Insolvenz nach rechtwidriger ÜbernahmeHotel im Wasserturm in Köln ist zahlungsunfähig

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Der denkmalgeschützte Wasserturm ist eines der ungewöhnlichsten Hotels der Stadt.

Der denkmalgeschützte Wasserturm ist eines der ungewöhnlichsten Hotels der Stadt.

Köln – Das Hotel im Wasserturm hat Insolvenz angemeldet – jedoch nicht, weil die Finanzen des Luxushotels so schlecht standen. Nach einer für die Betreiber überraschenden Übernahme des Hotelbetriebs führte die Leipziger Firma Travel24 fünf Wochen die Geschäfte im Wasserturm, bis das Landgericht Köln am 3. Juli die Übernahme für rechtswidrig erklärte. Nun sind die alten Betreiber zahlungsunfähig – wollen aber trotzdem weitermachen.

Ein Rückblick: Bereits Ende März hatte die Leipziger Vicus Group AG die denkmalgeschützte Immobilie an der Kaygasse erworben. Für die angestammten Hotelbetreiber, seit 28 Jahren die Hotel im Wasserturm GmbH, sollte sich aber erst mal nichts ändern. „Es wurde vereinbart, dass wir das Hotel weiterhin als Pächter betreiben“, sagt Geschäftsführer Jochen Schwarz.

Was dann passierte, sei nicht vorauszusehen gewesen: Am 31. Mai beziehungsweise am 1. Juni übernahm die Leipziger Firma Travel24, wirtschaftlich zusammenhängend mit der Vicus Group, den Betrieb „quasi über Nacht“. Geschäftsführer Schwarz bekam Hausverbot, den Mitarbeitern wurden neue Arbeitsverträge vorgelegt. „Travel 24 hat die Kassen ausgetauscht. Uns wurden die Einnahmen genommen, wir konnten die laufenden Kosten nicht mehr begleichen“, so der Geschäftsführer der Hotel im Wasserturm GmbH.

Schwarz meldete sofort Insolvenz an. „Bis dahin war das Hotel in einem ordentlichen Zustand“, betont er. Vor allem während Messen sei das bei Geschäftsreisenden beliebte Hotel zu 100 Prozent ausgebucht.

Gericht entschied für den Geschäftsführer des Hotels und gegen Travel24

Am Kölner Landgericht wurde der Fall noch im Juni mündlich verhandelt, die Hotel im Wasserturm GmbH bekam recht. Schwarz kehrte Anfang Juli als Geschäftsführer zurück. Rund 60 Mitarbeiter hat das Fünf-Sterne-Hotel – ihre Motivation sei immer noch hoch, sagt Schwarz, der jetzt die Scherben aufkehren will. Er berichtet von den Veränderungen im Hotelservice, die Travel24 kurz nach der Übernahme eingeführt hat. Die Mini-Bar und die Bademäntel auf dem Zimmer wurden abgeschafft, zudem wurde das einzige verbliebene Restaurant im Erdgeschoss geschlossen.

„Viele Gäste waren enttäuscht. Das gehört alles zu den Standards unseres Hauses dazu“, sagt Schwarz. Travel24, eigentlich ein Reisebuchungsportal im Internet, betreibt bisher ein City-Hotel in Leipzig, wirbt dort mit „unkompliziertem Komfort zum attraktiven Preis“. Das Unternehmen war am Montag für eine Anfrage der Rundschau nicht zu erreichen.

Rechtsanwalt Jens Schmidt wurde vom Amtsgericht zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Für ihn ist das Hotel „kein klassischer Insolvenzfall“: Mit einer Übernahme über Nacht habe er „allenfalls mal bei einem Kiosk“ zu tun gehabt, aber nicht bei einem Luxushotel. Vieles, was er bei einer klassischen Insolvenz tun würde, sei im Wasserturm bereits vorher geschehen: Das Sterne-Restaurant auf dem Dach wurde von den Betreibern schon Anfang Mai aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Wegen baulicher Schwächen seien die Ämter der Stadt um eine „Sonderprüfung“ gebeten worden.

„Ohne diese Übernahme hätte es keine Insolvenz gegeben“, ist Schmidt sicher. Er ist ausgebildeter Mediator, will zwischen den Parteien vermitteln. Und hofft, dass sich die Wasserturm GmbH als „stabiler Pächter“ durchsetzen kann. Das Risiko einer Räumung, ausgehend von der Vicus Group, bestehe jedoch. „Wir brauchen jetzt viele Gäste und Ruhe im Turm“, so der Insolvenzverwalter.

Der Wasserturm

1872 wurde der zylinderförmige Turm in der Kaygasse 2 gestellt, er fasste 3650 Kubikmeter Wasser. Er war die erste zentrale Wasserversorgung im Rheinland und diente bis in die 30er Jahre der Frischwasserversorgung.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Turm beschädigt, danach stand lange nur die Ruine des fast 30 Meter hohen Bauwerks. Bis 1990 wurde dann das Luxushotel fertiggestellt, das als eines der ungewöhnlichsten Hotels in Köln gilt.

Das Hotel beherbergte bereits zwei Sterne-Restaurants in der obersten Etage, beide mussten aus wirtschaftlichen Gründen schließen. (wes)

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