Managementkonzept für Kölner WeltkulturerbeEs fehlt ein Plan für den Dom

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Ein Blick auf die Domspitzen.

  • Seit 2005 fordert die Unesco einen schriftlichen Managementplan für den Kölner Dom.
  • Was läuft da schief? Und droht vielleicht sogar der Verlust des Status als Weltkulturerbe?
  • Wir haben nachgehakt.

Köln – „Natürlich wird der Dom gut gemanagt“, daran hat Dr. Birgitta Ringbeck, die für die Koordinierung des Weltkulturerbes beim Auswärtigen Amt der Bundesrepublik zuständig ist, keinen Zweifel. Aber, dass sie sich in diesem Punkt ganz sicher ist, reicht eben nicht. Sie muss es schriftlich haben. In Form eines Managementplans. So, wie ihn die Unesco seit 2005 fordert. Aber der Dom hat nicht geliefert. Jedenfalls nicht wie erwartet. Nun macht die Landesregierung Druck.

Aus einem Leitfaden der deutschen Unesco-Kommission geht hervor : „Mit der zum 1. Februar 2005 in Kraft getretenen neuen Fassung der ,Richtlinien für die Durchführung des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt’ ist ein Managementplan für eingetragene Welterbestätten zwingend erforderlich.“ Und: „Managementpläne sind das zentrale Planungsinstrument für den Schutz, die Nutzung, die Pflege und die erfolgreiche Weiterentwicklung von Welterbestätten.“ Das lässt keinen Spielraum. Schon gar keinen von 15 Jahren.

Dombaumeister arbeitet an Plan

Auch das Land hegt keinen Zweifel daran, dass es bestens steht um den Dom und seine Pflege. Dennoch, der Managementplan sei wichtig, sagt das Landesministerium für Heimat und Bau. „Deswegen haben wir im Februar 2020 Dombaumeister Peter Füssenich sowie die anderen beteiligten Akteure gebeten, mit den Arbeiten zur Erstellung des Managementplans zu beginnen“, so ein Sprecher.

Was läuft da schief? Die Nachfrage der Rundschau bei der Dombauhütte löst Stirnrunzeln aus. „Wir sind verwundert, dass es keinen Managementplan geben soll“, sagt der Sprecher Matthias Deml. Die damalige Dombaumeisterin Prof. Barbara Schock-Werner habe umgehend nach Inkrafttreten der Richtlinie ein Workshopverfahren eingeleitet, um einen solchen Managementplan zu erstellen. Der sei damals bei der Unesco eingereicht worden.

Warum das Gezerre?

Alles ein Missverständnis? Aus der Unesco ist zu erfahren, dass damals tatsächlich ein Bericht zum Weltkulturerbe Kölner Dom eingereicht wurde. Der habe durchaus Elemente eines Managementplans enthalten. „Aber er war nicht so umfänglich, dass er den Anforderungen eines Managementplans genügt hätte“, so eine Sprecherin.

Unesco-Welterbe

46 Unesco-Welterbestätten gibt es in Deutschland, der Aachener Dom war 1978 die erste. Er war eine der weltweit zwölf ersten Welterbestätten, mittlerweile sind es 1121 in 167 Ländern. Jedes Unesco-Mitgliedsland darf einen Vorschlag pro Jahr präsentieren. Der Kölner Dom wurde 1996 als Nummer 17 in Deutschland aufgenommen, weil er drei der zehn Kriterien erfüllt.

6,8 Millionen Euro beträgt das Jahresbudget des Doms. 150 000 Euro übernimmt davon die Stadt. 1,4 Millionen Euro kommen vom Erzbistum. 767 000 gibt das Land.

60 Prozent des Jahresbudgets übernimmt der Zentral-Dombau-Verein mit rund vier Millionen Euro. Der Löwenanteil. Das Geld stammt aus Spenden und Mitgliederbeiträgen. 2017 wurde die Rekordmitgliedzahl von 17 500 erreicht. Die restliche Summe kommt aus verschiedenen Fördertöpfen für Sonderprogramme.

2017 meldete sich Christoph Brumann, Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung, kritisch zu Wort. Denn: „Es gibt schon lange Kritik am Eurozentrismus des Welterbes.“ Und wegen des Massenansturms an Touristen: „Davon kann die Bevölkerung profitieren, oft leidet sie aber auch darunter.“ Zu sehen war das in Köln unter anderem an der Komödienstraße, die direkt am Fuße des Doms zum Halt für Tourismusbusse verkam. (ngo/mhe)

Doch warum dann das Gezerre um einen solchen Plan? Wenn doch kein Grund zur Sorge um den Erhalt der weltberühmten Kathedrale besteht, kann er doch nur eine Formalie sein. Nicht ganz. Wesentlicher Bestandteil des Plans ist die sogenannte „Pufferzone“. Das Domumfeld, wie es in Köln heißt. Und gerade das stellt laut Unesco-Leitfaden die Erhaltung „zuweilen vor große Herausforderungen“. Eine Herausforderung, an der sich die Stadtverwaltung seit unzähligen Jahren abarbeitet. Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte in ihrem Wahlkampf 2014 einen „Domkümmerer“ versprochen. Er sollte „aufräumen“ im Schatten des Weltkulturerbes, in dem sich Billigsouvenirläden angesammelt haben, in dem jahrelang Touristenbusse Halt machten und in dem in unansehnlichen Tunneln Obdachlose unter menschenunwürdigen Hygienezuständen hausen. Der „Domkümmerer“ kam. Viele der Missstände blieben.

Geht es wieder auf die Rote Liste?

Ein Ärgernis, an dem sich wiederum die Bürgergemeinschaft Altstadt seit Jahren abarbeitet. Weshalb auch sie den Managementplan vehement einfordert: „Die Dokumentation soll letztendlich deutlich machen, dass angesichts der Gefahren des Tourismusdrucks und der Ökonomisierung öffentlicher Flächen nur eine klare Zielsetzung zugunsten des historischen Erbes, Dom und Umfeld in einem natürlichen Lebensspielraum stabilisieren und nur ein nachhaltiger Tourismus die Anforderungen der Zukunft bewältigen kann.“ Dem Verein sind nicht zuletzt die vielen Events samt ihrer Auswüchse in der Altstadt – und damit ebenfalls im Schatten des Doms – ein Dorn im Auge.

Er sieht den Managementplan als Chance, denn die Unesco kann Druck machen, wenn sie Unheil für ein Weltkulturerbe nahen sieht. Das durfte die Stadt 2004 erleben. Damals hatte die Unesco den Dom auf die Rote Liste der gefährdeten Güter gesetzt, weil in Deutz Häuser mit mehr als 100 Metern Höhe geplant waren. Im Dezember 2005 beugte sich der Stadtrat dem Druck der Unesco, änderte die Pläne und verabschiedete später das Höhenkonzept.

Dennoch, mit Hochdruck wird nicht gerade in der Dombauhütte am Erstellen eines Managementplans gearbeitet - wohl auch, weil man glaubte, bereits einen abgegeben zu haben. „Aktuell erarbeitet die Landesregierung eine Novelle des Denkmalschutzgesetzes, welche auch die Verpflichtung zur Aufstellung und Fortschreibung von Managementplänen bei Weltkulturerbestätten aufnehmen soll. Da es bisher nur den Bericht für die Unesco gab, werden wir nun auch einen Managementplan für die Hohe Domkirche aufstellen“, sagt Sprecher Deml. Eine Arbeitsgruppe sei aber noch nicht berufen und es sei auch noch zu früh, um über Details des Plans zu sprechen.

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