Kölner Bauderzenent geht nach Hamburg„Es ist die schönste Stelle Deutschlands“

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Blick auf Köln: Baudezernent Franz-Josef Höing in seinem Büro im Deutzer Stadthaus, das er bald räumen wird.

Blick auf Köln: Baudezernent Franz-Josef Höing in seinem Büro im Deutzer Stadthaus, das er bald räumen wird.

Köln – Es ist 13.27 Uhr am Dienstag, als das monatelange Spekulieren, das ständige Hörensagen, ein Ende hat. „Franz-Josef Höing soll Oberbaudirektor der Hansestadt Hamburg werden“, lautet die Überschrift der Pressemitteilung der Stadt Köln. Aus einem Gerücht wird Gewissheit. „Die Spatzen haben es von den Dächern gepfiffen“, sagt ein Kölner Politiker.

Seit Monaten wabert das Thema durch die Politik, eigentlich seit der aktuelle Oberbaudirektor Jörn Walter Ende November nach 18 Jahren seinen Abschied für 2017 angekündigt hat. Denn Walter und Höing kennen sich, Höing hatte schon von 2000 bis 2004 in der Stadtentwicklungsbehörde in Hamburg gearbeitet. Stets heißt es auf Nachfrage, Höing, 52, habe noch viel vor in Köln. Das ist bald vorbei, laut einem Sprecher der Hansestadt soll Höing Anfang Oktober oder Anfang November beginnen. Walters Vertrag läuft Ende September aus, die Lücke zu Höings Amtsantritt soll so kurz wie möglich sein.

In zwei Wochen könnte es soweit sein

Höing selbst will am Dienstag nicht mit den Medien sprechen, möchte die Bestellung durch den Hamburger Senat abwarten, bevor er sich äußert. In zwei Wochen könnte es soweit sein. Also lässt Höing sich in der Pressemitteilung zitieren: „Die Position des Hamburger Oberbaudirektors besitzt eine große Tradition und ist die vielleicht renommierteste ihrer Art im gesamten Bundesgebiet. Ich freue mich über das Angebot der Freien und Hansestadt Hamburg, habe aber zugleich großen Respekt vor der Aufgabe.“ Höing verlässt Köln also nach etwas mehr als fünf Jahren. Am 15. Mai 2012 hatte ihn der Stadtrat gewählt, eigentlich für acht Jahre.

Seinerzeit sagt der studierte Diplom-Ingenieur: „Für halbe Sachen bin ich nicht zu haben.“ Vor allem große Stadtentwicklungsprojekte wie der Deutzer Hafen, die Parkstadt Süd, der Mülheimer Süden haben es ihm angetan, Höing spricht leidenschaftlich über sie, hat seine eigene, feinsinnige Sprache. „Er ist ein Streiter für die Baukultur und ein Glücksfall für Köln“, sagt Architekt Kaspar Kraemer, langjähriger Vorsitzender des Kölner Bundes Deutscher Architekten (BDA). Doch in Höings Zeit fällt auch die Millionenbaustelle Bühnensanierung, die Gebäudewirtschaft leitet das Projekt, ist Teil seines Dezernates – bis die Stadt 2015 die Zuständigkeiten neu verteilt. Anfang dieses Jahres löst die Stadt das Reiz-Thema Verkehr aus seinem Dezernat, übergibt es der neuen Dezernentin Andrea Blome.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker bedauert den Weggang, sie sagt: „Er übernimmt damit die Stelle des höchsten technischen Beamten in der Hansestadt. Das ist auch eine Anerkennung für die hohe Qualität der Stadtentwicklungs- und Planungsarbeit hier in Köln.“

Mehr als 20 Kandidaten hatten sich für die Stelle beworben, dem Vernehmen nach soll Höing angesprochen worden sein. Am Ende votiert die Auswahlkommission einstimmig für Höing als Oberbaudirektor. „Es ist die schönste Stelle Deutschlands“, sagt Bernd Streitberger, Höings Vorgänger, jetzt verantwortlich für die Bühnensanierung. Anders als in Köln unterstehen Höing in Hamburg Baudezernenten, er ist für die große Linie zuständig, etwa die Hafencity.

Abschied in einer bewegten Phase

Für Köln kommt der Abschied zur Unzeit: Erstens hat Reker nach dem Abschied von Wirtschaftsdezernentin Ute Berg provisorisch die Wirtschaftsförderung übernommen, die Neuordnung lässt auf sich warten. Zweitens soll Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach angesichts der immensen Probleme bei den Kulturbauten abgewählt werden. Drittens: Blome und Stadtdirektor Stephan Keller sind erst seit Januar im Amt. Und viertens ist der erste Versuch gescheitert, die Gebäudewirtschaft neu aufzustellen, zudem hat gerade eine Verwaltungsreform begonnen. „Ich kann mir vorstellen, dass es kein Zuckerschlecken für Höing war, sich in den vorhandenen Strukturen zu bewegen“, sagt Architekt Kraemer.

Ob Köln zu Höings Abschied direkt einen Nachfolger präsentieren kann, ist fraglich. Es läuft wohl auf eine Übergangszeit hinaus, Industrie- und Handelskammer sowie Handwerkskammer fordern eine schnelle Neubesetzung. Kraemer spricht von einem reizvollen Job, sagt angesichts der Aufgabenfülle aber: „Es muss fast ein Übermensch sein.“

Reaktionen auf Höings Abschied aus Köln

Martin Börschel, SPD-Fraktionschef: „Herr Höing hat sich in den fünf Jahren seines Wirkens als ausgewiesener Stadtentwickler präsentiert, der Spuren in Köln hinterlassen wird. Wir wünschen ihm für seine neuen Aufgaben in Hamburg viel Erfolg und alles Gute.“ Die neue Leitung des Baudezernats müsse über ausgewiesene Expertise im Bereich der Stadtentwicklung verfügen und gleichzeitig die großen Herausforderungen im Baubereich der Stadt angehen. „Entscheidend sind für uns Kompetenzen und die Bereitschaft, als jederzeit präsenter Treiber die Lösungen der diversen Probleme anzugehen.“

Bernd Petelkau, CDU-Fraktionschef: „Dass Franz-Josef Höing Köln verlässt, bedauere ich sehr. Er hatte sehr viele gute Ideen und hat in der Stadt viele wichtige Projekte wie die Parkstadt Süd, den Mülheimer Süden und den Deutzer Hafen angestoßen und mit vorangetrieben. Wir hätten ihn gerne weiterhin hier in Köln behalten, doch persönlich kann ich es nachvollziehen, dass er zurück nach Hamburg gehen und die Nachfolge seines Mentors Jörn Walter antreten möchte. Dafür wünschen wir ihm alles Gute. Wir müssen nun zügig einen Kandidaten finden, der die gleichen Qualitäten besitzt. Das wird uns auch gelingen. Die Stelle ist sehr attraktiv, und Köln bietet viele Möglichkeiten.“

Kirsten Jahn, Fraktionschefin der Grünen: „Mir tut es sehr leid, dass Herr Höing Köln verlässt. Ich habe sehr gerne mit ihm zusammengearbeitet. Er ist ein kreativer Geist und urbaner Denker mit klaren Vorstellungen, der in Köln viel Gutes auf den Weg gebracht hat. Er hatte ein Händchen dafür, gute Planer nach Köln zu holen. Er war auch ein guter Botschafter für Köln und hat die Stadt auf Messen hervorragend vertreten. Die Projekte, die er angestoßen hat, müssen weiterverfolgt werden. Dafür müssen wir jetzt den Richtigen finden. Bei der Auswahl muss Qualität vor Schnelligkeit gehen – gerade mit Blick auf die großen Herausforderungen in unserer Stadt.“

Ralph Sterck, FDP-Fraktionschef: „Ich kann seine Entscheidung verstehen, bedauere sie aber. Die Hafencity in Hamburg ist eben doch eine andere Liga. Er hat in Köln viele Projekte auf die Schiene gesetzt, vor allem seine Bürgerbeteiligungsverfahren waren ganz großes Kino. Er hat die Menschen immer mitgenommen. Wir müssen jetzt nach vorne schauen.“ (fu/mhe)

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