Interview mit Kölner Schulleiter„Durch fehlende Plätze entsteht ein hoher Druck“

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Knifflige Aufgaben muss auch Schulleiter Georg Scheferhoff lösen, hier in einer Klasse im Neubau.  

  • Das Anmeldeverfahren hat begonnen.
  • Über Belastungen für Schulen und Familien spricht Martina Windrath mit Georg Scheferhoff, einer der beiden Sprecher der Kölner Direktorenkonferenz für die Gymnasien und Leiter des Schiller-Gymnasiums.

Köln – Seit Montag können Eltern ihre Kinder auch an Gymnasien anmelden, ist viel los bei Ihnen?

Das Aufkommen ist schon sehr hoch. Wir hatten schon am ersten Tag sehr viele Eltern, die mehrere Kuverts in der Hand hatten und zu mehreren Schulen gehen, um ihre Kinder anzumelden. Mehrfachanmeldungen sind ja möglich und rechtens.

Aber es bedeutet viel Aufwand und kostet Nerven, oder?

Die Sekretariate werden massiv belastet von dem komplizierten Anmeldeverfahren mit mehreren Absage- und Zusagewellen. Es kommt für uns Gymnasien zu einer großen Veränderung: Bisher meldeten Eltern ihre Kindern an einer Erstwunschschule an, dem Schiller zum Beispiel, weil sie hierhin möchten. Jetzt sind auch Familien dabei, die nicht unbedingt hierhin wollten, aber auf eine Zusage hoffen, falls es anderswo nicht klappt. Durch Mehrfachanmeldungen sinken die Chancen derjenigen, die hierhin möchten, weil die Lostöpfe voller werden.

Wie viele Plätze haben Sie zu verteilen?

Wir werden 120 Zusagen für unsere Plätze herausschicken, dem Rest absagen. Am 14. März versenden wir die Zusagen, dann haben die Eltern Zeit bis 23. März bis zur endgültigen Annahme. Es wird einige schwierige Situation für die Eltern, sie müssen pokern, überlegen, ob sie den Platz annehmen.

Viele Schulen setzen aufs Losverfahren bei Annahmen und Wartelisten. Glücklich ist niemand mit der „Lotterie“.

Es ist sehr aufwändig. Dass Mehrfachanmeldungen juristisch möglich sind, ändert nichts am Grundproblem: Es fehlen Plätze an Gesamtschulen, auch an Gymnasien wird es eng. Die Klassengrößen liegen bei 30, 31 Kindern, es wurden in den letzten Jahren Mehrklassen zusätzlich gebildet. Die Grenzen sind erreicht. Besonders in Stadtbezirken wie Lindenthal, wo viele Familien mit Kindern wohnen, gab es 2021 eine große Nachfrage. Vergangenes Jahr hatten wir am Schiller doppelt so viele Anmeldungen wie Plätze. Unsere Kapazitäten sind jedoch begrenzt: Die Turnhalle und die naturwissenschaftlichen Fachräume sind für ein vierzügiges System ausgerichtet. Wir haben gerade einen schönen Neubau bekommen, aber er ist für eine Auslastung bei G8 gedacht, in wenigen Jahren werden wir wieder zu G9 wechseln. Dann wird ein Jahrgang zusätzlich im System sein, dadurch steigt der Raumbedarf enorm.

Das erhöht den Druck...

Zusätzlich erhöht sich der Druck noch dadurch, dass an Gesamtschulen rund 1000 Kinder mangels Plätzen abgelehnt wurden. Sie haben gar keine andere Wahl, als an anderen Schulformen zu suchen und schwappen auch zu uns. Wir müssen jetzt sehr genau darauf schauen, dass alles juristisch korrekt und gerecht abläuft und gut kommuniziert wird. Als wir noch das alte Verfahren mit einem Erst- und Zweitwunsch hatten, haben wir alle persönlich angerufen, die eine Absage erhielten. Bei so vielen Absagen dieses Jahr werden wir das leider nicht mehr leisten können.

Gibt es ausreichend Unterstützung?

Wir würden uns wünschen, dass das Land NRW die Situation in Köln noch einmal genauer in den Blick nimmt. Durch fehlende Plätze und wachsende Kinderzahlen entsteht ein hoher Druck. Ich habe gehört, dass sich die Stadt ans Land gewandt hat wegen der Problematik durch Mehrfachanmeldungen – die nicht die Chancen auf einen Wunschplatz erhöhen. Es kann keine Lex Köln geben, aber das Land müsste gegebenenfalls das Anmeldeverfahren ändern. So ist es eine große Belastung für alle Beteiligten. Obwohl sich die Stadt intensiv auf den Weg gemacht hat etwa mit der Schulbau-Gesellschaft, die Situation zu verbessern – die Planungsprozesse sind noch zu lang.

Fühlen Gymnasien sich alleine gelassen?

Es ist eine schwierige Zeit durch administrative Belastungen, wir sehen auch, wie schwer es für die Familien ist. Frau Dr. Ute Flink und ich haben als Sprecher der Direktorenkonferenz engen Kontakt zu Bezirksregierung und Stadt. Da Sekretariate im Moment doppelt so viel leisten müssen, hätten wir gern einen Sekretariatspool und Hilfe bei der Dateneingabe. Hoch belastet sind wir auch durch die hohen Corona-Inzidenzen. Wir müssen jetzt das Anmeldeverfahren führen – aber ich hab keine Ahnung, wie wir die Lage entlasten können außer durch eine Gesetzesänderung und bessere Rahmenbedingungen.

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