegelände zwischen Zoobrücke, ICE-Trasse und Deutz-Mülheimer-Straße. Wo einst der Weltkonzern Klöckner-Humboldt-Deutz Motoren und Lokomotiven produzierte, soll nun das Cologneo-Quartier entstehen, eine „moderne Mischung aus urbanem Arbeiten und Wohnen, einer Kita, Einzelhandel, Büro, Gastronomie und Hotel“, wie es auf der Website des Projektes heißt.

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Alin Klass in ihrem Atelier. Die Künstlerin ist die erste Vorsitzende des KunstWerk e.V.

Solche Vorhaben rufen bei Kulturschaffenden fast reflexartig Nervosität und Zukunftsangst hervor - schließlich hat es sich auch in Köln schon häufig gezeigt, dass mit solchen Neubauten oft eine Verdrängung kultureller Einrichtungen einhergeht. Das KunstWerk aber könnte von diesem Schicksal verschont bleiben – denn der Investor habe dem Verein bereits versprochen, das Atelierhaus als kulturellen Standort erhalten zu wollen: „Wir haben in diesem Jahr erfahren, dass der Pachtvertrag nicht verlängert werden soll“, erklärt die erste Vorsitzende Alin Klass, „aber die CG Gruppe hat zugestimmt, dass die Künstler bleiben können – wie sich das jedoch konkret gestalten wird, steht noch nicht fest.“

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Niedrige Mieten sind überlebenswichtig

Trotz des noch gültigen Pachtvertrages sei die Situation derzeit  schwierig. Schließlich hat auch die Corona-Pandemie ihre Spuren hinterlassen, durch die der Musikkeller und der Ausstellungsraum des Hauses lange ungenutzt bleiben mussten: „Die Nebenkosten sind geblieben, die Einnahmen aber fehlen“, erklärt Andreas Keil, der als Kassenwart des Vereins fungiert. Nun hoffen der Vorstand und die Mitglieder vor allem darauf, dass sich der neue Investor an seine Versprechen hält und das Haus nach 2033 in der gleichen oder einer ähnlichen Struktur weiter genutzt werden kann. Dass etwa die Mieten auf einem niedrigen Stand bleiben, ist für das Kunsthaus nämlich überlebensnotwendig: „Es gibt in Köln einen extremen Mangel an Ateliers“, weiß Andreas Keil, „die meisten sind auf wenige Jahre befristet oder schlicht nicht bezahlbar. Daher erfüllt das KunstWerk eine wichtige Funktion in Köln.“

Führungen für die Öffentlichkeit

Um die Relevanz des KunstWerks – nicht nur für Deutz, sondern für ganz Köln – aufzuzeigen, bietet der Verein nun Führungen und Ateliergespräche an, wobei er unter anderem von dem Corona-Hilfsprogramm „Neustart Kultur“ unterstützt wird. Im direkten Austausch soll den Kölnern gezeigt werden, dass der Kunstbetrieb eine große Rolle für das gesellschaftliche Leben spielt und Orte wie das KunstWerk unverzichtbar sind: „Wenn es irgendwann mal weg sein sollte, wäre das eine Katastrophe“, meint Künstler Andreas Keil, wobei ihm seine Kollegin Sabine Weber zustimmt, welche die Führungen und Gespräche koordiniert: „Wir sind ein fest verankerter Standort und auch die Welt der Wirtschaft wird verstehen, dass es ohne uns nicht geht.“ http://www.kunstwerk-koeln.de

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