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Kölner Serie „Läden mit Geschichte“Besteckhaus Glaub sucht einen Nachfolger

Lesezeit 3 Minuten
Stunden über Stunden poliert Hermann Freiß das Silberbesteck.

Stunden über Stunden poliert Hermann Freiß das Silberbesteck.

  • In einer Serie stellt die Rundschau kleine Läden mit langer Geschichte in Köln vor.
  • Heute: Das Besteckhaus Glaub, das schon seit 69 Jahren existiert und nun einen Nachfolger sucht.

Köln – Tafellöffel, Kaffeelöffel, Teelöffel, Kompottlöffel, Tassenlöffel, Mokkalöffel... Löffel ist ganz offensichtlich nicht gleich Löffel. Wie soll man sich da zurechtfinden? Für Hermann Freiß ist das überhaupt kein Problem. Der Inhaber vom Besteckhaus Glaub steht in seinem Geschäft neben Vitrinen, Schubladen, Kästchen. Sie sind gefüllt mit Besteck, das in renommierten Manufakturen hergestellt wurde. Über Besteck weiß Hermann Freiß (67) einfach – alles.

Mit einem Modell erklärt er, wie ein Löffel entsteht: Eine Blechtafel wird zuerst in Streifen geschnitten, dann in mehreren Arbeitsschritten dünner und breiter gewalzt, anschließend wird die Löffelform ausgestanzt und zwischen einem Unter- und Oberwerkzeug in Form gebracht. Einen Qualitätslöffel erkennt man zum Beispiel am schmalen Rand der Löffellaffe. „Sonst schiebt man die Suppe ja nur vor sich her“, sagt Hermann Freiß. Gutes Besteck hat seinen Preis. Ein vierteiliges, dezent verziertes Set mit Messer, Gabel und zwei Löffeln im eigenen grünen Samtkästchen eines namhaften Herstellers kostet zum Beispiel 200 Euro, ein anderes sogar 414 Euro. „Unsere Stärke sind Manufaktur-Bestecke, die heute in Kleinstmengen hergestellt oder kundenspezifisch produziert werden“, erklärt der Inhaber.

Seit mehr als 20 Jahren führt er den Laden, bis vor einigen Monaten gemeinsam mit Anita Magret Glaub. Die Witwe des Firmengründers Bodo Glaub starb im vergangenen September nach einer langen Krankheit. Alleine möchte Hermann Freiß nicht mehr weitermachen: „Vielleicht, wenn ich 15 Jahre jünger wäre.“ Er sucht jemanden, der das Geschäft übernimmt.

In einem Schaufenster verkündet eine Holztafel „60 Jahre Besteckhaus Glaub“. In diesem Jahr werden es schon 69 Jahre. 1950 hat Bodo Glaub das Geschäft gegründet, 1958 zog es an den jetzigen Standort an der Komödienstraße um. Einige Schwarz-weiß-Fotografieren dokumentieren die Ereignisse im Eröffnungsjahr. Die Männer, die vor dem Geschäft im Schneematsch flanieren, tragen Hüte und lange Mäntel. Ein Wachmann steht vor der Tür und über den hell erleuchteten Schaufenstern wehen Fahnen. Die Inneneinrichtung ist seitdem kaum verändert. Die unzähligen Bestecke, die über die Nussbaum-Theken und Glasplatten gegangen sind, haben ihre Spuren hinterlassen, aber den Charme des Geschäftes nicht beschädigt.

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Wenn Hermann Freiß Zeit hat, poliert er das Silber. „Es reagiert mit Schwefel, das bei fossilen Brennvorgängen freigesetzt wird“, erklärt der Fachmann. Die Autos, die draußen vorbeifahren, sorgen also beständig dafür, dass das Besteck in den Schaufenstern anläuft: „Wenn man hinten fertig ist, fängt man vorne wieder an.“ Gerade ist ein Pastetenheber dran: „Den kennt man auch nicht mehr.“ Bei Glaub gibt es sogar Kaviarspachtel und Hummerstäbe (für 29,90 Euro) oder Schneckenzangen (für 81 Euro). Aber auch Alltägliches, wie Tortengabeln mit einem breiteren und zugespitzen Zinken – übrigens ein typisch deutsches Produkt: „Damit lässt sich ein Mürbeteigboden gut zerteilen“, sagt Hermann Freiß.

Ist die Tischkultur in dieser Zeit am Ende? Es gibt Hoffnung. Das Fachgeschäft hat den „Glaub-Löffel“ erfunden, als kleines Geschenk für Kinder, die in den Laden kommen. Sie durften wählen zwischen verschiedenen Motiven. Keine Comic-Figuren, keine Superhelden, keine Einhörner: Die meisten suchten den zeitlos-schlichten Löffel mit einem kleinen Delfin aus.

Besteckhaus Glaub, Komödienstr. 107-113, Telefon 0221/13 41 36, geöffnet mittwochs bis freitags 11 bis 18 Uhr, samstags 11 bis 15 Uhr.

www.besteckhaus-glaub.com

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