Aus dem Rundschau-ArchivDie Kölner Schildergasse – wie sie entstanden ist

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  • Für die Serie „Fundstücke“ steigen wir hinab ins Archiv – und zeigen unsere Schätze.
Fundstücke Schildergasse Lichter der Großstadt (1)

Vor 30 Jahren gab es auf der Schil­der­gasse noch einen "Quel­le"-Shop und die Kauf­hal­le.

Nach dem Krieg herrschte in Deutschland die Auffassung, der Fußgänger brauche eine eigene Zone. Die Häuser und Geschäfte lagen in Trümmern, und was neben einem funktionierenden Straßensystem in der städtischen Infrastruktur fehlte, war eine Art moderne Marktstraße, eine Straße, die Vergnügen durch Konsum möglich macht. Die Treppenstraße in Kassel war 1953 der erste Versuch, Gemütlichkeit und Lebensqualität in die Ödnis des Wiederaufbaus zu bringen. Bänke, Brunnen und wuchtige Blumenrabatten sollten für Aufenthaltsqualität sorgen.

In Zeiten des florierenden Internethandels ist die Idee der Fußgängerzonen deutlich in Verruf geraten. In Kleinstädten mussten viele Händler bereits kapitulieren, zurück bleiben verwaiste Backsteintreppen und Kunden, die das Ende des Fachhandels beklagen. Triumph der Ödnis.

An Publikum mangelt es der Schildergasse eher selten. Sie ist 1966 eröffnet worden. Zu einer Zeit also, als die Idee der autogerechten Stadt die Gestaltungskonzepte prägte. Die Fußgänger sollten dem Autoverkehr möglichst nicht in die Quere kommen. Und die zentrale Einkaufsstraße bot all diese wunderbaren Angebote, die sich mit leuchtenden Buchstaben bewerben ließen. Die Kölner vertrauten dem Porzellan von "Holstein und Düren", die Damen stöberten im Modehaus "Hochgürtel" und im Seidenhaus "Schmitz". Heute klingen diese Namen wie angelaufenes Silber, wie Erinnerungen an eine lang vergangene, geordnete, ruhigere Zeit. An die alte Bundesrepublik.

Das Leben weicht aus den Innenstädten

Das Leben und die Kraft der Verführung weichen nach Geschäftsschluss recht abrupt aus den Innenstädten. Dann strahlen die Lichter der Großstadt fahl in die Nacht. Das war schon früher so. In der 80er Jahren, wie auf unserem Archivbild zu sehen, war das Versandhaus "Quelle" noch eine echte Marke. Und diese war so stark, dass sie zum Verkauf per Katalog noch selbstverständlich eine Ladenfiliale an bester Stelle gehörte. Beides Geschichte. Ebenso wie die Kino-Center und die "City-Passagen", die wie selbstverständlich neben Tchibo-Filialen und Kaufhäusern in die Fußgängerzonen eingebettet wurden. Zu sehen war im Jahr 1984: "James Bond. Der Spion, der mich liebte".

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Heute florieren die Geschäfte noch immer, geklagt wird schon mal über die hohe Zahl an Filialisten. Die Schildergasse hat aber nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. Sie ist nicht schön, aber sie gehört zu den am höchsten frequentierten Einkaufsstraßen des Landes. In Ruhe zu verweilen, bleibt in der Regel ein frommer Wunsch. Aber die Fußgänger, sie brauchen ihre Zone wohl doch.

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