Serie „zweites Wohnzimmer“„Em golde Kappes“ ist das Vereinsheim der „Appelsinefunke“

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  • In unserer Serie stellen wir Ihnen nach und nach die zweiten Wohnzimmer der Karnevalisten im Veedel vor.
  • In der Auftaktfolge werfen wir einen Blick Nach Nippes.
  • Seit über zehn Jahren ist das „Em golde Kappes“ das Vereinshaus der „Appelsinefunke“.

Nippes – Ortstermin Neusser Straße 295: ein besonderer Ort. Michael Gerhold, Präsident der KKG Nippeser Bürgerwehr von 1903 und mit seinen 32 Jahren einer der jüngsten Amtsträger in einem großen Traditionskorps des Kölner Karnevals, ist in der laufenden Session ein viel gefragter Mann. Dennoch nimmt sich der leidenschaftliche Karnevalist an diesem Januarmorgen Zeit, während die Session auf Hochtouren läuft, sein „zweites Wohnzimmer“ vorzustellen.

Seit über 100 Jahren ist die Gaststätte „Em golde Kappes“ ein Ort der Geselligkeit, der Behaglichkeit und des Genusses. Seit mehr als zehn Jahren dient einer der gastronomischen Fixpunkte des Veedels darüber hinaus den „Appelsinefunke“ als Vereins- und Stammlokal. „Seit die Früh-Brauerei die Gaststätte übernommen hat, sind wir hier zu Gast und fühlen uns überaus wohl. Der ,Kappes’ ist für uns stets die erste Anlaufstelle vor unseren Auftritten“, berichtet Gerhold. „Wir versammeln uns immer vorn am Eingang geballt vor der Theke, weil parallel dazu ja auch noch der reguläre Restaurantbetrieb läuft. Wir trinken gemeinsam ein Kölsch und dann geht es los. Auch der Ausklang findet abends manchmal noch hier statt, je nach Uhrzeit. Denn das Haus schließt ja bereits gegen null Uhr“.

Nicht nur die tanzenden Gardisten der „Wache“ in ihren charakteristischen orangefarbenen Uniformen, die das Tanzpaar der Gesellschaft flankieren, auch andere Abteilungen der Bürgerwehr gehen „Em golde Kappes“ regelmäßig ein und aus. „Unsere Vorstandssitzungen finden oben im ersten Stock statt, auch die Stammtische von Senat oder unserem Corps á la Suite.

Oben, damit ist die „Wachstuff“ gemeint, ein Bereich des Lokals ausgestattet mit zahlreichen Artefakten aus der reichen Geschichte der Nippeser Gesellschaft. Sie hat ihre Wurzeln im Veedel und wuchs über die Jahre von einem kleinen Vorortverein zu einem stolzen Traditionskorps heran. Darunter – als besonderer, gehüteter „Schatz“ – auch jene Urkunde, mit der das Festkomitee Kölner Karneval den „Appelsinefunke“ einst bescheinigt hatte, sie dürften fortan den Ehrentitel „Traditionskorps“ führen. „In Würdigung und Anerkennung der großen Verdienste“, die diese sich „um den Kölner Karneval, insbesondere um die Pflege von Brauchtum und Tradition, sowie die aktive Förderung der Karnevalistischen Jugend erworben hat“, heißt es darin.

Alle Orden ausgestellt

Aufbewahrt wird sie ebenfalls in der „Wachstuff“ des „Golde Kappes“, wo sie gerahmt und hinter Glas von den Gästen bestaunt werden kann. Gut geschützt in einer Glasvitrine sind zudem sämtliche Sessionsorden der Gesellschaft seit dem Zweiten Weltkrieg ausgestellt. „Die Orden aus der Zeit davor schlummern im Vereinsarchiv“, weiß Gerhold, der 2018 als drittjüngster Prinz in der Historie des Kölschen Fasteleers amtierte. „Nur Farina (1952 die Red.) und Neven DuMont (1955 die Red.) waren damals noch jünger als ich“, hat der Präsident nachgerechnet. 

Freundschaftlich ist die Verbindung zwischen „Funke“ und dem Hauspersonal des „Kappes“. Man kennt und schätzt sich seit langem. Seit die organisierten Karnevalisten erstmals im Haus aufgetaucht sind, häufen sich die Erlebnisse und Geschichten mit Anekdotenpotenzial, wie Oberköbes Daniel With festgestellt hat. Ihm treibt vor allem die Verleihung der Auszeichnung „Goldener Kappes“ durch die Bürgerwehr regelmäßig vor Lachen die Tränen in die Augen. Wie etwa unlängst jene an den kölschen Liedermacher, Spaßmacher und „Mundart-Musikpädagogen“ JP Weber. „Der war hier zu Gast und sie haben den ganz schön auf den Arm genommen. Der wusste nicht, dass er den „Goldenen Kappes“ verliehen bekommt und dachte, er tritt hier nur beim Herrenfrühschoppen auf.

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Dann hat er zwei drei Lieder gespielt und wurde unterbrochen. Der Michael hat dann zu ihm gesagt: „Nimm wieder Platz, jetzt singt mal jemand anderes etwas Anständiges. Das war nicht so die Leistung, wie wir sie hier gewohnt sind“. Der Sänger war völlig fertig und wusste gar nicht, wie oder was ihm hier geschieht. Und nachher haben sie ihn dann erlöst und alles aufgeklärt. Der war vielleicht erleichtert“, schmunzelt With noch heute. Es ist eine Besonderheit bei der Verleihung des „Goldenen Kappes“, dass die mit einem vergoldeten Kohlkopf, mit einer Urkunde und einer Ehrennadel Geehrten zuvor von der bevorstehenden Preisverleihung nicht das Geringste ahnen und die „Appelsinefunke“ während des künstlerischen Vortrags ganz offen ihr Desinteresse oder gar Unzufriedenheit zur Schau stellen, gelangweilt an ihren Smartphones herumspielen, verstärkt untereinander „schwaade“ oder den konsternierten Ehrengast früh in seiner Darbietung unterbrechen. „Aufgeklärt werden die Preisträger erst, nachdem sie uns auf den Leim gegangen sind. Wir machen das jetzt seit 18 Jahren so. Doch langsam wird es immer schwerer, vorher alles geheim zu halten“, verrät Michael Gerhold.

Man muss schon „höheren Blödsinn“ erzählen

Infrage kommt für die jährliche Ehrung allerdings auch nur jemand, der selbst „Kappes schwaad“, also von Berufs wegen „höheren Blödsinn“ erzählt, grenzt der Ex-Prinz ein. So finden sich unter den Geehrten vor allem Originale wie Jupp Menth („Ne Kölsche Schutzmann“) oder Fritz Schopps („Et Rumpelstilzje“).

Auch abseits gesellschaftsinterner Veranstaltungen biete das Nippeser Kult-Brauhaus die ideale Kulisse für gesellige Stunden, da sind sich Gerhold und With einig. „Wir von der Bürgerwehr haben immer Riesenspaß hier, wo man den Hipster genauso treffen kann wie den ganz normalen Rentner. Und die Küche ist gut“, konstatiert Gerhold. „Das Essen wird, angefangen beim Apfelmus, komplett frisch im Haus zubereitet“.

Neben treuen Stammgästen ziehe der „Kappes“ ein bunt gemischtes Publikum an. „Hier sind wirklich Jung und Alt vertreten. Dies ist einfach noch ein uriges Traditionslokal, von denen es in Köln nicht mehr ganz so viele gibt“, resümiert Oberköbes With, der seit sieben Jahren zum Stammpersonal des „Kappes“ zählt und der einen der häufig zum Kölsch georderten, oft unterschätzten „Dauerbrenner“ der Speisekarte nicht unerwähnt lassen will. „Hier gibt es den besten ,Halven Hahn’ von Köln. Der Käse schmeckt unübertroffen, denn unser Haupthaus verfügt über einen eigenen Käsekeller“, schwärmt With.

Beim stimmungsvollen Fackelzug der Nippeser Wehr am „Elften im Elften“, der von der Eigelsteintorburg zurück ins Veedel führt, bildet der „Kappes“ traditionell den Zielpunkt. Für Gerhold ein Ort, der ein lebendiges Vereinsleben erst möglich macht. „Wir alle sind eine Gesellschaft, völlig egal, was der eine oder andere beruflich macht. Heute ist der Trend zur Individualisierung stark ausgeprägt. In der KG haben bringen wir das ’Wir-Gefühl’ nach vorne. Hier hat der Karneval eine große Chance, Leute, die nach Gemeinschaft suchen, zu gewinnen“, so Gerhold.  

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