Marode Museen? Abwahl?Die Kölner Kulturdezernentin wehrt sich – eine Analyse

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Die Ruhe behalten: Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach während einer Sitzung im Stadtrat.

Die Ruhe behalten: Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach während einer Sitzung im Stadtrat.

Köln – Vier Jahre können eine lange Zeit sein. Das weiß auch Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach. Und seit diesem Sommer weiß Laugwitz-Aulbach vor allem: Eine Mehrheit des Stadtrates will sie nicht mehr – obwohl sie noch bis 2021 gewählt ist. Keine schöne Situation, auch für eine gut bezahlte Dezernentin nicht, in deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen öffentliche Kritik mehr oder weniger eingepreist ist. Laugwitz-Aulbach, seit 2013 in Köln, antwortet trotzdem auf die Frage, ob der Job ihr noch Spaß macht: „Ja! Das hat mir noch keiner nehmen können. Die Kultur der Stadt ist und bleibt außergewöhnlich.“

Laugwitz-Aulbachs Abwahl ist so unwahrscheinlich

Noch, sagt sie, hat ihr keiner den Spaß nehmen können. Noch. Denn CDU, Grüne und FDP hatten sich vor gut fünf Monaten darauf geeinigt, sie abwählen zu lassen. Die drei Fraktionen hatten genug von den gefühlt immerwährenden Negativ-Schlagzeilen um die Kölner Museen. Heute sagt Laugwitz-Aulbach: „Das freut niemanden, das ist klar. Ich war auch betroffen im ersten Moment, aber ich habe dann einfach die Ruhe behalten.“

Bislang ist das aufgegangen, Laugwitz-Aulbachs Abwahl ist so unwahrscheinlich wie vor fünf Monaten, das Verfahren liegt brach. Das Problem der drei Parteien: Für den Antrag reicht zwar eine einfache Mehrheit im Rat, für die Abwahl sind aber zwei Drittel nötig. Also braucht das Trio die SPD, hatte aber vorher deren Zustimmung nicht eingeholt. Und die SPD bleibt heute wie damals dabei: Nicht mit uns.

CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau verteidigt die Taktik: „Irgendwann muss man mal einen Akzent setzen.“ FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite sagt: „Ich hätte nicht gedacht, dass die SPD ihre große Liebe zur Dezernentin so hoch hängt.“ Und sein Amtskollege Jörg Frank (Grüne) sagt: „Offenbar denkt sie noch über den Preis für eine Zwei-Drittel-Mehrheit nach.“

Die Sozialdemokraten wollten im Sommer das Gutachten zum Debakel der Bühnen-Sanierung abwarten, nicht nur die Rolle der Kulturdezernentin alleine beleuchten. Mittlerweile liegt das Gutachten vor, sieht kaum Schuld bei der Stadt, also auch bei Laugwitz-Aulbach nicht. SPD-Fraktionschef Martin Börschel sagt: „Die systematische Demontage eines Menschen allein aus parteitaktischen Erwägungen – die in den letzten Monaten ungemindert fortgesetzt wurde – hat der Kulturdezernentin das Leben und Arbeiten in den letzten Monaten unnötig erschwert. “

„Ich fühle mich nicht angezählt“

Es ist eine politische Patt-Situation, nichts geht nach vorne, nichts nach hinten. „Ob die Strategie für die Abwahl wirklich zu Ende gedacht war, ist zu bezweifeln“, sagt jemand im Rathaus, ein anderer meint: „Das Thema ist durch.“ Heißt: Laugwitz-Aulbach bleibt, auch wenn CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau sagt: „Wir schauen nach Alternativmöglichkeiten zum Abwahlverfahren.“ Mehr will er nicht sagen.

Laugwitz-Aulbach ist angezählt, obwohl sie selbst das anders sieht: „Also ich fühle mich nicht angezählt, so sehe ich das nicht.“ Sie nehme ihre Aufgabe mit voller Überzeugung wahr, „sonst wäre ich in der falschen Position“. Mit dem Begriff Sündenbock könne sie nichts anfangen. Aber: „Dass man als Dezernentin auch mal der Prellbock ist, passiert eben.“

Trotzdem hat sie beschlossen, sich zu verändern in ihrer Arbeit, wolle noch stärker kommunizieren und nach vorne gehen (siehe Artikel rechts). „Sie ist trotziger geworden“, sagt jemand aus ihrem Haus. Andere Stimmen sagen: „Es ist alles wie vorher.“ Laugwitz-Aulbach selbst sagt: „Ich habe trotz aller Kritik immer gedacht, dass ich meinen Weg in Köln weitergehen will. Ich weiß, was ich kann, und habe auch viel Zuspruch und Ermutigung erfahren.“

Mittlerweile scheint ihre Position zumindest geschwächt, im Juli rückt Oberbürgermeisterin Henriette Reker ein Stück von ihr ab, will ihr die Verantwortung für die Kulturbauten entziehen, das Referat an die Gebäudewirtschaft andocken. So sollen die Bauprobleme in der Kulturlandschaft gelöst werden. Laugwitz-Aulbach sagt: „Man sollte nicht den Fehler machen und immer nur über Bauprobleme sprechen, sondern auch über die herausragenden Inhalte in unseren Museen. Wir dürfen nicht alles schlecht reden.“

Angesichts der vielen sanierungsbedürftigen Museen fällt das manch einem schwer. Lange hat die Stadt zu wenig in die neun Museen investiert, nun wirkt sie wie ein Nachwuchs-Jongleur, der zu wenige Hände für zu viele Bälle in der Luft hat.

Laugwitz-Aulbach will das Problem Schritt für Schritt lösen. Sie wird – um im Bild zu bleiben – gute Wanderschuhe brauchen, dafür reicht ein Blick auf einige Museen. Das sanierungsbedürftige Römisch-Germanische Museum (RGM)? Könnte bis zu sechs Jahre seine Heimat am Roncalliplatz verlieren. Der Sanierungsfall Stadtmuseum? Die Zukunft des Hauses ist unklar, es bleibt im Zeughaus oder wird Teil der „Historischen Mitte“, also der Neugestaltung des Roncalliplatzes samt RGM und Kurienhaus. Falls das Mega-Projekt überhaupt kommt, Laugwitz-Aulbach wünscht sich eine Entscheidung, „die Stadt braucht Klarheit“.

Die „Miqua“? Produziert Mehrausgaben in Serie. Laugwitz-Aulbach hält die Archäologische Zone samt Jüdischem Museum dennoch für einzigartig in Europa. Der Bau soll 2020 oder 2021 beendet sein, Stand jetzt. Laugwitz-Aulbach geht davon aus, dann noch im Amt zu sein. Auf die Frage, ob sie glaube, ihre Amtszeit zu beenden, sagt sie: „Ja. Ich bin gewählt bis Oktober 2021.“

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