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Kostensteigerung Jüdisches MuseumDer Miqua in Köln steht der nächste Rückschlag bevor

Lesezeit 4 Minuten
miqua

  • Fest steht: Die Eröffnung des Jüdischen Museums verschiebt sich.
  • Die Kosten sollen weiter steigen, bei 77 Millionen Euro wird es wohl nicht bleiben.
  • Ein neuer Terminplan soll nun im Herbst vorgelegt werden.
  • Die Rundschau fasst die aktuellen Entwicklungen und Hintergründe zusammen.

Köln – Der Neubau des Jüdischen Museums im Archäologischen Quartier („Miqua“) ist eine Geschichte voller Verzögerungen und Kostensteigerungen – und nach Rundschau-Informationen steht der nächste Rückschlag unmittelbar bevor. Noch soll das Museum 77 Millionen Euro kosten, Ende 2020 fertig sein und nach einem sechsmonatigen Testbetrieb 2021 eröffnen. Die Stadt Köln baut es, finanziell unterstützt vom Land NRW, der Landschaftsverband Rheinland (LVR) betreibt das „Miqua“ nach der Eröffnung.

Doch die Zahlen sind überholt, weil der Neubau vor dem Historischen Rathaus mit etlichen Problemen zu kämpfen hat, unter anderem bei der Verlegung von Leitungen oder der Kampfmittelsondierung. Durch die Verzögerungen sind die Baufirmen nicht mehr an die vereinbarten Termine gebunden, die Stadt muss nachverhandeln. Das wird Zeit und Geld kosten, wie viel genau ist noch unklar.

Kostenprognose im Herbst

Ein Stadtsprecher sagte der Rundschau: „Die Verwaltung ist derzeit in Verhandlungen mit den beteiligten Baufirmen. Eine aktualisierte Kostenprognose und ein neuer Terminplan werden wahrscheinlich im Herbst 2019 vorgelegt.“ Kommenden Dienstag will die Verwaltung den Unterausschuss Kulturbauten des Stadtrats informieren.

Alles zum Thema Henriette Reker

In dem oberirdischen Neubau wird später die Jüdische Geschichte in Köln präsentiert, unter der Erde werden auf einem 600 Meter langen Rundgang 2000 Jahre Köln gezeigt – ab wann ist seit Dienstag wieder offen. Jürgen Wilhelm (SPD), stellvertretender Vorsitzender LVR-Landschaftsversammlung, hatte im Juni 2018 zum Eröffnungstermin gesagt: „Mögen die Götter helfen.“ Die Landschaftsversammlung ist das politische Organ des LVR.

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Die erneute Verschiebung dürfte das Verhältnis zwischen LVR und Stadt nicht verbessern, schon in der Vergangenheit hat es ab und an ziemlich gekracht. Auf der einen Seite steht die Stadt, die vor ihrem Rathaus in einen schwierigen Baugrund ein neues Museum baut und fortlaufend Verzögerungen produziert. Und auf der anderen Seite steht der Landschaftsverband, der immer länger auf die Eröffnung warten muss, ungeduldig wird.

Mittlerweile ist zumindest die ursprüngliche Vereinbarung beider Parteien aus dem Jahr 2013 überarbeitet (siehe Info-Kasten). Sie sah vor, dass der LVR den Nutzungsvertrag kündigen kann, wenn das Museum nicht zum 1. Januar 2019 fertig gestellt ist – was sich sehr früh abzeichnete. Nach den Anschlägen auf das Jüdische Museum in Brüssel im Jahr 2014 war klar, dass es eine Sicherheitsschleuse wie am Flughafen braucht. Ein Eingang fiel weg, wie zuvor schon Shop und viel Fläche.

Die Chronik des „Miqua“

2007: Ausgrabungen der Archäologischen Zone beginnen.

2. Juli 2009: Förderverein kann Bau und Betrieb nicht finanzieren. Die Stadt übernimmt.

13. April 2010: Rat nickt Baukosten von 48 Millionen Euro ab.

14. Juli 2011: Detaillierte Planung, höhere Kosten: 51,8 Millionen Euro sind es, 25,4 Millionen soll die Stadt zahlen.

18. Juli 2013: Ein neuer Partner als Betreiber kommt: Stadt und Landschaftsverband Rheinland (LVR) unterzeichnen Vereinbarung inklusive einer Übergabe zum 1. Januar 2019, sonst kann der LVR kündigen.

10. Juni 2015: Bürgerbegehren gegen Museumsneubau scheitert vor Gericht endgültig.

19. Juni 2015: Die Kostenprognose steigt auf 61,5 Millionen Euro.

2. Juni 2017: Nun sind es 77 Millionen Euro, Eröffnung: 2021.

28. Juni 2018: Der Grundstein wird gelegt.

20.März 2019: Eine neue Vereinbarung soll die alte ersetzen, der LVR hat sie beschlossen, der Stadtrat noch nicht. (mhe)

Für die Stadt entwickelte sich diese Klausel zum Nachteil, weil der LVR die bessere Position beim Nachverhandeln hatte, unter anderem in der Frage, wer die gestiegenen Sicherheitskosten zahlt Der neue Entwurf sieht eine Halbe-Halbe-Regelung vor, die Fertigstellung ist darin „zum 31.12.2020 geplant“. Es sieht so aus, als ob die neue Vereinbarung schon überholt ist, bevor sie politisch verabschiedet worden ist. Laut Museumsdirektor Thomas Otten haben die politischen Vertreter des LVR den Vertrag abgenickt – der Kölner Stadtrat hat den Entwurf im April aber zurückgestellt. Solange das Gremium nicht sein Okay gibt, können Oberbürgermeisterin Henriette Reker und LVR-Direktorin Ulrike Lubek das Werk nicht unterzeichnen. Manch einer im Rathaus fragt sich auch, warum die Stadt das viele Geld ausgibt – letztlich der LVR aber das eigentlich Reizvolle, den Betrieb, übernimmt.

Otten war kurzfristig am Dienstagabend für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, er hatte vorige Woche bei der Rundschau-Reihe „Kultur kontrovers“ angesichts der vielen Probleme gesagt: „Wir haben eine Menge Rückstand, den wir aufholen müssen, das geht aber erst, wenn das Museum öffnet.“ Es sieht so aus , als ob der Rückstand immer größer wird.

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