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Kölner Lichter trotz Klimanotstand?Wie das Feuerwerk die CO2-Werte beeinflusst

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Blaue Feuerwerkswellen schießt Georg Alef heute Nacht von der Bordwand aus ab. Fächerartig werden sie sich ausbreiten.

Blaue Feuerwerkswellen schießt Georg Alef heute Nacht von der Bordwand aus ab. Fächerartig werden sie sich ausbreiten.

Köln – Einen Tag vor den Kölner Lichtern zündet das Kölner Stadtmarketing einen Querschläger: Der Vorstandsvorsitzende der Werbevereinigung, Helmut Schmidt, stellt in Frage, ob eine Veranstaltung mit Feuerwerk noch zeitgemäß ist. Die „Kölner Lichter“, mit denen der Leverkusener Veranstalter Werner Nolden jährlich 400 000 Menschen an das Rheinufer und Hunderttausende vor die Fernseher zieht, bestehen sogar aus mehreren Feuerwerken.

Lasertechnik statt Feuerwerk

Schmidt verweist auf den „Klimanotstand“, den der Stadtrat ausgerufen hat, und regt an, statt Feuerwerk „Licht- und Lasertechnik“ einzusetzen. Schmidt spricht von „Signalen der Industrie“, die „entsprechende Beleuchtungskonzepte“ auch in Köln umzusetzen bereit sei. Die TH Architektur könne einer von vielen möglichen Partnern sein, merkte Schmidt an und wies darauf hin, dass die Lichterinszenierung am Dom zur Messe Photokina auch Gäste aus mehr als 100 Kilometern Entfernung angezogen habe.

Offenbach aus Feuer

60 Funkmodule steuern heute ab 23.30 Uhr den Abschuss von fast 4000 Effekten beim Höhenfeuerwerk der Kölner Lichter, bei dem die Rundschau Medienpartner ist. Das Porträt des 1819 in Köln geborenen Komponisten Jacques Offenbach zeigt mit gleißenden Flammen aus Nitrozellulose, sieben Meter hoch, wer die schönsten Musikstücke dazu komponierte.

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Barcarole ist ein Stück, das viele als Musik aus dem Film „Das Leben ist schön“ im Ohr haben. Blaue Feuerwerkswellen rollen zur Instrumentalfassung über den Rhein, darüber tanzen im Takt Ghost shells, ineinander verschlungene Ringe, die sich drehen und die Farbe wechseln – von Violett zu Brokatsilber und von Rot zu Blau.

Can can steckt in mehreren Overturen von Offenbach und kommt mehrmals vor. Furios wird der in Weiß gehaltene Höllengallopp zum Schluss. Millisekunden genau abgefeuerte Garben von 40 bis 50 Sternen schießen dabei über den Rhein zwischen Tanzbrunnen und Bastei, wo das Feuerwerksschiff liegt.

Die Sonne wird 16 Mal an der Reling aufgehen. „Achtmal hätte auch gereicht. Die kostet 55 Euro“, grummelte Alef, aber sein 50-köpfiges Team wollte nicht geizen. Jede Sonne steckt auf einem Feuerrad am Ende eines beweglichen Holzgestells und ist mit drei Schweizer Vulkanhüten zu je 600 Gramm Sprengstoff hinterlegt. Ganz neu: Windbells. Das sind 125er Bomben in Rot und Blau, von denen 32 gleichzeitig zünden.

Und nächstes Jahr? Alef: „Als Hinweis gibt es zum Schluss ein Tier zu sehen. Mehr verrate ich nicht.“ (mfr)

Als Werner Nolden von der Rundschau von dem Schreiben erfuhr, schüttelte er lange den Kopf: „Den Leuten fehlt definitiv Information zum Feuerwerk.“ Schon seit 14 Tagen habe er wegen der Feinstaubdiskussion eine „Zugluft der Entrüstung“ gespürt – noch ohne konkrete Kritik. „Manche sprechen in dem Zusammenhang von Volksverblödung, und das ist es auch“, sagte Nolden.

Viel Feinstaub, dafür wenig CO2-Ausstoß

Die Feuerwerker der Firma Weco, die seit Anbeginn die Kölner Lichter konzipieren, haben nachgerechnet: 1070 Kilogramm Nettoexplosionsstoff stecken in der diesmal 4,7 Tonnen schweren Feuerwerksladung für das musiksynchrone Hauptfeuerwerk. „Das führt zu 42 Kilogramm CO2 und 1,2 Kilogramm Feinstaubpartikeln mit einer Größe von PM10 und kleiner“, sagte Chef-Feuerwerker Georg Alef. „Laut Umweltdezernat werden in Köln aber täglich 6489 Tonnen CO2 frei“, hält Nolden dagegen.

Kölner Lichter in zwei Jahren plastikfrei?

Er will mit Umweltdezernent Harald Rau darüber sprechen. „Ich habe schon einen Termin, denn ich will in zwei Jahren die Kölner Lichter plastikfrei machen. Das erfordert Infrastruktur für Strom, Wasser und Abwasser, weil jeder Imbiss eine Spülmaschine braucht. Es wird ein langer Weg, kann aber Hunderte Tonnen Müll sparen.“

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