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Siebter SiegBrings gewinnen mit „Mer singe Alaaf“ bei Loss mer singe

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Steiler Angang: Harry Alfter, Peter Brings und Stephan Brings (von vorne) öffneten mit ihrem Hit die Türen auch für andere Bands.

Köln – Sieg Nummer sieben hat etwas Surreales. Im „Gaffel am Dom“, das eigens für diesen Zweck aufgeschlossen wird, nehmen die Musiker von Brings die Ehrung für ihren Erfolg bei „Loss mer singe“ entgegen. Zaghafter Applaus der wenigen Begleiter ersetzt den Jubel der Menge, der normalerweise aufgebrandet wäre. „Wir haben uns sehr über die Wahl gefreut und schon in den sozialen Netzwerken gesehen, dass die Reaktionen sehr positiv sind“, erzählt Peter Brings. Mit „Mer singe Alaaf“ ist der Band wieder mal eine erfolgreiche Ballade gelungen.

Wer die Zeit exakt 20 Jahre zurückdreht, wird zwei Feststellungen machen. Die mäßig erfolgreiche Rockband Brings ist so ziemlich am Ende. Und der Kölner Sitzungskarneval ist ziemlich spießig. „Ohne das Lied würde es uns heute nicht mehr geben. Zumindest nicht im Karneval“, hatte Peter Brings in der Band-Biografie, geschrieben von Uli Kreikebaum, erzählt. Im Sommer 2000 hatten sie die Kündigung der Plattenfirma EMI erhalten, „wir taumelten am Abgrund“, heißt es in dem Buch. Und dann schrieb Peter Brings nach durchzechten Nächten den Hit „Superjeilezick“.

Angekommen im Karneval

„Maach noch ens die Tüt an.“ So beginnt das Lied, das die Band rettet und die Musik im Karneval revolutioniert. „Einen solchen Umgang mit der kölschen Sprache gab es vorher nicht. Und wir haben diese Sprache in den Karneval gebracht“, sagt Peter Brings, der Frontmann. Und die Nummer befeuert Georg Hinz und seine Freunde bei ihrem Vorhaben, „Loss mer singe“ aus der heimischen Küche ins die Kneipen der Stadt zu verlegen. „Das Lied war ein Glücksfall für uns. Und der Motivationsschub, das Einsingen öffentlich zu machen“, erinnert sich Hinz. Peter Brings bezeichnet Hinz inzwischen als „richtigen Kumpel“.

Alles zum Thema Höhner

In ihrer ersten Session steht Brings im Schlepptau der Höhner auf den Bühnen. Dafür erhalten die Höhner die Verlagsrechte an „Superjeilezick“. Der 12. Januar 2001 führt Brings erstmals auf die Bühne des Gürzenich, wo das Bürgertum feiert. „Als die Leute mitsingen, bricht innerer Jubel aus. Es funktioniert. Wir sind angekommen im Karneval. Die Kapelle ist gerettet“, heißt es in der Band-Biografie.

Das Ergebnis von „Loss mer singe“

10.000 Zuschauer haben sich in den vergangenen Wochen den kostenpflichtigen  Stream von „Loss mer singe zo Hus“ angeschaut.  Die Einnahmen sollen unter anderem den Wirten zugutekommen, in deren Kneipen die Veranstaltungsreihe normalerweise zu Gast gewesen wäre. Der Stream kostete pro Person sechs Euro.   Auf dem zweiten Platz ist Miljö mit dem Stück „Zick Zoröck“ gelandet. Dritter wurde Vera Bolten mit „Dat ruckelt sich zeräch“, ganz knapp vor Cat Ballou mit „Nit allein“.   Den Stream mit den 20 Neuvorstellungen der Session können sich Fans noch bis zum 16. Februar anschauen. Das Ticket kostet jetzt nur noch fünf Euro, denn abstimmen ist ja nicht mehr möglich. (tho)   www.lossmersingezohus.de

Gleich im Jahr darauf gelingt Brings mit „Wenn et funk“ erneut der Sieg. Zwei Jahre später gewinnen sie mit „Su lang mer noch am Lääve sin“, da sind sie längst eigenständig im Karneval unterwegs. Und sorgen für Aufruhr. Festkomitee-Präsident Hans-Horst Engels verlässt die Säle, sobald Brings die Bühne betritt und „Poppe, Kaate, Danze“ anstimmt. „Darin war er konsequent, das muss man ihm lassen“, sagt Peter Brings. Heute kann er darüber lachen.

Schon bei der Premiere von „Superjeilezick“ im Gürzenich sei die Band neugierig gewesen, ob das Dreigestirn auch mitsingt, wenn es ums Anzünden der „Tüt“ geht. Also ums Kiffen. „Der Text war entscheidend. Der Karneval hat nach so etwas gerufen“, urteilt Stephan Brings in der Biografie. Später im Text fängt es mitten im August an zu schneien – die nächste Hommage an harte Drogen. Es sei um Spaß und Provokation gegangen, erzählen die Musiker später.

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Rückblickend ist die unsanfte und krachende Landung von Brings auf den Brettern der Karnevalsbühnen der Türöffner für viele junge Bands, die in den Folgejahren nachrücken. Kasalla, Cat Ballou, Querbeat – plötzlich ist der Karneval ein reizvolles Ziel vieler junger Musiker. „Ohne das Lied ,Superjeilezick’ hätten wir mit Loss mer singe sicherlich nicht einen neuen Anspruch an Karnevalsmusik definieren können , den wir heute haben“, sagt Georg Hinz.

„Mer singe Alaaf“ war zunächst anders geplant

Peter Brings, sein Bruder Stephan und Gitarrist Harry Alfter sind die Liedschreiber bei Brings. Mal präsentiert die Band Polka-Stücke, mal Discopop, mal reinen Rock und dann wieder treffsichere Balladen. „Es gibt kein Genre, dem wir uns verschrieben haben“, meint Peter Brings. Das diesjährige Siegerlied „Mer singe Alaaf“, so erzählt es der Frontmann, sollte eigentlich mit der Zeile fortgesetzt werden: „So laut wir können“. „Aber dann haben wir nochmal neu nachgedacht und es andersrum gemacht“, erzählt der Sänger. „Mer singe Alaaf, villeich e bessche stiller“, heißt es nun.

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