Megaprojekt in KölnNeue Straßenbahn für Mülheim-Süd rückt näher

Lesezeit 5 Minuten
Neues Quartier: So soll das Neubaugebiet Cologneo I an der Zoobrücke aussehen. Rechts ist die Deutz-Mülheimer Straße zu sehen, dort würde die neue Bahn fahren.

Neues Quartier: So soll das Neubaugebiet Cologneo I an der Zoobrücke aussehen. Rechts ist die Deutz-Mülheimer Straße zu sehen, dort würde die neue Bahn fahren.

Köln – Die neue Stadtbahnlinie zur Erschließung des Mega-Stadtentwicklungsprojekts Mülheim-Süd rückt immer näher. Verkehrsdezernentin Andrea Blome sagt der Rundschau: „Es ist nicht die Frage, ob die neue Straßenbahn auf der Deutz-Mülheimer Straße kommt, sondern wann.“ Aktuell geht sie von einem Bau im Jahr 2024 aus.

Hinter den Kulissen werkeln die beteiligten Investoren und die Stadtverwaltung noch am sogenannten „Letter of Intent“, dabei handelt es sich um die Absichtserklärung zwischen beiden Seiten. „Wir würden lieber heute als morgen loslegen – auch mit der Bahnlinie“, sagt Lukas Stahl, Sprecher der beteiligten Hamacher-Gruppe.

Stadt und Investoren beraten über Papier

Die Erklärung legt unter anderem fest, wie das Mobilitätskonzept für Mülheim-Süd aussehen soll und welche Kosten die Investoren tragen. Die Absichtserklärung ist die Vorstufe eines städtebaulichen Vertrages, der verbindlicher ist. Am 7. März beraten Stadt und Investoren über das Papier, das zuletzt zur Abstimmung zwischen beiden Seiten hin- und her geschickt wurde.

Alles zum Thema Kölner Verkehrs-Betriebe

Der Denkmalschutz

Das Gebiet Mülheim-Süd blickt auf eine sehr lange Industriegeschichte zurück, unter anderem produzierten dort Nicolaus August Otto und Eugen Langen ab dem Jahr 1867 ihre Verbrennungsmaschinen.

Das Amt für Denkmalschutz der Stadt Köln hat das Areal in den 1990er-Jahren analysiert und in zwei Phasen insgesamt 14 Gebäude unter Schutz gestellt. Dazu zählen unter anderem der sogenannte „Eckige Rundbau“, die „Waggonhalle“ oder die „Möhring-Halle“. Weitere Hallen hat das Amt als erhaltenswürdig gekennzeichnet, also eine Stufe unter dem Denkmalschutz.

Stadtkonservator Thomas Werner sagte der Rundschau: „Besonders der gesamte Straßenzug der Deutz-Mülheimer Straße behält durch die Unterschutzstellung sein charakteristisches Aussehen.“ Weitere Gebäude sollen nach jetzigem Stand nicht unter Denkmalschutz gestellt werden. (mhe)

Wie berichtet, sollen auf den 70 Hektar – also der Fläche von rund hundert Fußballfeldern – in den nächsten Jahren Wohnungen für mehrere tausend Menschen entstehen, zudem Häuser für Gewerbe oder Kultur wachsen. Das Ziel: Das frühere Industriequartier zu einem lebendigen Viertel umzugestalten. Das kostet viel Geld, mehr als eine Milliarde Euro. Zu Mülheim-Süd gehören folgende Gebiete: Cologneo I und II, die CG-Gruppe setzt sie um. Hinzu kommen das Deutz-Areal (Gerchgroup), das Lindgens-Areal (Hamacher) sowie das Otto-Langen-Quartier (NRW.Urban).

Zwar gibt es in der Nähe die Linie 4 der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), sie führt von der Messe über die Haltestellen Stegerwaldsiedlung und Grünstraße zum Wiener Platz (siehe Grafik) und weiter nach Schlebusch. Aber von Mülheim-Süd bis dorthin ist es ein Stück. Also soll vom Messekreisel eine neue, 2,7 Kilometer lange Bahnstrecke über die Deutz-Mülheimer Straße führen, zwei neue Haltestellen inklusive. Weiter nördlich biegt die Bahn in die Danzierstraße ab, fährt zum Haltepunkt Mülheim/Wiener Platz.

Stadtbahn ist wichtig für Stadtteil-Entwicklung

Die Stadt hatte diese Strecke schon 2015 für den Bedarfsplan des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) angemeldet, seinerzeit auf Platz acht der städtischen Projekte gelistet. Die KVB prognostizierte Kosten von 62,5 Millionen Euro. Die Anmeldung für den Bedarfsplan ist aber nur die Basis für Fördergeld, eine Garantie ist sie nicht.

Unter anderem deshalb ist das Geld der Investoren wichtig. Sprecher Lukas Stahl sagt: „Die Stadtbahn kann als Rückgrat betrachtet werden, um die verkehrlichen Herausforderungen des Standortes zu bewältigen.“ Und Mathias Düsterdick, Vorstandschef der Gerchgroup, sagt: „Für die Entwicklung des Stadtteils ist die Bahn wichtig.“

Aus diesem Grund haben Investoren und Verwaltung einen Lenkungskreis gegründet, er soll das Mobilitätskonzept erarbeiten. Dabei geht es nicht nur um eine neue Bahnlinie, sondern um Car-Sharing-Stationen, Busse oder Fahrradkonzepte. Zudem hat die Stadt laut Blome ein Verkehrsgutachten erstellen lassen. „Das ist sehr komplex“, sagt Blome.

Bei dem Treffen am 7. März steht die Absichtserklärung auf der Tagesordnung, also wer was macht – und vor allem: Wer was zahlt. Denn voriges Jahr hieß es von Seiten der Investoren, sie seien bereit, ein Drittel der Kosten zu tragen, sie gingen von 27 Millionen Euro Gesamtkosten aus. Die Projektentwickler müssten also neun Millionen Euro zahlen. Doch mittlerweile haben sie ihre Prognose aktualisiert, gehen von 31 Millionen Euro aus – nur die Hälfte der KVB-Schätzung. Die KVB verweist an die Stadt, es sei ein städtisches Projekt. Dezernentin Blome glaubt, die Wahrheit liegt in der Mitte. Angesichts der unterschiedlichen Prognosen und den Auswirkungen auf die Drittel-Beteiligung sagt Stahl: „Ich denke, am Ende wird es auf einen festen Betrag hinauslaufen, den die Investoren zahlen.“

Auch die Bauweise des Gleisbetts spielt eine Rolle, vor allem beim Fördergeld. Denn die Gleise sollen straßenbündig liegen, also im Straßenbelag. Doch dafür gibt es keine Fördergelder, die Unfallgefahr mit Autos ist zu hoch. Also soll auf anderen Wegen Geld abgerufen werden, etwa für die Haltestellen, die laut Blome der Nahverkehr Rheinland bezuschussen könnte. In einem zweiten Schritt ist die Verlängerung der Linie nach Stammheim und Flittard möglich, insgesamt 133 Millionen Euro teuer mit neun Haltestellen. Auch dieser Ausbau ist im Bedarfsplan angemeldet.

Von den Plänen betroffen ist die Messe, schließlich würde die Bahn vor deren Haustür vorbeifahren. Messe-Chef Gerald Böse sagt: „Der Messekreisel ist einer der problematischsten Verkehrsknotenpunkte rund um die Messe.“ Dort treffen Auto-Fahrspuren aufeinander, kreuzen die Gleise der Linien 3 und 4. Und: Der Verkehr dürfte in den nächsten Jahren zunehmen, dort entsteht das Büro-Quartier Messe-City, zudem Mülheim-Süd. Böse fordert: „Es reicht nicht, die Auswirkungen jedes einzelnen Projekts für sich zu sehen. Eine übergreifende Betrachtung aller Maßnahmen im Zusammenwirken ist dringend erforderlich.“ Er sei mit den Beteiligten im Gespräch.

Blome sagt, dass der Kreisel nicht so bleibt. „Da müssen wir Umbaumaßnahmen vornehmen. Es kann und muss eine Lösung geben, sonst wäre alles infrage gestellt, das kann nicht sein.“ Böse will das Ende des Verkehrsgutachten und die Konsequenzen abwarten. „Wir werden dabei sorgfältig darauf achten, dass sich dies mit unseren Anforderungen verträgt.“

Rundschau abonnieren