Kritik an langem Weg in die StadtOrdnungsdienst soll in ehemalige RTL-Zentrale ziehen

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Kontrollen in der Stadt wie hier zum Corona-Kontaktverbot nehmen Ordnungsbeamte vor.

Kontrollen in der Stadt wie hier zum Corona-Kontaktverbot nehmen Ordnungsbeamte vor.

Köln – Der gesamte Ordnungsdienst der Stadt Köln soll im nächsten Jahr sein bisheriges Quartier im Stadthaus Deutz verlassen und mit 177 Mitarbeitern und rund 50 Fahrzeugen in das ehemalige Verwaltungsgebäude von RTL an der Aachener Straße 1042 in Junkersdorf umziehen. Das bestätigte die Stadt auf Anfrage. Nach Rundschau-Informationen ist der Mietvertrag bereits unterschrieben. Aktuell verhandelt die Stadt noch mit dem Besitzer, der GS Immobiliengruppe, über erforderliche Umbauten, etwa für den Aufbau der Leitstelle.

„Längere Wege bedeuten mehr Verkehr und Emissionen“

Der von Stadtdirektor Stephan Keller forcierte Plan ist vielen Ratspolitikern bisher nicht mal bekannt. Nur auf eine Nachfrage hin hatte die Stadtverwaltung einige Fachpolitiker im Verwaltungsausschuss des Rates mündlich informiert, dass ein Umzug bevorstehe. Doch das Vorhaben stößt im Rathaus auf Kritik. Es wird befürchtet, dass die Verlagerung an den westlichen Stadtrand und die damit verbundenen längeren Anfahrtswege zu einer geringeren Präsenz des Ordnungsdienstes in den Bezirken führen werden, vor allem im Rechtsrheinischen.

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„Wenn es so kommen sollte, wäre das keine gute Nachricht für Porz“, sagt der Porzer Bezirksbürgermeister Henk van Benthem (CDU). „Es geht um die Sicherheit der Bürger. Der Ordnungsdienst ist gefragter denn je, da sind weite Anfahrtswege über die Rheinbrücken kontraproduktiv.“ Die Bezirke mit ihren mehr als 100 000 Einwohnern seien praktisch wie Großstädte. „Wir brauchen Einsatzkräfte, die vor Ort sind.“

Da die Anfahrt der Ordnungsdienstmitarbeiter zum Einsatzort Arbeitszeit ist, gehen die Fahrzeiten für die eigentlichen Dienstaufgaben verloren. Übers Jahr gerechnet, verliere der Ordnungsdienst dadurch Tausende Stunden Präsenz vor Ort, monieren Kritiker. Hinzu komme, dass die Stadt bei kurzfristigen Notlagen wie Evakuierungen wegen Bombenentschärfungen künftig nur noch wesentlich langsamer agieren könne als bisher. Vor allem, wenn die Mitarbeiter zu Stoßzeiten im Berufsverkehr über die verstopfte Aachener Straße zum Einsatzort gelangen sollen.

„Den Ordnungsdienst komplett am westlichen Stadtrand zu zentralisieren, ist ein großer Fehler. Den Schaden haben die Menschen in Mülheim, Kalk und Porz, die von der Stadt ohnehin oft stiefmütterlich behandelt werden“, sagt SPD-Fraktionschef Christian Joisten. Zwar sei es legitim, wenn die Stadtverwaltung im Rahmen des laufenden Geschäfts neue Immobilien anmiete. „Aber bei der Brisanz dieses Themas hätten wir eine Beteiligung der Politik erwartet. Eine Komplettverlagerung nach Junkersdorf darf nicht das letzte Wort sein. Wir fänden es viel sinnvoller, den Ordnungsdienst direkt in den Bezirken anzusiedeln. Zumindest müsste es einen Standort im Rechtsrheinischen geben, um kurze Wege in die dortigen Bezirke sicherzustellen.“

„Wie passt das zum Klimanotstand?“

Manfred Richter (Grüne) sagt: „Ich bin sehr irritiert darüber, dass die Politik in eine so große Veränderung nicht angemessen eingebunden wurde.“ Seine Fraktionskollegin Birgitt Killersreiter wird deutlicher: „Wie passt das mit dem Ratsbeschluss zum Klimanotstand zusammen, wenn man die Anfahrtswege deutlich verlängert? Das bedeutet mehr Verkehr und damit mehr Emissionen. Warum macht man nicht zwei Standorte auf beiden Seiten des Rheins?“

Die Stadt erklärte, der Umzug an die der Aachener Straße sei Teil des Reformprojektes „Zielbild 2020“ zur Stärkung des Ordnungsdienstes. „An diesem Standort wird es möglich sein, Räumlichkeiten für das Einsatz- und Lagetraining, Schulungsräume und ausreichend Umkleiden und Duschen zu schaffen.“

Im Stadthaus Deutz gibt es dafür nicht genug Räume. Der Personalrat verweigerte zeitweise sogar die Einstellung neuer Mitarbeiter, weil es an Umkleiden und Duschen fehlte. Der Ordnungsdienst verfügt über 234,5 Stellen, von denen nur 177 besetzt sind (20 im Innendienst). 2019 wollte die Stadt die Behörde in die frühere Deutschland-Zentrale von Citroёn an der Kölner Straße in Porz-Westhoven verlagern. Das scheiterte aber am Widerstand des Personalrats, der unter anderem die fehlende Bahnanbindung kritisierte.

Nun soll es Junkersdorf werden. Im größtenteils leerstehenden ehemaligen Büro-, Studio- und Rechenzentrum von RTL realisiert die GS Immobiliengruppe für einen zweistelligen Millionenbetrag ein „vielseitiges Gebäudekonzept“ mit 20 000 Quadratmetern Gewerbeflächen, 10 000 Quadratmetern Büros und 700 Tiefgaragenplätzen. Die Höhe der Miete ist nicht bekannt, nur so viel ist klar: Für das unter dem Label „Zehn-Vier-Zwei“ vermarktete Objekt „in bester Kölner West-Lage“ erwartet die GS-Gruppe, die das Gebäude selbst bewirtschaften will, attraktive Renditen.

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