Kaffeerösterei in KölnZu Besuch in der Kaffeemanufaktur Heilandt in Vogelsang

Lesezeit 5 Minuten
Kaffee Symbolbild

In Köln gibt es 14 Kaffeeröstereien.   

  • In der Stadt gibt es 14 Kaffeeröstereien. Das Getränk erlebt einen Boom.
  • Doch woher kommen die Bohnen und wie entsteht die kölsche Note?
  • Ein Besuch in der Kaffeemanufaktur Heilandt in Vogelsang.

Köln – Im Besprechungszimmer der Rösterei „Heilandt“ am Girlitzweg ist eingedeckt. Es gibt Kaffee, was auch sonst, aber nicht mit Keks und Milchhaube serviert. Neben den Tassen stehen blaue und rote Schalen mit Bohnen, daneben liegen Kurvendiagramme, das Röstschema. Hier lässt sich ablesen, wann genau die Rösttemperatur erhöht und wann sie wieder gesenkt worden ist. „Auf andere Röstmaschinen lässt sich das nur schwer übertragen. Es ist kein großes Geheimnis, aber wir veröffentlichen das trotzdem nicht“, sagt Moritz Eylandt, einer der drei Inhaber der „Heilandt“ Kaffeemanufaktur in Vogelsang. An Tagen wie diesen schlürft er schon mal an 30 Kaffeetassen.

Im Lockdown wurde mehr Kaffee getrunken

Der durchschnittliche Kaffeekonsum in Deutschland ist seit Ausbruch der Coronapandemie um 20 Tassen pro Person gestiegen. „Lockdown heißt nicht, dass der Konsument keinen Kaffee mehr trinkt, wenn Coffeeshop und Kantine geschlossen sind. Vielmehr haben sich die Konsumorte in dieser Zeit verändert“, sagt Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes. In Köln zählt die Industrie- und Handelskammer inzwischen 14 Rösterein. Doch woher kommen die Bohnen? Und unter welchen Bedingungen werden sie geerntet?

Die Rösterei Heilandt ist vor zehn Jahren von drei einstigen Sportstudenten gegründet worden. Als „klassischen Quereinsteiger“ sieht sich Moritz Eyland. „Anfangs mussten wir lernen, dass Kaffeelieferungen auch mal ausbleiben können und eine gute Vorausplanung sinnvoll ist“, erzählt er . Inzwischen sorgt die Rösterei für einen Absatz von mehr als 80 Tonnen Kaffee im Jahr und wirbt damit, den Kaffee direkt von den Bauern in Südamerika zu beziehen.

Für die Arbeit quer durch Südamerika

Der Mann, der das direkte Geschäft nicht nur für „Heilandt“ möglich macht, heißt Thomas Pingen (29). Der Kerpener hat unter anderem in Mexiko Betriebswirtschaft studiert und seine Bachelorarbeit über fairen Handel geschrieben. Jetzt hat er sich mit einem Freund eine Existenz als Kaffeeberater aufgebaut und reist quer durch Lateinamerika. „Wir haben ein mobiles Kaffee-Labor und führen Qualitätskontrollen durch. Letztlich möchten wir eine Brücke schlagen zwischen Kaffeebauern und Röstereien“, erklärt Pingen.

Die Zahlungsbereitschaft für guten Kaffee sei in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, stellt er fest. Auch dank vieler kleiner Röstereien. Moritz Eylandt überweist inzwischen jedes Jahr etwa 40 Prozent des Preises für die bestellte Kaffeemenge im Voraus zu den Bauern nach Mexiko, Peru oder Guatemala. „Das ist wichtig, damit die Bauern ihre Erntehelfer bezahlen und auch verpflegen können“, hat der Firmenchef gelernt. Für Arabica-Bohnen zahle seine Rösterei inzwischen rund 80 Prozent mehr als die Kaffeebauern bei normalem fairen Handel verdienen würden. In Zahlen heißt das: Etwa sieben US-Dollar pro Kilo Kaffee gehen direkt an die Bauern.

Zum zehnjährigen Firmenjubiläum hat Heilandt gerade eine Sonderedition Espressobohnen rausgebracht, ein Teil des Erlöses ist für Schulungen kleiner Kaffeefarmer in Südamerika bestimmt. „Es geht um das Lernen von Fermentationstechniken, um aus den Schalen der Kaffeebohnen ökologischen Dünger herzustellen. Oder um die Waschung der Bohnen in Regentonnen unter Zusatz von Hefe, um die Qualität zu erhöhen“, sagt er. Auf den flachen Plantagen in Brasilien und Vietnam können die Bohnen maschinell geerntet werden, in bergigeren Regionen ist der Aufwand ungleich größer. „Dass wir uns um die Situation unserer Zulieferer kümmern, hat nichts mit Gutmenschentum zu tun. Aber mit verantwortungsvollem Handel“, stellt Eylandt klar. Denn guten Kaffee kann er nur verkaufen, solange die Kunden bereit sind, dafür auch etwas mehr Geld zu zahlen.

Zusammenarbeit mit 800 Kaffeeproduzenten in Lateinamerika 

Thomas Pingen arbeitet mit etwa 800 Kaffeeproduzenten in Lateinamerika zusammen. In Mexiko, erzählt er, ist die Ernte dieses Jahr eher schlecht ausgefallen. „Manche Bauern produzieren gerade mal 10 bis 20 Kilogramm pro Jahr“, weiß er. In Peru habe bereits eine Auswanderung von Bauern eingesetzt. Oder aber der Umstieg auf den Anbau von Kokapflanzen oder Opium. Deshalb bemüht er sich, den Bauern Tipps für umsatzsteigernde Maßnahmen zu geben.

Mit dem Schiff gelangt der Kaffee in Säcken nach Deutschland. In der Rösterei am Girlitzweg erhalten die Bohnen ihre besondere Note. „Je langsamer die Röstung, desto schöner und kontrollierter die Entwicklung der Aromen“, erklärt Moritz Eylandt. Espressobohnen werden 16 bis 20 Minuten lang geröstet. „In einem Zeitfenster von 30 Sekunden müssen sie raus. Es ist wie beim Popcorn: man muss immer mit Augen, Ohren und Nase dabei sein“, sagt der Firmenchef.

Vor zwei Jahren ist Eylandt nach Peru geflogen und hat Kaffeebauern besucht. Eine Begebenheit hat sich nachhaltig bei ihm eingeprägt. Auf einer Plantage lag eine Kaffee-Charge, die schon leicht verschimmelt war. „Der Bauer sagte: der Kaffee wird nicht weggeworfen, am Ende kaufen ihn die Deutschen“, erzählt Eylandt. Die Australier, weiß er, zahlen dreimal so viel für den Kaffee wie die meisten Rösterein in Deutschland.

Allmählich wird die Rösterei am Girlitzweg zu klein für den Bedarf von „Heilandt“, größere Räumlichkeiten sollen möglichst bald her.

Das Geschäft mit dem Kaffee ist ausbaufähig. Auch in Köln.

Das Lieblingsgetränk der Deutschen

168 Liter Kaffee hat jeder Deutsche durchschnittlich im vergangenen Jahr getrunken. Homeoffice und Lockdown haben dazu geführt, dass der Kaffeekonsum zu Hause um 37 900 Tonnen (elf Prozent) zulegte, während der Verzehr in der Gastronomie oder in Kantinen um 30 300 Tonnen zurückging. Die Zahlen stammen vom Deutschen Kaffeeverband.

79 Prozent der deutschen Bevölkerung trinkt laut einer Umfrage der Dachorganisation regelmä

ßig Kaffee, 65 Prozent der Befragten gönnen sich mehr als eine Tasse pro Tag. Wer seinen Kaffee unterwegs trinkt, kauft ihn zu 26 Prozent aller Fälle in einer Bäckerei. Dabei dominieren Latte Macchiato, Cappuccino und Milchkaffee. Die mediterrane Lebensart ist längst Alltag an der Kaffeetafel.

In jedem dritten Haushalt steht ein Kaffeevollautomat – Tendenz steigend. Passend hierzu stieg der Absatz ganzer Bohnen voriges Jahr um 26 Prozent.

50 Prozent des Umsatzes gehen auf den Kauf des klassischen gemahlenen Filterkaffees zurück. Auch der Absatz von Kaffeekapseln (+ vier Prozent) und Kaffeepads (+ sechs Prozent) nahm zu.

Deutschland ist nach den Vereinigten Staaten der zweitgrößte Kaffeekäufer der Welt (1,2 Millionen Tonnen). Wichtigstes Lieferland ist Brasilien.

Andererseits ist Deutschland Exportweltmeister, denn kein anderes Land führt mehr Röstkaffee, löslichen und entkoffeinierten Kaffee in andere Staaten aus (236 Tonnen). (tho)

Rundschau abonnieren