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InterviewWie sich die „Kleiderei“ in Köln für nachhaltige Mode stark macht

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Thekla Wilkening fordert faire Preise

  • Kleidung wird im Handel billiger, immer schneller aussortiert. Was für den Konsumenten gut ist, zieht viele Probleme nach sich.
  • Thekla Wilkening, Expertin für nachhaltige Mode, spricht mit Leon Werner darüber, was aus ihrer Sicht anders laufen muss.

Köln – Frau Wilkening, da wir telefonieren, muss ich fragen: Was tragen Sie gerade?

Ich habe meine Lieblingsjeans, ein weißes T-Shirt und eine Weste mit Blumen darauf an.

Sind diese Stücke nachhaltig?

Ja, die Weste habe ich von der Kleiderei, von der ich ja Mitgründerin bin, ausgeliehen. Die Kleidung kann man leihen. Die Jeans habe ich tatsächlich irgendwann gekauft, solche Basics sollte man schon immer zu Hause haben. Die ist nachhaltig. Sie besteht nämlich aus Bio-Baumwolle. Außerdem ist ein Siegel der Fair Wear Foundation drauf. Das ist gerade bei Jeans entscheidend, da die mittlerweile durch viele Bearbeitungsschritte müssen. Mein T-Shirt ist auch fair produziert. Meine meisten Kleidungsstücke leihe ich bei der Kleiderei, oder bekomme ich von Labels die ich unterstütze. Ich kaufe nur noch sehr selten Klamotten selbst. Und dann nur von Marken über die ich gut informiert bin. Ich achte da natürlich auf Siegel, aber noch wichtiger ist, was das Label über sich und seine Arbeit auf der Website schreibt.

Debatte

Thekla Wilkening (34) ist Mitgründerin des Kölner Ladens „Kleiderei“ an der Helmoltzstraße 74 in Ehrenfeld. Hier können sich Interessierte Kleidung ausleihen, statt sie zu kaufen. Im Sommer erschien ihr Buch „Das Bio-Pizza Dilemma. Der überraschende Wegweiser zu mehr Nachhaltigkeit“.

Am Dienstag, 5. Oktober, ist sie anlässlich der Themenreihe „Rethink Fashion!“ von 19 bis 20.30 Uhr zum Nachhaltigkeitsgespräch im Rautenstrauch-Joest Museum. Themen sind Überproduktion und Hyperkonsum. So soll der Frage nachgegangen werden, wie Mode nachhaltiger werden kann. Es sind noch wenige Plätze frei. Interessierte können sich per E-Mail anmelden. (wer)

RJM-Veranstaltungen@stadt-koeln.de

Wann haben Sie angefangen sich mit nachhaltiger Mode zu beschäftigen?

Mit 17 Jahren habe ich angefangen selber Kleidungsstücke zu nähen. Da habe ich gemerkt, dass das viel teurer kommt, als wenn ich das einfach um die Ecke in einer Filiale von einem großen Modekonzern kaufen würde. Und das obwohl ja die Personalkosten wegfallen und ich nur die Materialkosten habe. Da ist mir aufgefallen, dass das nicht ganz zusammenpasst.

Ist es möglich sich komplett nachhaltig anzuziehen?

Ja, das ist möglich, auch wenn man alles neu kauft. Es gibt mittlerweile viele faire Marken, die auch schöne Sachen produzieren. Das ist aber eine Frage des Budgets. Heutzutage gibt es aber auch fast alles gebraucht und verschiedene Mietmodelle. Klamotten zu bewahren, also nochmal zu tragen oder zu verleihen ist am nachhaltigsten, da es Ressourcen schont.

Was ist Fast Fashion?

Das ist Mode von Konzernen, die im globalen Süden billig produziert wird und in häufigen Zyklen in die Geschäfte kommt. In manchen Handelsketten wechseln die Kollektionen wochenweise.

Was muss sich in der Modeindustrie ändern?

Wir müssen anfangen reale Preise für die Kleidungsstücke zu bezahlen. Das bedeutet, dass die Umweltauswirkungen und die Löhne mit einkalkuliert werden. So wie wir gerade Kleidung kaufen, entspricht das keinem realen Preis. Das was wir nicht bezahlen, bezahlen die Menschen und die Umwelt entlang der Lieferkette. Dafür brauchen wir Gesetze, die den Import regeln. Deutschland ist zweitgrößter Importeur von Bekleidung aus Bangladesch. Wir brauchen eine Einfuhrkontrolle die beispielsweise den Chemikalieneinsatz oder Trinkwasserverschmutzung bei der Produktion überprüft. Wenn wir die Produkte verkaufen müssen wir auch die Verantwortung übernehmen sie zu überprüfen.

Wird sich Nachhaltigkeit in der Industrie durchsetzen?

Nachhaltige Modelle, wie beispielsweise das Verleihen von Klamotten, können sich nicht durchsetzen, solange die Preise so unreal günstig sind. Es ist eben schwer zu erklären, warum ein Kleidungsstück zu leihen teurer ist, als es in der Fußgängerzone super billig zu kaufen. Würden wir für die Kleidungsstücke so viel bezahlen, wie wir für sie bezahlen müssten, würden, glaube ich, viel mehr Menschen leihen, teilen oder tauschen.

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