Interview zur Sanierung„Umgang mit alten Gebäuden in Köln grenzt an Verrücktheit“

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Das Museum Ludwig samt Philharmonie vom Dom fotografiert, links oben im Bild der Heinrich-Böll-Platz.

Das Museum Ludwig samt Philharmonie vom Dom fotografiert, links oben im Bild der Heinrich-Böll-Platz.

  • Bis zu einer Milliarde Euro könnte die Sanierung von Museum Ludwig und Philharmonie kosten.
  • Die Stadt will eine Studie in Auftrag geben, vor 2028 beginnt die Sanierung nicht.
  • Matthias Hendorf sprach mit Architekt Godfrid Haberer.

Wie sehen Sie der Sanierung des Gebäudes entgegen?

Dass ein Gebäude nach 35 Jahren in die Jahre kommt und an verschiedenen Stellen Renovierungen und Sanierungen notwendig sind, ist selbstverständlich und normal. Wir leben in einer technischen Welt, in der sich sehr viel verändert, deshalb braucht es dann beispielsweise eine neue Klimaanlage.

Die Stadt schiebt bei vielen Gebäuden einen Sanierungsstau vor sich her. Hat die Stadt sich ausreichend um das Museum Ludwig und die Philharmonie gekümmert?

Das ist schwer zu beurteilen, aber es gab beispielsweise Risse im Haus durch den Bau der U-Bahn unter dem Gebäude. Das wurde behoben. Aber es lässt sich schon sagen: Es ist nicht ideal gelaufen. Denn dann hätte die Stadt laufend etwas Geld zurückgelegt, um bestimmte Arbeiten fortwährend zu erledigen. Ich glaube nicht, dass das passiert ist. Denn es brennt ja sprichwörtlich in vielen Gebäuden der Stadt und dann behebt sie immer die Brände zuerst, die man unbedingt löschen muss.

Zur Person

Godfrid Haberer, 80, hat mit seinem Architekten-Kollege Peter Busmann (88) das 1986 eröffnete Museum Ludwig samt Philharmonie entworfen. Die Baukosten betrugen 160 Millionen Mark. Haberer lebt in Köln. (mhe)

Die Bühnen-Sanierung am Offenbachplatz ist ein Debakel für die Stadt. Haben Sie Sorge, dass das auch beim Ludwig droht, also eine zweite Oper?

Ich habe die Hoffnung, dass das nicht geschieht. Ich finde aber, diese beiden Kulturinstitutionen dürfen auf jeden Fall nicht eingeschränkt werden, die Sanierung muss im laufenden Betrieb geschehen. Es ist für mich eine grauenhafte Vorstellung, dass Museum und Philharmonie acht bis zehn Jahre geschlossen werden müssten und ein ähnliches Debakel wie bei der Oper entsteht. Die Hauptursache für dieses Debakel ist die Tatsache, dass durch viele Gremien in den vergangenen 35 Jahren die Vorschriften für jede Art von Neubau sich so gravierend verändert haben, dass die jetzt für den Neubau greifenden Anforderungen in bestehende Gebäude nur mit einem wahnsinnig hohen Aufwand und Kosten eingebracht werden können. Diese Art, mit alten Gebäuden umzugehen, grenzt an Verrücktheit.

Ist eine Sanierung im laufenden Betrieb nicht sehr kompliziert in einem Gebäude mit einem Museum, in dem Picasso-Werke hängen, und einer Philharmonie?

Ja, aber beide Institutionen sind Flaggschiffe der Kultur in Köln, die kann man nicht einfach schließen. Dann muss die Stadt daran arbeiten, dass die Sanierung zwar länger dauert, aber die Häuser offen bleiben. Möglicherweise lassen sich die größten und komplizierten Arbeiten jedes Jahr in den Ferien erledigen. Da könnte es jedes Jahr eine zweimonatige Schließung geben von Mitte Juli bis Mitte September. Man kann das Museum Ludwig ja nicht interimsweise für einige Jahre aus dem Zentrum verlegen, dann kommen viel weniger Besucher.

Eine allererste grob geschätzte Summe sieht für das Haus 900 Millionen Euro bis eine Milliarde Euro vor.

Ja, das sind auch meine Informationen. Setzt man wirklich alle neuesten Anforderungen komplett um, ist diese Summe wirklich denkbar. Ich finde das unfassbar. Es kann doch nicht sein, dass eine Sanierung das Zehnfache des einstigen Baus kostet. Das grundsätzliche Problem besteht meiner Meinung darin, dass jeder Bauherr, der etwa eine Klimaanlage erneuert, die neueste Version des Brandschutzes installieren muss. Das ist völlig überdimensioniert und lässt die Kosten explodieren.

Das Haus prägt das Stadtpanorama vor allem wegen der markanten Dächer, steht aber nicht unter Denkmalschutz. Fürchten Sie Änderungen am Haus während der Sanierung?

Eigentlich nicht. Seine Qualität steht in der allgemeinen Wahrnehmung doch außer Frage. Ich habe aber wirklich Angst, dass neue Brandschutz-Richtlinien die Ausstellungsfläche im Museum verringern, weil plötzlich Bedienungs-Installationen auf den Ausstellungswänden verlangt werden.

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Das benachbarte Römisch-Germanische Museum hat die Stadt vor der geplanten Sanierung unter Denkmalschutz gestellt. Fordern Sie das auch für Ihr Gebäude?

Ich kann das nicht einfordern, aber ich halte das für sehr sinnvoll, da dies einen anderen Umgang mit dem Gebäude herausfordert.

Werden Sie der Stadt bei der Sanierung auf die Finger schauen?

Natürlich werden wir das beobachten. Wir haben ein Urheberrecht und können uns wehren, wenn das Gebäude unserer Ansicht nach entstellt würde.

Seit Jahren muss der Heinrich-Böll-Platz am Museum bewacht werden, damit keine Schritt- und Skategeräusche in der darunter liegenden Philharmonie zu hören sind. Warum haben Sie das nicht anders geplant? Ärgern Sie sich darüber?

Nein, darüber ärgere ich mich nicht. Ich ärgere mich darüber, dass die Stadt das Problem nicht längst behoben hat. Es ist ja kein Bauschaden, sondern das Problem hat sich erst im Laufe der Jahre durch die Skater auf dem Platz ergeben. Die gab es zur Planungszeit noch nicht. Aber es liegt nicht nur daran: In den ganzen Jahren ist der Platz mit tonnenschweren Fahrzeugen befahren worden, dadurch haben sich die Schichten zusammengedrückt, so dass die Schallübertragung heute viel höher als zu Zeiten des Neubaus ist.

Das Problem zu beheben kostet Millionen Euro.

Vor zwölf Jahren haben wir der Stadt einen Weg aufgezeigt, wie sich das Schallproblem lösen lässt. Die Stadt war aber nicht bereit, die, ich meine es waren fünf Millionen Euro, auszugeben. Die Bewachung ist günstiger. Eigentlich ist es Wahnsinn, dass eine Stadt bereit ist, einen ihrer wichtigsten Plätze teilweise zu sperren.

Wie könnte die Schallübertragung an der Stelle reduziert werden?

Wir haben damals einen Schutzestrich über die Dichtungen gelegt, weil wir ja nicht wussten, dass auf dem Platz geskatet wird. Er ist eines der Probleme, weil er eine geschlossene Einheit bildet und den Lärm auf der Fläche verteilt. Man müsste den Estrich erneuern und mit Dehnungsfugen versehen, damit der Lärm sich nicht verteilen kann. Das ist eine von mehreren Lösungen. Auf der anderen Seite hat der Estrich dafür gesorgt, dass seit 35 Jahren kein Wasser eingedrungen ist.

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