Kultur, Bildung und GastroKölner Stadtentwickler will leerstehende Häuser nutzen

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Vor dem Wandel: Werden Einkaufsmeilen wie die Hohe Straße bald nicht  mehr  größtenteils vom Handel genutzt?

  • Niklas Kienitz von der CDU ist Chef des Kölner Stadtentwicklungsausschusses.
  • Im Interview mit Matthias Hendorf spricht er über Prioritäten der wachsenden Stadt, monotone Architektur und neue Hochhäuser.

Köln – Herr Kienitz, was muss die Stadtentwicklung der nächsten zehn Jahre in Köln leisten?

Die große Herausforderung wird sein, die verschiedenen Bedürfnisse zu versöhnen, also Wohnen, Gewerbe, Verkehrsinfrastruktur, Bildungseinrichtungen, Nahversorgung, Freizeit und Grünflächen.

Ist das möglich oder besteht dabei nicht die Gefahr, es allen recht machen zu wollen?

Ich glaube, das geht nur so. Natürlich müssen Prioritäten gesetzt werden, aber das alles lässt sich heute gut miteinander verknüpfen. Der neue Stadtteil Kreuzfeld im Kölner Norden könnte dafür ein positives Beispiel werden. Außerdem ist es doch gut, dass Köln attraktiv ist und die Leute anzieht.

Der Wohnungsbedarf ist seit Jahren da, die Stadt wächst immer weiter. Die politische Beratung sowie die Arbeit der Verwaltung im Zusammenspiel mit den Investoren halten mit dem Tempo der Entwicklung nicht mit.

Ja, weil man vor Jahren den Fehler gemacht hat, das Personal in der öffentlichen Verwaltung abzubauen, weil man gedacht hat, dass Köln nicht mehr wächst. Bis dieser Tanker wieder beschleunigt, dauert es seine Zeit. Und ja, wir müssen schneller werden, unter anderem beim Ausweisen von neuem Bauland. Trotzdem sind ja auch einige große Vorhaben wie der Umbau des Deutzer Hafens, des Mülheimer Hafens, der Parkstadt Süd oder Rondorf Nord-West in der Pipeline.

Zur Person

Niklas Kienitz, 44, ist Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses. Er sitzt seit 2014 im Stadtrat und ist Geschäftsführer der CDU-Fraktion. (mhe)

Mittlerweile gibt es viele Instrumente, die die Stadt nutzt, um den Wohnungsbau zu steuern, etwa die Milieuschutzsatzung oder das Kooperative Baulandmodell, um mehr günstige Wohnungen für Menschen mit Wohnberechtigungsschein zu bauen. Halten Sie diese Instrumente für sinnvoll?

Durchaus, allerdings nur in dem Maße, wie wir es machen. Weitere Milieuschutzsatzungen würde ich mit Vorsicht genießen, weil die gewünschten Effekte nicht wirklich nachzuweisen sind. Möglicherweise ist es besser, die personellen Ressourcen anders einzusetzen, um zum Beispiel das Problem der illegal vermieteten Ferienwohnungen noch stärker anzugehen oder um Baugenehmigungen zügiger zu bearbeiten.

Schon vor der Corona-Krise kämpfte der Einzelhandel mit vielen Problemen, Esprit beispielsweise hat im März seine Hauptfiliale auf der Kölner Schildergasse geschlossen, auch Kaufhof hat massive Probleme.

Wir müssen uns Gedanken darüber machen, ob man bestimmte leerstehende Gebäude nicht anders nutzen kann, beispielsweise als Bildungs- oder Kultureinrichtung oder für eine aufkeimende Renaissance von innerstädtischen Produktionsstandorten.

Hat die klassische Einkaufsstraße ausgedient und sollte sie breiter aufgestellt werden?

Das Geschäftsmodell Kaufhaus scheint sich überholt zu haben. Und in Köln ist die Innenstadt mit den großen Einkaufsstraßen bewohnt: Wenn wir die attraktiv halten wollen, geht das nur über den öffentlichen Raum und die Frage, wie bespielen wir die leerstehenden Immobilien. Kultur, Bildung, Gastronomie wären da denkbar. Das würde auch dem Handel wieder helfen. Aber dafür braucht es qualitativ hochwertige innerstädtische Plätze.

Woran denken Sie?

Beispielsweise an den Offenbachplatz vor der Oper. Als Gedankenspiel: Die Nord-Süd-Fahrt verschwindet im Tunnel, die Stadt kauft die Immobilie über der Nord-Süd-Fahrt mit dem „Liebe Deine Stadt“-Schriftzug, bricht das Haus ab und macht einen großen Durchbruch zur Schildergasse. Das wäre ein großer Wurf und eine Vision.

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Am Rudolfplatz wachsen zwei neue, massive Bürohäuser. Sie ähneln vielen anderen Neubauten der vergangenen Jahre. Haben Sie die Sorge, dass es in ein paar Jahren heißt: Das sieht doch alles gleich aus?

Ja.

Aber? Die Kölner Politik macht doch einen Teil der Jurys aus, die über die Gestaltung prominenter Gebäude berät.

Auf der politischen Seite findet gerade ein Umdenken statt, wir treten mittlerweile selbstbewusster gegenüber den Investoren auf. Das Problem ist: Die spätere Nutzung und der Grundriss bestimmen im Moment die Fassade und nicht andersherum. Das ist auch kostengetrieben, zum Beispiel wie viele Hotelzimmer bekommt ein Betreiber in ein Haus herein. Ich habe jetzt auch nicht sofort die Lösung, wie sich das ändern lässt. Aber natürlich fehlt uns in Köln an der einen oder anderen Stelle mal etwas Verrücktes, ein architektonisch außergewöhnlicher Bau, ein Leuchtturmprojekt wie die Kranhäuser.

Zuletzt gab es Pläne für ein neues, bis zu hundert Meter hohes Büro- und Hotelhochhaus am Friesenplatz, die Politik hat die Entscheidung aber vor der Sommerpause vertagt. Wie hoch soll in Köln gebaut werden?

Hundert Meter am Friesenplatz wären sicherlich grenzwertig gewesen, die kleinere Variante mit 66 Meter halte ich für machbar. Vielleicht wäre so etwas die gerade angesprochene Chance für ein architektonisches Highlight.

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