Unterschriften für PetitionKalker protestieren für mehr Grün- und Erholungsflächen

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Parkanlagen aus dem letzten Jahrhundert: Wenig einladend wirkt der Breuerpark – außer für Menschen, die hier Drogen nutzen und verkaufen.

Parkanlagen aus dem letzten Jahrhundert: Wenig einladend wirkt der Breuerpark – außer für Menschen, die hier Drogen nutzen und verkaufen.

Kalk – Sie wollen das letzte Stück urwüchsigen Grüns in Kalk erhalten. „Kalk ist einer der am dichtesten bebauten Stadtteile – und hier wird immer noch mehr gebaut“, sagt Desiree Frese mit Blick auf einen alles überragenden Baukran, der bis zum Ottmar-Pohl-Platz zu sehen ist. Ein paar Kinder spielen Ball auf dem aufgeheizten Beton des Platzes, der nur am Rand einige Bäume mit Sitzgelegenheiten bietet.

Bürgerinitiave wünscht sich „Mehr Grün für Kalk“

Die Fläche ist ein gutes Beispiel dafür, was Desiree Frese, Julia Elixmann und Silvia Raytchevska nicht mehr wollen: noch mehr Verdichtung mit noch mehr Beton. Die drei Frauen gehören zur Bürgerinitiative „Mehr Grün für Kalk“. Und davon kann der Stadtteil viel gebrauchen, sind sie überzeugt.

Am 2. Juli haben sie deshalb eine Petition beim Amt für Anregungen und Beschwerden eingereicht. 1084 Unterschriften haben sie zusammengetragen. Sie standen dazu auf dem Markt und legten Listen bei Kinderärzten und Geschäften aus. „Mehr Grün- und Erholungsflächen für Kalk“ steht über ihrer Eingabe, die sie viel Arbeit gekostet hat. Sie haben sich Pläne angeschaut, das statistische Jahrbuch der Stadt studiert und die Unterschriftenaktion gestartet.

Bisher bieten auch Parks keine Erhholung

Kalk sei nicht nur der Stadtteil mit der höchsten Bewohnerdichte. „Er ist auch am dichtesten bebaut und weist die höchste Geburtenrate auf. Aber er hat die geringsten Anteile an Grünflächen“, sagt Julia Elixmann. Gerade in jüngster Zeit, als die Temperaturen an die 40-Grad-Marke geklettert waren, benötige ein Ort wie Kalk mehr Grün, damit es zumindest ein bisschen abkühlt und sich den Menschen Erholungsräume öffnen.

Und damit schweben den Frauen keine Flächen wie im Bürgerpark vor. Kaum Bäume und riesige Wiesenflächen sowie ein Spielplatz dominieren dort das Erscheinungsbild. Auch andere Parks wie der Breuerpark seien wenig attraktiv, auch wegen der vielen Drogenabhängigen dort. Bleibt noch der Stadtgarten an der Kalker Hauptstraße. Mit seinem alten Baumbestand bietet er zwar viel Schatten, aber wenig naturnahes Spielen für die Kinder. Und da gibt es noch den alten Friedhof am Klarissenkloster. Doch seit die Hälfte des Parks für den Hundefreilauf freigegeben wurde, kollidierten dort die Interessen zwischen Hundehaltern und Eltern mit kleinen Kindern, aber auch älteren Menschen.

Gelände der „Pflanzstelle“ als „letzte Chance für Kalk“

Deshalb schwebt ihnen die Brache vor, auf der auch die „Pflanzstelle“ ihren Sitz hat. Ein Teil davon, so haben sie es in den Werkstattgesprächen erfahren, soll für einen Grünzug, aber auch für eine mehrstöckige Bebauung wegfallen. „Wir brauchen hier keinen weiteren Park mit kleinen Bäumen, angelegtem Rasen und einem Spielplatz. Die Stadt könnte das Stück so belassen wie es jetzt aussieht“, sagt Raytchevska.

Bäume, Sträucher, Wildblumen und verschiedene Gräser haben sich in den Jahren ihren Weg auf der Brache gebahnt. Kleine Wege führen durch das Dickicht zu den Bauwagen und Pflanzkübeln der Pflanzstelle. In der Tat stellt dieses Areal eine kleine urwüchsige Oase dar. Und wenn man von der aufgeheizten Kalker Hauptstraße die Neuerburgstraße entlang schlendert, wirkt es sogar ein wenig kühler an der Brache. „Aber auch hier werden Hochhäuser das Areal säumen, und ein großer Teil des jetzigen Biotops wird versiegelt. Es wird nicht mehr so aussehen wie früher“, gibt Frese zu bedenken.

Genau diese Fläche betrachtet die Bürgerinitiative „Mehr Grün für Kalk“ als „letzte Chance für Kalk“. Denn weitere Flächen, auf denen es grün werden könnte, bietet das Veedel ihrer Ansicht nach nicht mehr. Raytchevska spricht von „struktureller Diskriminierung“, wenn sie über die Entwicklung Kalks spricht. 7000 Menschen weist das statistische Jahrbuch von 2017 pro Quadratkilometer in Kalk aus. Im Umkehrschluss bedeute das, so die Frauen, dass jedem Einwohner fünf Quadratmeter Grün zur Verfügung stehen. Zu wenig, finden sie.

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Sie fordern deshalb eine Machbarkeitsstudie und ein Freiraumkonzept zur Schaffung von mehr Grün und eine Aufwertung der vorhandenen Grünflächen, die nicht nur zerrissen über den Ort verteilt sind, sondern auch keine naturnahen Flächen darstellen.

„Das Maß zur Verdichtung ist mehr als ausgereizt.“

Im Bürgerpark könnten mehr Bäume gepflanzt und Blumenwiesen, aber auch begrünte Fuß- und Radwege zu den Parks sowie zum Gremberger Wäldchen angelegt werden. „Wir appellieren dafür, eine Stadtplanung umzusetzen, die die Bedürfnisse von Menschen und Umwelt in den Mittelpunkt rückt“, heißt es in der Petition der drei Initiatorinnen. „Das Maß zur Verdichtung ist mehr als ausgereizt. Statt Quantität um jeden Preis muss in Kalk dringend die Lebens- und Wohnqualität fokussiert und der Stadtteil auf die Folgen des Klimawandels vorbereitet werden“, sagt Raytchevska und fügt hinzu: „Wohnen ist hier so dominant, dass das Grün immer hinten ansteht.“

Sie haben die Hoffnung, dass ihnen der in Köln ausgerufene Klimanotstand in die Karten spielen könnte. Auch ein Antrag der Kalker Bezirksvertreter, die dazu aufgerufen haben, Flächen zu benennen, die entsiegelt werden könnten (die Rundschau berichtete), lässt sie hoffen, dass sich in Kalk etwas ändert. „Wir wollen es nicht nur für unsere Kinder. Auch für uns und vor allem auch für die ältere Bevölkerung und für diejenigen, die aufgrund ihres engen finanziellen Rahmens den Ort kaum verlassen können, wollen wir ein grüneres Kalk mit Aufenthaltsqualität“, so die Frauen.

„Wir würden es begrüßen, wenn die Stadt sich hier mutig zeigt und das Areal der Brache und der Hallen Kalk als ,Pilot’ begreift und es einfach mal anders handhabt“, sagt Frese.

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