Verfahren erneut gesplittetArchivprozess wird beschleunigt – Polier ist krank

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Das Stadtarchiv stürzte bei dem Unglück 2009 Richtung Friedrich-Wilhelm-Gymnasium und lag dann auf der Severinstraße.

Das Stadtarchiv stürzte bei dem Unglück 2009 Richtung Friedrich-Wilhelm-Gymnasium und lag dann auf der Severinstraße.

Köln – Das Verfahren gegen den Polier, der mit seinem Pfusch beim U-Bahnbau, zum Einsturz des Stadtarchivs beigetragen haben soll, wird separat weitergeführt: Da der Mann auch nach fünf Wochen Verhandlungspause nicht fit genug ist, um auf der Anklagebank Platz zu nehmen, geht der eigentliche Strafprozess nun ohne ihn weiter. Das Verfahren gegen ihn pausiert derzeit zwar, kann bis Ende des Monats aber wieder aufgenommen werden. Ist der Mann allerdings über diese Frist hinaus weiter verhandlungsunfähig, muss sein Prozess geschlossen werden.

Er kann dann zwar erneut aufgenommen werden, müsste in diesem Fall aber komplett von vorne starten. Um den am 17. Januar eröffneten Hauptprozess nicht zu gefährden, verhandelte das Gericht deshalb gestern, am 29. Verhandlungstag, schon nur noch gegen vier Angeklagte: zwei Bauleiter und zwei Bauüberwacher. Einer dieser beiden Bauüberwacher der Kölner Verkehrs-Betriebe saß gestern dort auf der Anklagebank, wo bislang stets der Polier gesessen hatte.

Von den sieben Beschuldigten, die im vorigen Jahr noch in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft genannt wurden, sind zwei erst gar nicht bis in den Hauptprozess gelangt. Einer – ebenfalls ein Polier, aber aus einer späteren Bauphase – war bereits vor Jahren verstorben. Und der Baggerfahrer, der sich mit dem nun erkrankten Polier die größten Fehler geleistet haben soll, ist laut einem Medizingutachten zu krank für eine Verhandlung. Ein Verfahren gegen ihn wurde deshalb vom Start weg abgetrennt, um es im Fall einer unerwarteten Genesung noch separat beginnen zu können. So wiederholen sich Ereignisse.

Unter Zeitdruck

Seit Prozessbeginn am 17. Januar hatte das Gericht immer wieder auf den attestiert schlechten Gesundheitszustand des Poliers Rücksicht genommen. Richter Michael Greve komprimierte die Verhandlung oft auf zwei statt drei Wochentage. Und ungeachtet der zahlreichen Akten, die noch öffentlich verlesen werden müssen – schloss er häufig bereits gegen 16 Uhr den Gerichtstag. „Ab jetzt werden wir auch die Montage nutzen und länger machen“, kündigte Greve gestern an. Und weil er mit Rücksicht auf die Terminkollision eines Anwalts schon am Mittag die Verhandlung schloss, fügte er hinzu: „Das Leben ist keine Einbahnstraße.“

Greve steht unter dem Zeitdruck der Verjährungsfrist. Fällt er bis zum 2. März kein Urteil, muss der Prozess für immer eingestellt werden. Das gilt auch für das separate Verfahren gegen einen Oberbauleiter, das am 2. August vor einer anderen Strafkammer beginnen soll.

Mit Spannung erwarten Prozessbeobachter für den morgigen Mittwoch in Saal 142 ab 10 Uhr Professor Hans-Georg Kempfert. Er hat für das Landgericht die Einsturzursache abschließend festgestellt. Sein Gutachten soll beweisen, dass der Pfusch zum Einsturz führte. Wenn niemand weitere Untersuchungen am Waidmarkt fordert, kann dort die Sanierung beginnen, so dass der Weiterbau der Nord-Süd-Stadtbahn ein festes Datum bekommt.

Vier Prozesstage sind für Kempfert angesetzt: neben Mittwoch der Freitag dieser Woche, sowie Mittwoch und Freitag übernächster Woche. Für die Woche dazwischen sind bereits andere sachverständige Zeugen geladen. Die Verteidigung hat für Mittwoch zudem einen Hydraulik-Professor aus Wuppertal eingeladen. Das Gericht will am Mittwoch entscheiden, ob es ihn als Sachverständigen zulässt, so dass er Fragen stellen darf.

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