Rather See in NeubrückInitiative wehrt sich gegen Einrichtung einer Freizeitanlage

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Der Rather See in Neubrück

Neubrück – "Es ist jetzt im Winter eine denkbar ungünstige Zeit, um die Menschen für die Sache zu gewinnen", sagt Ralf Kuzina von der Initiative "Rather See frei". Und im gleichen Atemzug bekräftigt er: "Wir schaffen das." In den Wintermonaten ist es ruhig am Rather See, der eher als Neubrücker Baggerloch bekannt ist. Vor Ort also können sie daher nur wenige Unterzeichner ihrer neuen Petition gewinnen.

Es geht um ein altes Thema. Vor fast neun Jahren reiften die Pläne der Eigentümergemeinschaft, den beliebten Badesee für die Allgemeinheit zu sperren, um dort eine Wasserskianlage zu bauen mit Badestrand.

Die Eintrittsgelder werden sich nicht alle bisherigen Nutzer leisten können, so die Vermutung der Mitstreiter um Kuzina. Und auch das Lebensgefühl an dem See, das nicht nur Neubrücker anlockt, werde darunter leiden, denn die Freizeitanlage wird Öffnungszeiten unterworfen sein.

Nun renne ihnen die Zeit weg. Denn am 14. Februar soll der Rat über das Thema entscheiden. Politisch gibt es für die Wasserskianlage bislang eine Mehrheit. Auch in der BV Kalk sind sich CDU und SPD einig, dass der See als "Freizeitanlage" eine gute Nutzungsalternative darstellt. Lediglich Linke und Grüne stellen sich dagegen.

Bedenken wegen des Landschaftsschutzes

Manuela Grube, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Kalker Grünen, sagt dazu: "Wir haben erhebliche Zweifel, ob eine derart intensive Sport- und Freizeitnutzung mitten im Landschaftsschutzgebiet genehmigungsfähig ist. Laut BUND sind die artenschutzrechtlichen Gutachten nicht vollständig." Besonders ärgerlich sei es außerdem, dass die von der Wasserski-Anlage dauerhaft in Anspruch genommene Wasserfläche von der naturschutzrechtlichen Ausgleichsregelung ausgenommen werden soll. Begründet wird dieses Entgegenkommen zugunsten des Investors damit, dass nur so sozialverträgliche Eintrittspreise möglich seien. Derartige "Taschenspielertricks" zum gegenseitigen Ausspielen von ökologischen und sozialen Belangen lehnen die Grünen ab.

Doch was genau ist geplant? Die Pläne reiften erstmals im Jahr 2010. Auf den Flächen nord-westlich des Siedlungskernes von Rath/Heumar und östlich des Stadtteiles Neubrück liegt das Auskiesungsgewässer der Kiesgrube HBK GmbH & Co. KG, heißt es in den Unterlagen, die den Bezirksvertretern zuletzt in ihrer jüngsten Sitzung vorlagen. Eine Diskussion dazu fand nicht statt. Das Thema wurde geschoben. Ob sich die Kommunalpolitiker in ihrer nächsten Sitzung am 7. Februar noch einmal mit dem Thema auseinandersetzen, ist noch nicht klar. Auf der schon öffentlich einsehbaren Tagesordnung findet sich das Thema Rather See noch nicht.

Die Auskiesung wurde 2011 eingestellt. Der Eigentümer der Flächen hat daher als Vorhabenträger die Einleitung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes beantragt, um das bereits im Flächennutzungsplan dargestellte Nutzungsziel "Badenutzung" zu erreichen und durch die Wasserskianlage das Freizeitangebot am Standort abzurunden. So soll eine sinnvolle Nachnutzung des ehemaligen Auskiesungsgewässers erzielt werden. Planerisches Ziel ist es, den Rather See als Wassersport-und Strandbadanlage im Sinne der Naherholung in naturgeprägtem Umfeld zu entwickeln.

",Der gesamte See wird nicht mehr zugänglich sein. Auch den Weg rund um das Gewässer wird es nicht mehr geben", sagt Kuzina und zeigt den gut sichtbaren Trampelpfad entlang des Ufers durch den Zaun, der das Seegelände umgibt. Hier und da gibt es Einschlupflöcher. Unerlaubte Eingänge werden aber seit Jahren geduldet. Das Gelände werde das ganze Jahr genutzt, im Sommer zum Baden, in den übrigen kälteren Monaten zum Spazierengehen. "Das ist hier ein kleines Paradies", sagt Dieter Kaufmann, einer der etwa 20 aktiven Mitstreiter um Kuzina. Und auch eine Begegnungsfläche für die unterschiedlichsten Menschen. "Hier lernst Du Leute kennen, das Zusammengehörigkeitsgefühl ist enorm", sagt Patrick Krampe. Die Gruppe um Kuzina kümmert sich auch um das ewig leidige Thema Müll rund um den See. "Zuletzt haben wir hier im Oktober eine große Aufräumaktion gestartet", erzählt Sevindz Alay.

Die Gegenwehr der Gruppe ist nicht neu. Seit die Pläne bekannt wurden, sind sie dabei, "ihren" See zu erhalten. Worum es ihnen geht, haben sie in ihrer neuen Petition auf der Plattform "open petition" zusammengefasst. Mindestens 1000 Unterstützer wollen sie per Unterschriftenformular finden.

Stadt soll Gelände kaufen

Sie fordern, dass die Stadt das Gelände von der Eigentümergemeinschaft erwirbt und es nach dem Vorbild des Rotter Sees in Troisdorf oder dem Bleibtreusee in Brühl zum Baden öffnet - auf eigene Gefahr für die Nutzer. Das Argument der Stadt Köln, dass man unbeaufsichtigtes Baden aus Haftungsgründen nicht zulassen könne, sehen sie mit den beiden Beispielen aus der Nachbargemeinde ausgehebelt. Troisdorf etwa habe den See von dem ehemaligen Auskiesungsunternehmen gekauft, um ihn kostenlos für die Bürger als Badesee zur Verfügung zu stellen. "Dort stehen Schilder, dass das Baden auf eigene Gefahr erfolgt", sagt Kuzina. So könnte es auch die Kölner Verwaltung handhaben.

Die Grünen im Bezirk Kalk indes sehen neben dem Naturschutz ein weiteres Problem, das auf die umliegenden Orte zukommen wird, wenn der See eine Wasserskianlage erhält. "Das Nutzungskonzept zielt auf überregionale Besucher ab. An Spitzentagen werden bis zu 5000 Gäste erwartet. In einem derart schlecht erschlossenen Gebiet sind erhebliche Verkehrsbelastungen programmiert", sagt Daniel Bauer-Dahm, Fraktionsvorsitzender der Kalker Grünen in der Bezirksvertretung. Auch sieht er ein großes Problem darin, dass die meisten Anwohner Neubrücks, wo überdurchschnittlich viele Empfänger staatlicher Unterstützungsleistungen wohnen, von der Freizeitanlage nicht profitieren werden. "Die werden sich den Eintritt schlichtweg nicht leisten können", so Bauer-Dahm.

Die IG "Rather See frei" wird in den nächsten Wochen versuchen, möglichst viele Unterschriften zu sammeln. Kuzina hat etliche Unterschriftenlisten zum See mitgebracht. Diese werden nun in den Geschäften in Neubrück, Brück, Ostheim und anderen umliegenden Orten ausgelegt, wo sich die Bürger mit ihren Unterschriften eintragen können.

Was bisher geschah

Im Jahr 2010 wurden die Pläne konkret, aus dem Neubrücker Baggerloch einen offiziellen Freizeitsee mit Wasserskianlage zu machen. 2011 wurde die Auskiesung an dem Gewässer eingestellt.

Seitdem bemüht sich ein Investor um den Erwerb des Seegeländes. Entstehen soll eine Wasserskianlage mit zwei Anlagenbereichen. Somit wird fast die gesamte Seefläche mit einer Gewässeroberfläche von etwa 33 Hektar für den Wassersport eingenommen. Zusätzlich soll ein Strand angelegt werden. Nur ein kleiner Teil wird der Natur vorbehalten sein. Der Baumbestand auf dem Seegelände, der sich entlang der Hochhausmeile in Neubrück befindet, soll für einen Parkplatz gerodet werden. Am 14. Februar soll der Rat sein abschließendes Votum zu den Planungen abgeben. (swa)

Das Nutzungskonzept zielt auf überregionale Besucher ab. An Spitzentagen werden bis zu 5000 Gäste erwartet. In einem derart schlecht erschlossenen Gebiet sind erhebliche Verkehrsbelastungen programmiert.

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