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JVA OssendorfBedienstete sollen Gefangene fotografiert und verunglimpft haben

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JVA Ossendorf

Die Justizvollzugsanstalt in Köln-Ossendorf

Köln – Gravierende Vorfälle im „Klingelpütz“: Bedienstete der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Ossendorf sollen in einer Chatgruppe heimlich aufgenommene Fotos von Inhaftierten und Kollegen geteilt und beleidigend kommentiert haben. Die Vorwürfe richten sich derzeit gegen drei Bedienstete, sagte JVA-Leiterin Angela Wotzlaw. Die Bilder sollen die Beschäftigten mit herabwürdigenden Kommentaren versehen haben. „Das ist an Menschenverachtung kaum zu überbieten“, sagte Wotzlaw. Derzeit werde der 90 Gigabyte umfassende Chat mit Fotos, Audiodateien und Kommentaren weiter ausgewertet.

Einem Beschäftigten wurde bereits fristlos gekündigt, die beiden anderen hätten Aufhebungsverträge unterzeichnet, sagte Wotzlaw weiter. „Es stehen drei weitere Bedienstete im Fokus der Überprüfungen“, ergänzte die Chefin. Sie sollen in dem WhatsApp-Chat mitgelesen und die diffamierenden Inhalte nicht gemeldet haben. Die Mitarbeiter seien weiter im Dienst. Möglich sei, dass noch weitere Beschäftigte in den Fall involviert sind. „Wir müssen erst einmal alles auswerten. Dies dauert noch länger“, so Wotzlaw.

Köln: Der Fall kam schon im November ins Rollen

Der Fall kam nach Angaben der Ermittlungsbehörden im November 2019 durch Recherchen der Polizei gegen einen der JVA-Beschäftigten ins Rollen. Dabei handelt es sich um den mittlerweile fristlos gekündigten Ex-Mitarbeiter. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Er soll unerlaubt Handys in die Anstalt geschmuggelt haben. Die Polizei habe das Handy des Mannes beschlagnahmt und ausgewertet. Dabei seien die Ermittler auf den kompromittierenden Chat gestoßen. Die Staatsanwaltschaft führt gegen den fristlos gekündigten Mann ein Verfahren wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit.

Die Chefin des „Klingelpütz“ zeigte sich entsetzt darüber, dass Bedienstete mit ihren Privathandys in der Anstalt verstörende Fotos gemacht haben, die einem fast die Sprache verschlagen. Auf einem Bild sei ein Mann röchelnd zu sehen, wie er auf der Krankenstation im Bett liegt. Viele Fotos wurden an Kollegen verschickt und dann in menschenverachtender Art und Weise kommentiert. Details nannte Wotzlaw nicht. Nur soviel: Es sei Fäkaliensprache gewesen. Rassistische Kommentare seien bisher nicht in den Chats aufgetaucht.

Handystörsender sorgte für Proteste

Mobiltelefone im Gefängnis sind verboten, nur die Bediensteten dürfen mit Diensthandys im Gebäude agieren. Doch immer wieder kommt es dazu, dass Häftlinge mit Handys erwischt werden oder herauskommt, dass Insassen nach draußen telefoniert haben. Ein Versuch, dies zu verhindern, schlug fehl. In der JVA wurde ein Handystörsender aktiviert. Aber es kam zu massiven Protesten aus der Bevölkerung. Teile von Ossendorf hatte nach der Inbetriebnahme auch keinen Handyempfang gehabt. „Dieser Modellversuch ist gescheitert“, so Wotzlaw. Möglicherweise werde in der Zukunft noch einmal ein Versuch mit moderner Technik unternommen.

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Nun soll es eine neue Schließfachanlage in der Justizvollzugsanstalt für die 500 Mitarbeiten geben und die Kontrolle deutlich verstärkt werden. „Es ist eine veraltete Anstalt. In die kleinen Schließfächer der Mitarbeiter passten bisher nur ganz wenige Gegenstände. Die größeren Handys passten dort nicht mehr herein“, erklärte die JVA-Leiterin weiter.

Das Justizministerium erklärte, die im Raum stehenden Vorwürfe seien „inakzeptabel“. Man erwarte nun eine Aufklärung „mit Hochdruck“, sagte der Sprecher Marcus Strunk. Das Ministerium habe der JVA daher auch einen Mitarbeiter zur Unterstützung geschickt. Er soll bei der Auswertung helfen. Der Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag sagte, man habe einen Bericht für die nächste Sitzung des Rechtsausschuss beantragt.

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