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Kommunalwahl in KölnNur Volt kann Grünen die Stirn bieten

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Eine Wählerin gibt im Wahllokal ihre Stimme ab. (Symbolbild)

Köln – Was den Grünen bei dieser Wahl gelungen ist, das dürfte der Traum eines jeden Wahlkampfmanagers sein. Nicht nur, dass die Öko-Partei massiv den Volksparteien Wähler abgeworben hat, sie hat es auch noch geschafft, in beachtlichem Umfang Nichtwähler zu mobilisieren. Da ließe es sich doch sorgenfrei in die Zukunft gucken, wüchse nicht etwas an der Seite der Grünen heran, was ihnen auf lange Sicht vielleicht gefährlich werden könnte.

Am stärksten zur Ader gelassen haben die Grünen die Sozialdemokraten. 23 800 Wähler, die bei der Kommunalwahl 2014 noch ihr Kreuz bei der SPD machten, haben sich nun auf die Seite der Grünen geschlagen. Ein gewaltiger Strom. Umgekehrt machten nur 600 ehemalige Grünen-Wähler nun ihr Kreuz bei der SPD. Danach kommt lange nichts – und dann erst die CDU mit 13 400 Abwanderungen ins Grüne. Gerade mal 500 Wähler, die einst die Grünen wählten, wechselten zur CDU.

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Die Abwanderungen stellen nahezu eine Einbahnstraße da. Nach der Wahl in 2014 haben sich CDU und Grüne umarmt und sind schließlich ein Bündnis im Stadtrat eingegangen. Nun zeigt sich, diese Umarmung hat der CDU die Luft abgedrückt. Aderlass auch bei Linken und FDP. Doch deren Werte sind nichts im Vergleich zu den Nichtwählern. 15 900 Wahlberechtigte konnte die Ökopartei zum Urnengang motivieren, die 2014 lieber zuhause geblieben waren und auf ihr Stimmrecht verzichteten.

Alles zum Thema Henriette Reker

Kleine Stromstöße

„Da wächst etwas heran, womit sich die Grünen beschäftigen müssen“, sagt Jacqueline Berg, Wahlanalystin in der Kölner Stadtverwaltung. Wen sie meint: Die Partei Volt, die erstmals in der Domstadt antrat und aus dem Stand auf fünf Prozent hoch sprang – und das bei nahezu selber Themengewichtung wie bei den Grünen. So ein Einstiegserfolg ist in Köln äußerst selten. Zudem: In den Wahlbezirken, in denen die Grünen stark sind, ist es auch Volt. In Summe nahm Volt so dem großen Bruder 11 600 Stimmen ab. Das werden die Grünen im Blick haben, wenn es nun darum geht, ein neues Bündnis zu schmieden. Die Umarmung mit Volt könnte den Grünen an Luft nehmen. In einem Bündnis mit Volt bestünde die Gefahr, dass die Grünen ihre Konkurrenz stärken.

Schweigen über OB-Wahl

Bis zur letzten Sekunde wurden die Juristen befragt. Schließlich stand fest, eine detaillierte Analyse zur Oberbürgermeisterwahl gibt es von Seiten der Stadtverwaltung besser nicht. Denn Henriette Reker (parteilos) und Andreas Kossiski (SPD) müssen in die Stichwahl. „Und die könnte beeinflusst werden beispielsweise von Aussagen zu Wählerwanderungen bei den OB-Stimmen “, sagt Stadtsprecherin Inge Schürmann. Die Stadtverwaltung liefe Gefahr, ihr Neutralitätsgebot zu verletzen. Nur so viel: Mit ihrem Wahlergebnis von 45,1 Prozent aller abgegebenen Stimmen erreichte Reker gerade mal 22,8 Prozent aller wahlberechtigten Kölner. Der Stimmenanteil von 26,8 Prozent für Kossiski entspricht 13,6 Prozent aller Wahlberechtigten in der Domstadt.

Trügerischer Erfolg

Die Beteiligung ist bei der ersten Wahl in der Corona-Krise wieder gestiegen. Den Bürgern sei die Bedeutung der Demokratie bewusst, schloss daraus unter anderem NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Das mag stimmen, aber nur auf kurze Sicht. Auf lange Sicht zeichnet die Kurve der Wahlbeteiligung seit Gründung der Bundesrepublik auch in Köln einen Abwärtstrend nach. Einzig das bisher absolute Tief von 1999 wurde nicht nochmals unterschritten (45,8 Prozent). Von 1999 an steigt die Kurve wieder leicht. In diesem Trend ist die aktuelle Wahl zu sehen. Um rund 70 Prozent ist hingegen die Briefwahl per postalischer Zustellung gestiegen.

Ein Wählergefälle

Es ist eine traurige Tradition: Bei der Wahlbeteiligung ist Chorweiler das absolute Schlusslicht mit rund 22 Prozent. In Klettenberg, Sülz und Lindenthal lag sie über 65 Prozent. Um mehr als fünf Prozent ist die Wahlbeteiligung in Fühlingen, Immendorf und Langel im Vergleich zu der Wahl in 2014 angestiegen. Rückgänge von mehr als zwei Prozent gab es hingegen in Neubrück, Vingst, Marienburg, Urbach, Finkenberg und Meschenich.

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