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Mit Nadja Becker durch Köln-Sülz„Das familiengeprägte Viertel ist perfekt für uns“

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Abstecher in die kleine Markthalle an der Berrenrather Straße.

  • Die Schauspielerin Nadja Becker war unter anderem in Stromberg, Tatort, Die Wanderhure und Vaterfreuden zu sehen.
  • Seit mehr als 20 Jahren wohnt sie in Köln, lebte in Nippes, Ehrenfeld, Lindenthal und am Rathenauplatz.
  • Mittlerweile ist sie in Sülz angekommen – und geht weitgehend unbekannt durchs Veedel. Wir haben mit ihr einen Spaziergang zu ihren Lieblingsorten gemacht.

Köln – „Ich wollte immer Schauspielerin werden, es war ein Traum, der zunächst unerreichbar schien, aber es hat letztendlich geklappt“, sagt Nadja Becker und rührt lächelnd in ihrem Cappuccino. Wir sind verabredet im „Chante Cocotte“, einem winzig kleinen französischen Café mitten in Sülz.

„Als ich auf der Schauspielschule war habe ich im Café Feynsinn am Rathenauplatz gekellnert, und genau dort hat mich der Regisseur der Serie Stromberg entdeckt. Ich durfte in der ersten Staffel ein paar Tage als Komparsin dabei sein, in der zweiten als Kleindarstellerin und in der dritten war ich als Schauspielerin dabei. Das war der Einstieg in meinen Traumberuf. Ich war anscheinend zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, sagt Nadja Becker, die unter anderem in der TV Comedy-Serie, Danni Lowinski die Bea spielte.

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Nadja Becker wohnt seit mehr als 20 Jahren in der Köln und kennt sich linksrheinisch und innerhalb des Gürtels bestens aus. „Ich habe am Rathenauplatz, in der Südstadt, in Nippes, in Ehrenfeld und in Lindenthal gewohnt. Jedes Veedel passte immer irgendwie zu meinem Leben. Zurzeit ist es Sülz – und da ich eine kleine Tochter habe, ist das familiengeprägte Viertel natürlich perfekt für uns.“

Nadja Becker: „Es passiert nichts, wie so häufig in Köln“

Wir verlassen den lauschigen Garten des „Chante Cocotte“ und starten einen Versuch, die Berrenrather Straße zu überqueren. Die Fußgängerampel will nicht auf grün springen und die vorbeirasenden Autos machen jede Unterhaltung zunichte. „Diese Straße ist ein Albtraum“, schimpft die Neu- Sülzerin, eine Schneise mitten durchs Veedel, mit viel Verkehr und noch mehr verpesteter Luft. Alle parkten in zweiter Reihe, die Bürgersteige seien supereng, so dass an manchen Stellen keine zwei Menschen aneinander vorbeigehen könnten. „Diese Straße könnte mit wenigen Mitteln aufgewertet werden: Weniger Autos, mehr Fahrräder und Fußgänger. Seit drei Jahren ist das Geld im Topf, um diesen Zustand zu ändern, aber es passiert nichts, wie so häufig in Köln. Einfach eine Katastrophe. Wo bleiben in Köln die Innovationen, in der Nachkriegszeit war Köln Kunstmetropole, das ist leider alles eingeschlafen.“

Zur Person

Nadja Becker wurde 1978 in Siegen geboren. Bis 2006 besuchte sie die Schauspielschule in Köln. Nach  ihrer Rolle in der ProSieben-Serie „Stromberg“, in der sie von 2004 bis 2006 zu sehen war, folgte 2007 das Kinodebüt  in der Komödie „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“. 

Bekannt wurde sie als  Darstellerin in der Trilogie „Die Wanderhure“ und in der Comedy-Serie „Danni Lowinski“. Aktuell ist sie in der für den Grimme-Preis nominierten Serie „Andere Eltern“ zu sehen. (swo)

Der Ärger ist verflogen, als wir den skandinavischen Kinderladen Jättefint in der Wichterichstraße erreichen. Da wird die Schauspielerin ganz schnell die Mutter.

Das Angebot ist sehr vielfältig – von Kleidung über Spielsachen bis hin zu Kindermöbeln. „Ich mag dieses klare skandinavische Design. Die Inhaberin kommt aus Finnland und hat einen guten Geschmack. Die haben Sachen, die alle Kinder lieben, weil sie so bunt sind.“

Becker wünscht sich Wasserspielplatz in Sülz

Dass Nadja Becker nach 20 Jahren Veedels-Hopping in Sülz wohnt, ist sicherlich kein Zufall. Sülz gilt als jung und familienfreundlich. Rund um die Sülzburgstraße wimmelt es von Eisdielen, Kindergärten, Spielplätzen, und der Beethovenpark ist fußläufig zu erreichen. „Wenn ich drehfrei habe, dann verbringe ich mit meiner Tochter manchmal bis zu vier Stunden auf einem Spielplatz. Leider sind viele ziemlich verwaist und ungepflegt. Was auch fehlt, vor allem an heißen Tagen, ist ein bisschen Wasser zum Planschen. Und da Sülz angeblich den Prenzlauer Berg als kinderreichstes Veedel Deutschlands abgelöst hat, wäre ein Wasserspielplatz eine perfekte städtische Investition.“

Was Nadja Becker besonders gut in Sülz gefällt, ist der nachbarschaftliche Zusammenhalt. Der Verein „Hinsundkunzt“ setzt sich beispielsweise viel für das Miteinander der Sülzer ein. Man könne dort alles tauschen und leihen: Möbel, Kinderspielzeug, Werkzeug, Gartenpflanzen.

Wir queren die Sülzburgstraße und stehen in der Buchhandlung von Esther Giese, seit 25 Jahren eine feste Institution vor Ort. Nadja Becker ist hier Stammkundin.

„Wenn man im Veedel lebt, sollte man die lokalen Geschäftsleute unbedingt unterstützen. Man wird bestens beraten und wenn man ein Buch bestellt, dann ist es am nächsten Tag schon da. Deshalb klicke ich nicht bei Amazon, sondern gehe in den Laden. Überhaupt sind die Wege in Sülz sehr kurz. Aus der Haustür links, um die Ecke, da ist die Kita, wieder um die Ecke ist der Supermarkt. Noch mal links sind der Spielplatz und die Eisdiele. Aber ich komme auch mal raus, bis zur Dürener oder zum Gottesweg“, erzählt sie und lacht. Spätestens jetzt verschmilzt die private Nadja Becker mit der Comedy-Schauspielerin, die aktuell in der Serie „Andere Eltern“ zu sehen ist und für den Grimme Preis nominiert wurde.

In Sülz bleibt Becker weitgehend unerkannt

Auf dem Weg zum Wochenmarkt am Auerbachplatz begegnen wir vielen Menschen, aber die Sülzer scheinen Nadja Becker nicht wirklich zu erkennen, obwohl sie in vielen beliebten Serien wie „Danni Lowinski“, „Wilsberg“ oder in der Komödie „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“ präsent war – und ist. Das nimmt Becker den Sülzern aber nicht übel: „Wir wohnen in einer Millionenstadt und nicht in Hintertupfing. Hier im Veedel laufen schon viele Künstler, Musiker und Schauspieler durch die Straßen. Ich habe auch ab und an Fan-Begegnungen, aber die sind sehr nett und unaufgeregt. Ich mag es weitgehend unerkannt durchs Veedel zu gehen.“

Auf dem Wochenmarkt angekommen, hat Nadja Becker ein Ziel: den Stand von Ahmad. „Der Schafskäse und das Tomaten-Pesto sind meine Favoriten, da läuft mir gleich das Wasser im Mund zusammen.“ Wenn die junge Mutter einen Babysitter findet oder ihre Mutter aushilft, dann geht sie mit Freundinnen gerne essen. Nadja Becker bezahlt, dreht sich dann mit ihrem Einkauf in der Hand um und verschwindet freudig und beschwingt im Marktgewusel. Was zurückbleibt ist eine Liebeserklärung an Sülz.

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