Serie „Kirchen in Köln“St.Severin – Probe liegen auf dem Sarkophag

Lesezeit 3 Minuten
st.severin

St. Severin in Köln 

  • Aus der Festschrift zum 40-jährigen Bestehen des Fördervereins Romanische Kirchen Köln veröffentlichen wir ausgewählte Beiträge.
  • Heute: Kunsthistorikerin Ruth Wolfram über Führungen in St. Severin.

In meiner Arbeit als Referentin in St. Severin sind es vor allen Dingen die kleinen zwischenmenschlichen Begegnungen, die für nachdenkliche und auch heitere Momente sorgen. So erzählte zum Beispiel ein älterer Herr, der nach der gemeinsamen

Führung auf mich zukam, dass er die Gottesdienste nach dem Krieg in der zur Notkirche umfunktionierten Krypta miterlebt hatte.

Kurz darauf zog er eine Mappe mit den Fotos seiner Hochzeit in St. Severin aus der Tasche und erläuterte mir diese Zeitdokumente ausführlich. Ein 90-jähriges Geburtstagskind, das nach 50 Jahren das erste Mal wieder die alte Kölner Heimatgemeinde St. Severin besuchte, ist mir gut in Erinnerung geblieben, denn diese Führung begann mit dem Satz: „Bevor wir losgehen, muss ich mich erst einmal setzen.“ Die Freunde hatten der ehemaligen Kölnerin die Führung als Überraschung geschenkt und so startete die Begehung mit einem bewegten Moment des Innehaltens.

Ein Ort, der immer wieder für Staunen bei den Besuchern sorgt, ist die Ausgrabungszone unter der Severinskirche – zuerst verborgen und dann in ihrer

Dimension alle Sinne ergreifend. Manch eine oder einer erlebt diese Räumlichkeit aufgrund der niedrigen Deckenhöhe als sehr beklemmend.

St. Severin

590 wird der heilige Severin, dritter Bischof von Köln (um 346-397), erstmals in der Martinslegende des Gregor von Tours erwähnt. Zu dieser Zeit steht in Köln bereits seit 200 Jahren eine von Severin gegründete kleine Saalkirche, aus der sich im Laufe der Jahrhunderte die romanische Basilika entwickelt. Damit ist St. Severin einer der wenigen Orte in Köln, an dem man seit dem 4. Jahrhundert einen christlichen Kirchenraum nachweisen kann. Die Gebeine des heiligen Severin sind hier bestattet, 799 besucht Papst Leo III. das Grab.

1043 werden Langchor und Krypta geweiht. Bis 1237 erfolgt eine Erweiterung samt Gewölbe, der markante Westturm wird zwischen 1393 und 1533 errichtet. Die Ausgrabungen unter dem Langhaus werden ab 1956 im Rahmen von Führungen zugänglich gemacht, sie bieten faszinierende Einblicke in die Vorgängerbauten der Kirche und das antike Gräberfeld.

Zu den Kunstschätzen von St. Severin zählen der romanische Schmuckfußboden im Chor, das Chorgestühl des 13. Jahrhunderts und das Abendmahl von Barthel Bruyn. (fu)

So erging es einer Dame fortgeschrittenen Alters, die mit ihren Bekannten eine Führung durch St. Severin gebucht hatte. Nach einer Weile überkam sie leichter Schwindel, der sich dann zu einer kurzen Ohnmacht ausweitete.

Dem Erste-Hilfe-Gebot folgend, brachten wir die Dame in eine liegende Position und betteten sie auf einen Sarkophag. Als sie die Augen wieder aufschlug, sagte ihr Gatte in unerschütterlichem rheinischen Humor: „Un, wie wor et Probelige?“ Nach der Genesung gestaltete sich der Rest der Begehung außerordentlich heiter. Und wenn dann, nach fast zwei Stunden gemeinsamen Entdeckungsrundgangs durch die lange Baugeschichte von St. Severin, rege Diskussionen unter den Teilnehmern herrschen, freue ich mich darüber, ein wenig meiner Faszination für diesen besonderen Ort weitergegeben zu haben.

Der Beitrag von Ruth Wolfram stammt aus dem Buch „Romanik und Porträt. 40 Jahre Förderverein Romanische Kirchen Köln“. Es ist im Handel nicht erhältlich. Fördermitglieder erhalten es kostenlos.

Rundschau abonnieren