Kölner Serie „Spurensuche“Wie König Maximilian I. seine Liebe zum Kölsch entdeckte

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Portrait Maximilians I. von Albrecht Dürer 

Portrait Maximilians I. von Albrecht Dürer 

Köln – Ungeduldig warteten die Stadtoberen im Jahr 1505 auf dem Neumarkt. Wo steckte bloß König Maximilian I.? Seine Majestät hatte im Zunfthaus der Brauer in der Schildergasse Schutz vor einem Wolkenbruch gefunden. Einmal hier, machte er es sich gemütlich und entdeckte dabei seine Liebe zum Kölner Bier.

Maximilian I. zum ersten Mal mit 14 Jahren in Köln

Es war nicht Maximilians erster Besuch am Rhein. Schon im Winter 1473 war der damals 14-Jährige gemeinsam mit Vater Kaiser Friedrich III. hier gewesen. Auch damals hatte die Stadt für ihre hohen Gästen ein Fest auf dem Gürzenich gegeben, um ihnen zu ermöglichen, so berichtet eine Chronik, „die schönen Frauen von Köln zu besehen“.

Portrait Maximilians I. von Albrecht Dürer 

Portrait Maximilians I. von Albrecht Dürer 

Eine Frau lockte Vater und Sohn im Sommer des Jahres 1477 wieder in die Stadt. Auf dem Weg nach Gent, wo Maximilian die bereits in Abwesenheit der Brautleute vollzogene Hochzeit mit Maria von Brabant feiern sollte, ging der Reisegesellschaft des finanziell stets klammen Friedrich III. Ende Juni in Köln das Geld aus.

Vier Wochen lang machten sie Zwischenstation, bis ihnen Margarete von York 100 000 Taler für die standesgemäße Weiterreise schickte. Die Hochzeit, die das Reich Habsburg um das reiche Burgund vergrößerte, war ein Politikum. Sie war der Auftakt einer Heiratspolitik, die den Habsburgern noch die böhmische, ungarische und spanische Krone sichern würde und somit das Weltreich schuf, über das Maximilians Enkel Karl V. regieren sollte.

Den Beinamen „der letzte Ritter“ trug er nicht von ungefähr: Zahlreiche Turnierteilnahmen des Königs sind überliefert, unter anderem auch in Köln. 

Den Beinamen „der letzte Ritter“ trug er nicht von ungefähr: Zahlreiche Turnierteilnahmen des Königs sind überliefert, unter anderem auch in Köln. 

Diesen Machtzuwachs befürchtete damals schon der französische König Ludwig XI. und schickte eine Delegation nach Köln. Für die Hochzeit seiner Untertanin Maria von Brabant, ließ Ludwig ausrichten, sei seine Einwilligung notwendig gewesen. Maximilian empfing die Gesandten nicht einmal. Ungerührt reiste der 18-jährige weiter nach Gent, wo er die ihm bis dato unbekannte Braut kennenlernte.

Im vollen Harnisch in Köln eingeritten

Schon 1482 starb Maria an den Folgen eines Reitunfalls und erlebte deshalb nicht, wie Maximilian 1486 abermals in Köln Halt machte. „Auf Donnerstag nach Ostern kamen Kaiser Friedrich und sein Sohn Maximilian von Frankfurt den Rhein herab gefahren nach Köln, um zu Aachen die Krönung zu empfangen“, berichtet die Stadtchronik. „Sie wurden empfangen an der Trankgasse durch die Domherren nebst allen Kollegien mit Kreuz und Fahne.“ Nach kurzem Abstecher nach Aachen ritt Maximilian auf seiner ersten Reise als gekrönter römisch-deutscher König in vollem Harnisch erneut nach Köln ein.

Das ehemalige Zunfthaus der Brauer an der Schildergasse, wo Maximilian I. Unterschlupf vor einem Wolkenbruch fand – und bei dieser Gelegenheit das Kölner Bier zu schätzen lernte. 

Das ehemalige Zunfthaus der Brauer an der Schildergasse, wo Maximilian I. Unterschlupf vor einem Wolkenbruch fand – und bei dieser Gelegenheit das Kölner Bier zu schätzen lernte. 

Über Weyertor, Heumarkt und Alter Markt ging es zum Dom, um den Reliquien der Heiligen Drei Könige die Aufwartung zu machen und sich so in die Tradition christlicher Herrscher zu stellen. Danach folgten tagelange Feierlichkeiten. Die Stadt wusste von Maximilians Leidenschaft für Turniere, die ihm den Beinamen „der letzte Ritter“ einbringen sollte, und veranstaltete eines auf dem Alter Markt.

Der König selbst nahm teil – allerdings wenig erfolgreich. Herzog Philipp der Pfalzgraf warf seinen Gebieter vom Pferd. Kaiser Friedrich habe deshalb lachend mit seinem Sohn gescherzt, erzählt die Chronik. „Kaum aber war der König herabgefallen, so sprang der Pfalzgraf von seinem Pferde, beugte sein Knie und begehrte von der kaiserlichen Majestät, das nicht für übel zu nehmen, was zu einer Vergnügung und Kurzweil geschehen wäre.“

Maximilian nahm die Niederlage sportlich. Er erschien abends bester Laune auf dem Quatermarkt, „tat den Fürsten und den Jungfrauen sehr gütlich, und als man gegessen hatte, so tanzten sie auf dem Gürzenich“.

Immer wieder führten seine Wege nach Köln

Auch in den folgenden Jahren kam Maximilian wiederholt nach Köln. Richtiggehend Ausnahmezustand herrschte dann aber beim Reichstag 1505. Die gesamte politische Prominenz gab sich mehrere Wochen die Ehre – auch Maximilian, der am 22. Mai per Schiff anreiste und mit Unterbrechungen fast ein Vierteljahr blieb.

Die Stadt warf sich in Schale und schmückte etwa den Gürzenich aus, erhöhte den Boden und errichtete einen Stuhl als „Sitz für die Majestät“. Damit die Fürsten unbeschadet vom Gürzenich zum Haus Quatermarkt gelangen könnten, wo sie verpflegt wurden, baute man eine Brücke über die Straße. Vor allem aber sorgte Köln für ein würdiges Rahmenprogramm der ernsten Verhandlungen, darunter eine Feierlichkeit vor der Bachpforte. Maximilian machte sich hierfür von seiner Unterkunft, heute Brückenstraße 12, mit Gefolge auf den Weg zunächst zum Neumarkt, wo der Bürgermeister wartete, bei dem es zunächst ein Festmahl geben sollte.

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Da setzte jedoch plötzlich heftiger Regen ein und wollte nicht mehr aufhören. Glücklicherweise war in der Nähe das prächtige Haus der Brauerzunft, Schildergasse 96, wo König und Anhang bereitwillig aufgenommen wurden. Seine Majestät machte das Beste aus der Situation, zeigte sich von seiner volkstümlichsten Seite und sprach dem reichhaltigen Bierangebot zu. Es muss Maximilian sehr gut geschmeckt haben, bestellte er doch bald darauf aus Augsburg zwei Fass, die ausschließlich zu seinem persönlichen Verzehr bestimmt waren. Jedenfalls dauerte es bis gegen 9 Uhr, bis der König endlich ohne Zwischenstopp beim Bürgermeister „zum Hahnentor hinaus über alle Gräben bis an die Bachpforte“ ritt. Dort hatte der Rat „einen ungeheuern Holzstoß zurichten lassen, neun Karren Klüppelholz, 2000 Schanzen und acht lange Balkenstücke, und Teertonnen hatte man darauf gestellt. Als der König zum Graben kam, wurden Holz und Teer angezündet, und da gab es einen sehr lustigen und hellen Brand.“

Anschließend wurde geschlemmt und getanzt. „Als das Feuer zu erlöschen begann, bestieg der König sein Pferd, drei Wagen nahmen die Jungfrauen auf und gegen 11 Uhr nachts zogen die Festgenossen zur Weyerpforte herein und begaben sich in ihre Herbergen.“ Schon zwei Jahre später, zum Reichstag 1507, sollte Maximilian abermals zurückkehren. Diesmal residierte er im Haus Heimbach an der Herzogstraße, Ecke Glockengasse. Damit er täglich trockenen Fußes und ohne seine wertvolle Kleidung schmutzig zu machen zur Messe gelangen konnte, baute ihm die Stadt eine Brücke von der Haustür über die verdreckte Straße zur gegenüberliegenden Kirche St. Kolumba.

Dass er nach Köln zurückzukehren gedachte, legt die kaiserliche Residenz nahe, die Maximilian schon 1504 in Auftrag gegeben und ab 1508 am Neumarkt 8–10 errichten ließ, ein über 60 Meter breiter dreiflügeliger Palast mit 28 Meter hohem Turm. Maximilian, der 1508 den deutschen Kaisertitel annahm, starb aber 1519, ohne hier übernachtet zu haben.

Anselm Weyer ist promovierter Germanist, schreibt Architekturführer und beschäftigt sich vielfältig mit der Kölner Stadtgeschichte.

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