70 Jahre FC (4) – 1970-1980Toni Schumacher „Wir hatten eine großartige Mannschaft“

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Schumacher pokal

Mit Heinz Flohe zeigt er Meisterschale und Pokal im Double-Jahr 1978

Köln – Das Gesicht des Mannes, den sie in Anlehnung an den ersten Torhüter des FC in Köln seit seiner Anfangszeit nur "Tünn" nennen, erhellt sich. Kein Wunder, geht es doch um die erfolgreichste Saison in der Historie seines Clubs. "Meine Augen leuchten heute noch, wenn ich daran denke", beginnt der Vizepräsident des 1. FC Köln die Gedankenreise durch seine Karriere in den 70er Jahren - die in der Double-Saison 1977/78 ihren Höhepunkt erlebt hat.

Ob es die beste Mannschaft war, in der er je gespielt habe? Harald Anton "Toni" Schumacher überlegt keine Sekunde, auch wenn FC-Legende Wolfgang Overath zur Double-Saison nicht mehr im Kader stand. "Ja. Wir hatten eine großartige Mannschaft, mit Hannes Löhr, Bernd Cullmann, Wolfgang Weber und Herbert Neumann", zählt er einige der größten Namen in der Historie des Vereins auf. "Oder Heinz Flohe, der weiße Brasilianer, wie ihn Franz Beckenbauer immer genannt hat."

Schumacher Flohe

Nie um eine Pose verlegen: Toni Schumacher

Als der FC nach Pokal und Meisterschale griff, war man längst Stammgast im Europapokal und spielte jährlich um die Deutsche Meisterschaft mit. Auch den DFB-Pokal hatten die Geißböcke eine Saison zuvor gewonnen. Zu Beginn der neuen Spielzeit verpflichteten die Kölner den Japaner Yasuhiko Okudera und hatten unter Trainer Hennes Weisweiler einen Spieltag vor Schluss die Chance auf den Meistertitel. Eine Situation wie gemacht für diesen FC. Schumacher: "Wir waren vorher eine Mannschaft gewesen, die sich auf den Punkt fünf- oder sechsmal pro Saison konzentrieren konnte, deshalb waren wir mehrfach im Pokalendspiel - das passte zu uns." Die ganze Saison konstant durchzuspielen, war dagegen nicht so leicht. Hennes Weisweiler habe irgendwann gesagt: "Ihr habt das Zeug zu mehr." Der FC trat zum Saisonfinale beim FC St. Pauli an, der Rivale aus Mönchengladbach kämpfte in Düsseldorf um die letzte Chance auf den Titel.

Toni Schumacher aktive Zeit

Im Pokalfinale 78 rettet er gegen Düsseldorfs Klaus Allofs

Der Hamburger Club war da bereits abgestiegen. "St. Pauli hat sich trotzdem echt reingehauen", erzählt Schumacher. Zur Halbzeit stand es 1:0 für den FC. "Handys gab es noch nicht, wir hörten die Zwischenstände über Transistorradios. Und man hörte aus Düsseldorf, wo Gladbach spielte, immer nur Tore. 5:0, 6:0..." Der FC riss sich am Riemen, gewann unter anderem durch Tore von Flohe und Okudera mit 5:0. Die Meisterschaft war gewonnen. Trotzdem waren die Spieler zunächst wütend. "Nach dem Spiel waren wir aufgebracht. Wir haben gedacht, da ist irgendwas schief gelaufen. Man stelle sich vor, wir gewinnen gegen den abgestiegenen FC St. Pauli mit Respekt und Anstand 1:0 - und Gladbach wird wegen eines 12:0 am Ende Meister!" Es kam anders, und nach kurzer Aufregung gab es kein Halten mehr.

Toni Schumacher

Mit Matthias Lehmann in der Jubiläumsschau

"Wir sind alle nach Pöseldorf, einen Ortsteil von Hamburg. Da war eine Disko. Alle in Clubanzug, Hemd und Krawatte, und die Krawatten hatten die Mädels irgendwann als Stirnband an", lacht der "Tünn". "Sonntags war der Empfang am Rathaus, mit Stadtrundfahrt und allem. Das war unbeschreiblich, wie Rosenmontag im Sommer. Die Menschen waren sowas von überschwänglich und froh, dass der 1. FC Köln so eine großartige Leistung gebracht hat".

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Schumacher denkt auch auch heute noch gern an die Zeit zurück. "Heute hat das Double natürlich noch mal einen anderen Wert als damals. Gerade, wenn ich die lange Durststrecke sehe, die der 1. FC Köln danach hatte. Heute werden wir immer genannt, wenn die erfolgreiche Zeit des 1. FC Köln ausgerufen wird. Dass ich einen Teil dazu beigetragen habe, macht mich besonders stolz."

Der Spielgestalter

Er absolvierte 765 Spiele für den FC, schoss dabei 287 Tore, holte die Meisterschaft, zweimal den Pokal und krönte sich 1974 in München zum Weltmeister: Wolfgang Overath ist eine der größten Persönlichkeiten in der Vereinshistorie und hat den Club in den 70er Jahren wie kaum ein zweiter mitgeprägt.

Obwohl der gebürtige Siegburger in seiner Debütsaison 1962 schon zum Gewinn der ersten Meisterschaft beiträgt, entwickelt er sich in den 70er Jahren endgültig zum Kapitän, Publikumsliebling und einer Vereinsikone, die den FC durch die glorreichste Ära der Clubgeschichte führt. Overath spielt mit dem FC im Messe- und Europapokal, ist das Gesicht des Teams und in seiner gesamten Karriere als Profi für keinen anderen Verein aktiv. Sein Abgang beim FC liest sich jedoch eher unrühmlich. Nach dem 1:1 im Pokalfinale 1977 gegen Berlin kam es in Hannover zwei Tage später zum Wiederholungsspiel. Trainer Hennes Weisweiler ließ Overath draußen - und der sah den 1:0-Sieg schmollend auf der Bank und beendete seine Karriere. (mob)

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