Keine Punkte nach Blitzer-ChaosBezirksregierung belässt es bei einer Geldstrafe

Lesezeit 4 Minuten
Der fehlerhafte Blitzer auf der A3 am Heumarer Dreieck sorgte bundesweit für Schlagzeilen, jetzt steht fest: Die vermeintlichen Verkehrssünder müssen keine Punkte oder Fahrverbote fürchten, sie bekommen sie erlassen.

Der fehlerhafte Blitzer auf der A3 am Heumarer Dreieck sorgte bundesweit für Schlagzeilen, jetzt steht fest: Die vermeintlichen Verkehrssünder müssen keine Punkte oder Fahrverbote fürchten, sie bekommen sie erlassen.

Köln – Es fehlte nicht an Spott, als im Februar die fehlerhaft ausgeschilderte Radaranlage auf der A 3 am Heumarer Dreieck bundesweit für Schlagzeilen sorgte. „Blitzer-Posse“ oder „Blitzer-Chaos“ hielten Stadt und Bezirksregierung tagelang in Atem. Nach Recherchen der Rundschau steht jetzt fest: Mehr als 1,6 Millionen Euro an Bußgeldern werden erstattet, knapp 4800 betroffene Fahrer bleiben von einem Fahrverbot und Punkten in Flensburg verschont. Die Rundschau erklärt, warum vermeintliche Raser mit einem blauen Auge davon kommen.

Warum war der Blitzer nicht rechtmäßig?

Die Stadt Köln hatte im Auftrag der Bezirksregierung Köln am Heumarer Dreieck in Fahrtrichtung Oberhausen geblitzt, verantwortlich ist die Bezirksregierung. Und am 28. Februar 2016 waren die Schilder aufgestellt worden, sie standen vor einer Baustelle und wiesen Tempo 60 aus – aber eben nur für diesen Abschnitt. Erst rund 80 Meter nach dem Baustellenende war der Blitzer montiert, auf eine Höchstgeschwindigkeit von 60 Stundenkilometern (km/h) eingestellt. Doch für diese 80 Meter wäre ein zusätzliches Tempo-60-Schild nötig gewesen. Es fehlte, also galt freie Fahrt – obwohl der Blitzer auf 60 eingestellt war. Am 13. Dezember 2016 urteilte das Amtsgericht Köln: So geht es nicht.

Wie viele sind betroffen?

453.597 Fahrer sind laut Stadt zu Unrecht geblitzt worden, rund 320.000 davon haben Anrecht auf eine Rückzahlung ihres Bußgeldes. Die Differenz erklärt sich unter anderem durch Probleme, die Fahrer rechtssicher zu identifizieren.

Betroffene, deren Bußgeld unter 250 Euro betrug, mussten einen Antrag bei der Stadt stellen, die ein freiwilliges Ausgleichsprogramm von 11,73 Millionen Euro aufgelegt hatte. Bis Oktober haben 17.208 Menschen ihr Geld bekommen, eine laut Sprecherin niedrige vierstellige Zahl wird noch bearbeitet, weitere Anträge kämen tröpfchenweise. Am Jahresende laufe das Programm aus. Die Stadt wird wohl zwischen 1,6 und 1,7 der 11,73 Millionen Euro auszahlen. Es bleiben rund zehn Millionen Euro übrig, sie sollen Verkehrsprojekten zugute kommen.

Wer konnte ein Gnadengesuch stellen?

Laut Bußgeldkatalog müssen Fahrer, die außerorts zwischen 51 und 60 km/h zu schnell fahren, 240 Euro bezahlen und erhalten zwei Punkte sowie einen Monat Fahrverbot. Zu den 240 Euro kommen rund 30 Euro Bearbeitungsgebühr, so werden es mehr als 250 Euro, die Untergrenze für das Gnadengesuch. Diese Gruppe war also berechtigt für das Gesuch. Die zweite Gruppe sind Fahrer, die in der Vergangenheit Tempoüberschreitungen begangen hatten und deren – vergleichsweise geringe – Geschwindigkeitsübertritt am Heumarer Dreieck zu Punkten oder einem Fahrverbot führten. Die dritte Gruppe sind Fahrer, die zwischen 41 und 50 km/h zu schnell waren, ihre Strafe von 160 Euro plus einem Monat Fahrverbot sowie zwei Punkten aber mit der Stadt in eine Geldstrafe umwandeln ließen, so die 250-Euro-Grenze knackten.

Wie tilgt man Punkte und Fahrverbot?

Zum einen konnten Betroffene ein Wiederaufnahmeverfahren beim Amtsgericht beantragen. Dieser Weg bot die Option, Geldstrafe, Fahrverbot und Punkte aufzuheben. Laut eines Gerichtssprechers gab es 137 Fälle. Wie viele davon Punkte und/oder ein Fahrverbot erhalten hatten, ist laut ihm nicht klar, es werde nicht erfasst. Der Sprecher sagte: „Es ist kein erfolgreiches Wiederaufnahmeverfahren bekannt.“ Bußgelder, Punkte oder Fahrverbote blieben also bestehen. Der zweite Weg führte über die Bezirksregierung – sowohl für die 137 vor Gericht erfolglosen Fahrer als auch für jene, die es dort nicht versucht hatten.

Wie entscheidet die Bezirksregierung?

Bislang hat sie laut eines Sprechers rund 4700 Anträge auf ein Gnadengesuch von der Stadt weitergeleitet bekommen. Dabei handelt es sich um die Fahrer, deren Bußgeld über 250 Euro liegt und die ein Fahrverbot und/oder Punkte ausgesprochen bekommen haben. Die Bezirksregierung hat aktuell 4500 Anträge bearbeitet, das Ergebnis: Fahrverbote und Punkte werden erlassen. „Weil die Beschilderung fehlerhaft war“, sagte der Sprecher.

Die Geldbußen bleiben bestehen, anders als bei einem Erfolgsfall vor Gericht – der Fall existiert bislang nicht. Der Sprecher sagte: „Das Gnadengesuch ist ein freiwilliges Verfahren unsererseits, es sieht die Auszahlung der Bußgelder nicht vor.“ Anhängig sind noch 200 Verfahren plus 15 weitere wöchentlich. Das macht bis Jahresende 290 Fälle, auch hier dürften die Fahrer mit der Geldbuße davon kommen.

Fahrer, die mehr als 70 km/h zu schnell waren, 600 Euro plus drei Monate Fahrverbot und zwei Punkte erhalten hatten, müssen sich ans Innenministerium wenden, die Option Gnadengesuch endet bei 500 Euro.

Rundschau abonnieren