JahreswechselKöln feiert ein buntes Fest der Nationen rund um den Dom

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Sehr viele Farben und fröhliche Gesichter in Köln zu SIlvester.

Köln – Kurz vor Mitternacht treffen sie sich auf dem Roncalliplatz wieder. Mit unverkrampftem Lächeln auf den Gesichtern reichen sich der Kölner Polizeipräsident Uwe Jacobs und der NRW-Innenminister Herbert Reul abseits des Protokolls nochmals die Hände. Die Anspannung ist abgefallen. Den Satz, den sie noch zwei Stunden zuvor vor Mikrofonen und Kameras mit dem Zusatz "bisher" versehen hatten, der ist ihnen nun zur Gewissheit geworden: "Die Lage ist ruhig in Köln." Tausende Menschen begrüßen rund um den Dom das neue Jahr. Friedlich. Friedlicher noch als sonst schon mal ganz gewöhnliche Wochenenden in Deutschlands Partystadt ablaufen.

"Sind sie wiedergekommen?" Die Frage, die zu Silvester in Köln auf der Hand liegt, stößt bei Jacob und den Sprechern der Kölner Polizei auf taube Ohren. Als würden sie sie gar nicht hören, gehen sie immer wieder darüber hinweg. Keiner soll ihnen - wie nach dem Jahreswechsel 2016/17 - vorwerfen können, sie würden ihr Augenmerk dem äußerem Anschein nach auf Menschen aus dem Nahen Osten oder den Maghreb-Staaten legen, das sogenannte "Racial Profiling". Einmal platzt es dann doch aus Polizeisprecher Wolfgang Baldes heraus: "Uns ist es egal, ob jemand blonde, schwarze oder rote Haare hat. Wer sich nicht an die Regeln hält, wird von uns kontrolliert."

Es reicht ein Gang über die Domplatte und den Roncalliplatz, um zu sehen: Sie sind wieder zu Silvester nach Köln gekommen. Hunderter kleiner Gruppen junger Männer arabischen Zungenschlags schlendern rund um den Dom, genießen das Bühnenprogramm und die Lichtinstallation, fotografieren sich und ihre Freunde vor dem berühmten Wahrzeichen. Weit davon entfernt, ein enthemmter Mob zu sein, der durch Übergriffe auf Frauen nach Silvester 2015 bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Und sie werden auch nicht wie zu Silvester 2016 von der Polizei vor dem Bahnhof zwischen Absperrgitter zur Kontrolle eingepfercht. In diesem Jahr laufen sie einfach in der Masse der Feiernden im Domumfeld mit, machen gar einen großen Teil davon aus. Als die Band "Buntes Herz" auf die Bühne am Roncalliplatz auftritt - ein Musikprojekt mit jugendlichen Flüchtlingen - und die Mitglieder neben ihrem Namen auch mit ihrem Herkunftsland vorgestellt werden, brandet bei einzelnen Gruppen in der Menge je nach Nationalität Jubel auf, gefolgt von dem Gruß Salam (Frieden).

Alles zum Thema Henriette Reker

Also alles wieder normal zu Silvester in Köln, so, wie es sich Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Vorfeld gewünscht hat? Ja, aber eine neue Normalität. "Die Zeiten haben sich geändert", sagt NRW Innenminister Reul, als er sich in Köln den Fragen der Medien stellt. Es sei eine weltweite Entwicklung, dass Gefahren zugenommen hätten, rechtfertigt er den Einsatz von 5700 Polizisten in NRW zu Silvester, allein 1400 davon in Köln. "In allen großen Städten sind solche Maßnahmen nötig", springt ihm Reker zur Seite. Reul relativiert: "Aber das hier in Köln ist schon ein sehr interessantes Konzept, das es so noch nicht gibt." Und Jacob ergänzt: "Wir erhalten viele positive Rückmeldungen. Die Menschen bedanken sich bei den Polizisten." Mögen es zu diesem Zeitpunkt auch noch zwei Stunden hin sein bis Mitternacht, die "bisher" ruhige Lage macht ein bisschen locker. Gefragt danach, wann seine Beamten beim Alkoholgenuss einschreiten, sagt der Mann aus dem Ruhrpott: "Ein Kaltgetränk in der Hand ist in Ordnung." Wobei er sich vorsichtshalber rückversichert: "So ist das doch hier in Köln, oder?" So ist es in der Stadt des "Wegebiers". Rund um den Dom ist an diesem Abend so gut wie kein Sturzbetrunkener zu entdecken.

Die Kappe tief ins Gesicht gezogen, den Schal fest verzurrt, steht Gerd Bachner im Schatten "seines" Doms. Um ihn herum strömen die Massen. Die Musik wummert von der Bühne. "Man darf sich freuen, dass alles so gut läuft", sagt der Dompropst leise. Dann hebt er den Blick auf das Treiben und die zahlreichen Polizisten und schiebt fast noch etwas leiser nach: "Auch wenn wir uns noch ein bisschen daran gewöhnen müssen." Sie ist halt noch ganz neu, diese neue Normalität in Köln zu Silvester.

Polizeieinsätze

Von 18 Uhr bis 10 Uhr hat die Polizei zum Jahreswechsel 205 Strafanzeigen in Köln aufgenommen. Das sind weniger als im Vorjahr (231), und nicht alle stehen in direktem Zusammenhang mit den Silvesterfeierlichkeiten. Neun Strafanzeigen beruhen auf sexuelle Belästigungen. Es gab zudem 31 mutmaßliche Fälle von Sachbeschädigung, zehn Anzeigen wegen Beleidigung und 85 Verletzungsdelikte.

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