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„Jeck noh Fridde“Kölner Karneval – Funkenbiwak als Friedensmission

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Gelb-blaue Bändchen in den Nationalfarben der Ukranie an den Knabbüß genannten Holzgewehren der Roten Funken.

Köln – Die Mobilmachung der kölschen Bodentruppen lockt auch an diesem speziellen Samstag 4000 Menschen auf den Neumarkt. Während in den Frühnachrichten weltweit die Bombardierung ukrainischer Stellungen durch russisches Militär vermeldet wird, erklingt im Herzen Kölns der Funkenmarsch.

Zu „Ritsch, ratsch, die Botz kapott“ schreiten die Männer in ihren roten Waffenröcken auf die Bühne. Damit niemand auf die Idee kommt, die Karnevalisten würden die weltpolitische Lage entspannt ignorieren, haben die Roten Funken noch schnell umdekoriert. „Jeck noh Fridde“ lautet die Botschaft auf einem großen Transparent, das quer über die Bühne gespannt ist. „Heute gilt unsere uneingeschränkte Solidarität dem ukrainischen Volk“, ruft Funken-Präsident Heinz-Günther Hunold den Jecken zu. Das Funkenbiwak soll dieses Mal mehr denn je einer Friedensmission gleichen.

Karneval gibt Zuversicht und Hoffnung

Nacheinander marschieren die neuen Traditionskorps des Kölner Karnevals auf. „Wer die Funken in den vergangenen 200 Jahren verfolgt hat weiß, das es der Karneval war, der den Menschen oft Zuversicht und Hoffnung gegeben hat“, sagt Hunold und erinnert an die militärische Persiflage als Grundpfeiler des Funkendaseins. „Wir haben keine Patronen in unseren Gewehren, sondern Blumen“, erklärt er. An diesem Samstag tragen viele von ihnen zum Zeichen der Solidarität auch blau-gelbe Schleifen an ihren Schulterklappen. Zudem haben die Funken Tausende weiße Fähnchen an die Besucher verteilt.

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Dass die Funken keine aggressive Kampftruppe sind, ist das eine. Die andere Frage ist die: Ist es angesichts des Kriegsausbruchs in Europa angemessen, den leicht getrübten Frohsinn einfach fortzusetzen? „Ich freue mich, ein paar Stunden vom Alltag abschalten zu können. Wir haben zwei Jahre Pandemie hinter uns und jetzt den schlimmen Krieg“, sagt eine Besucherin aus dem Erftkreis. Ein Mann aus Bonn spricht von einem „ziemlichen Spagat“, er habe sich jedoch für „verantwortungsvolles Feiern“ entschieden.

„Ukraine Alaaf“

Bevor es um 10 Uhr losgeht, spielt die Band den „Stammbaum“ von den Bläck Fööss – eine gesungene Völkerverständigung. Wenig später rufen die Funken nicht nur „Kölle Alaaf“, sondern auch „Ukraine Alaaf“. Auch viele Jecke sind gut vorbereitet zum Funkenbiwak gezogen. „Make Fastelovend, not war“ ist auf einem Plakat zu lesen. Russlands Präsident Wladimir Putin wird auf einem anderen Banner unfein beleidigt. „Wenn man Angst hat, hilft lautes Singen“, ruft Kasalla-Sänger Basti Kampmann den Jecken zu. Dann spielt die Band „Alle Jläser huh“.

Der Verzicht auf das Biwak kam für die Korps nicht infrage. „Gerade in dieser schweren Zeit ist es umso wichtiger, der Hauptaufgabe des Karnevals zu leben und aufrecht zu erhalten: Der Politik den Spiegel vorhalten, Offenheit zeigen, Vielfalt leben, den Menschen Halt, Zuversicht und Gemeinschaft geben“, sagt Dino Massi, Präsident der Prinzen-Garde. Auch in seinem Verein herrsche „Bestürzung“ über die Entwicklung im Osten Europas. Auch das Dreigestirn läuft auf. Die Jecken singen und schunkeln. Ausgelassen wirkt dabei kaum jemand.

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