Serie „Fundstücke“Früher wurden Koffer noch geschleppt – heute kaum noch ohne Rollen

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Am Reisefieber junger Menschen in den Sommerferien hat sich über die Jahrzehnte nichts geändert, beim Reisegepäck dagegen ist nichts mehr wie es einmal war.

Am Reisefieber junger Menschen in den Sommerferien hat sich über die Jahrzehnte nichts geändert, beim Reisegepäck dagegen ist nichts mehr wie es einmal war.

  • Für unsere Serie „Fundstücke“ steigen wir hinab in unser Foto-Archiv im Keller und greifen willkürlich Bilder heraus.
  • Diana Haß ist dabei auf altertümliche reisebehältnisse gestoßen

Kunstleder. Dickbäuchig. Bis zum Anschlag vollgestopft. Die hellbraune, nicht eben attraktive, Farbe hat fast jeder noch vor Augen. Rollen? Fehlanzeige! Auch nicht beim schicken Hartschalenkoffer oder dem Sammelsurium unförmiger Reisetaschen. Das Reisen Anfang der 1980er Jahre hatte seinen eigenen Stil. Man trug und schleppte. Das zeigt auch das Rundschau-Foto vom Hauptbahnhof zur Hauptreisezeit.

Ohne Rollen gibt es nichts mehr im Laden

Erst 1987 soll ein amerikanischer Pilot namens Robert Plaths den Rollkoffer erfunden haben. Mit rasantem Erfolg. Inzwischen sind die Rollen unterm Gepäck nicht mehr wegzudenken. „Haben Sie Koffer ohne Rollen?“ Die Nachfrage bei Lederwaren Voegels, seit 1923 in Köln Spezialist für Lederwaren aller Art, stößt auf Achselzucken. „Mindestens seitdem ich 1992 ins Unternehmen gekommen bin, führen wir keine Koffer ohne Rollen mehr“, sagt Geschäftsführer Martin Voegels. Der Mann weiß alles über Koffer und Co.. Er führt das Geschäft in der Ludwigstraße in dritter Generation.

Den Hartschalenkoffer in der Mitte des Fotos identifiziert Voegels als ein Modell des weltweiten Marktführers Samsonite. „Ich schätze, der ist aus der Serie Silhouette.“ Mit solchen und ähnlichen Hartschalenkoffern kamen Kunden in der „Übergangszeit“ vom „Schlepp- zum Rollzeitalter“in sein Geschäft. Sie wollten sich Rollen unter ihren teuren Koffer montieren lassen. Ging nicht. Also musste ein neuer her.

„Koffer können ein Statussymbol sein“

Das ist seitdem so geblieben. Wer up to date sein will, passt sein Gepäck dem Zeitgeist an. Längst sind – außer bei Boardcases – vier statt zwei Rollen „state of the art“. Das sollte wissen, wer in sein möchte. „Koffer können durchaus ein Statussymbol sein“, weiß Voegels. Wer heute trendy sein möchte, sollte auf jeden Fall einen Hartschalenkoffer wählen. „Da fangen die Preise bei 100 Euro an. Generell gilt, je leichter desto teurer.“ Nach oben gibt es kaum Grenzen.

Rimowa repariert noch immer alte Koffer

Farblich liegen gedeckte Töne wie Schlamm, Grün oder Grau im Trend. „Wer nicht auffallen will, nimmt Schwarz. Wer sich jung fühlt, kann auch lustige Motive wie Mickey Mouse wählen.“ Vorteil: So ein Koffer ist auf dem Gepäckband schnell identifiziert. Ebenfalls im Trend liegen Boardcases mit integrierter Powerbank. Schließlich hat heute jeder – anders als die Jugendlichen auf dem Foto – sein Smartphone dabei. Auch jene, die immer noch auf den Koffer ohne Rollen schwören.

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Die gibt es nämlich auch. Es sind diejenigen, die einen Ur-Kölner Koffer ihr eigen nennen. Vom klassischen Rimowa-Koffer aus Aluminium, produziert in der Domstadt, trennt sich der wahre Freund nicht. „Die Fans der Klassiker würden die Koffer für kein Geld der Welt hergeben. Die alten Rimowa-Koffer sind oft voller Aufkleber und zeigen, dass man die halbe Welt bereist hat.“ Das Schöne: Rimowa in Ossendorf repariert die alten Schätzchen bis heute. Und montiert garantiert keine Rollen.

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