Abo

Millionenschaden in NRWDas skrupellose Vorgehen der falschen Polizisten und Enkel

Lesezeit 3 Minuten
„Falsche Polizisten“ haben in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres großen Schaden angerichtet.

„Falsche Polizisten“ haben in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres großen Schaden angerichtet.

  • Trickbetrüger haben 2019 in NRW Schaden von mehr als elf Millionen Euro angerichtet.
  • Die Deutsche Polizeigewerkschaft will nun Banken mehr in die Pflicht nehmen.
  • Die Täter sind Profis und extrem schwer zu fassen.

Köln/Düsseldorf – Trotz umfangreicher Präventionsmaßnahmen bekommt die Polizei die Gefahr durch Trickbetrüger in NRW nicht in den Griff. Bei der Betrugsmasche „falscher Polizist und Amtsträger“ zählten die Ermittler in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres bereits 284 vollendete Straftaten mit einer Schadenssumme von rund 11,2 Millionen Euro, wie das Landeskriminalamt (LKA) mitteilte.

Zum Vergleich: Für das gesamte Jahr 2018 wurden in NRW 289 solcher Straftaten mit einem Sachschaden von rund 12,4 Millionen Euro registriert. „Und man muss leider sagen, dass das nur das sogenannte Hellfeld ist, also die Fälle, die der Polizei bekannt sind“, sagte e in LKA-Sprecher. Experten schätzen, dass die Dunkelziffer mindestens genauso hoch sein dürfte.

Enkeltrick auf hohem Niveau stabil

Gleichbleibend hoch sind die Zahlen beim sogenannten Enkeltrick. Bis 30. September 2019 gab es in NRW 160 Betrugsopfer, die um rund 2,4 Millionen Euro gebracht wurden. Im gesamten Jahr 2018 waren es 210 Opfer und rund drei Millionen Euro Schaden. Die Zahl der Betrugsversuche indes lag deutlich höher: Laut LKA wurden 2824 Anzeigen erstattet, 2614 Mal war die Straftat nicht vollendet worden. „Leider sind fast ausschließlich Senioren die Opfer“, sagte der LKA-Sprecher.

Alles zum Thema Polizei Köln

Falscher Polizist

Bei der Masche gaukeln die falschen Polizisten ihren Opfern vor, dass in Kürze bei ihnen eingebrochen wird. „Sie stehen auf einer uns vorliegenden Liste, die wir bei Einbrechern beschlagnahmt haben“, sagen die Betrüger. Die Täter überreden ihre Opfer das Geld vor dem Haus abzulegen; teils an abenteuerlichen Stellen. Beispielsweise im Baucontainer vor der Tür, auf Hinterreifen von Autos. In einem Fall warf eine Seniorin ihr Erspartes sogar aus dem Patientenzimmer einer Kölner Klinik. (ta)

Die Deutsche Polizeigewerkschaft will daher Banken mehr in die Pflicht nehmen. „Die Summen, um die es geht, sind so hoch, dass sie am Schalter und nicht am Automaten abgeho ben werden müssen“, sagte NRW-Chef Erich Rettinghaus. „Die Bankmitarbeiter sollten so geschult sein, dass sie bei jedem ungewöhnlichen Geldabholwunsch den Kunden in Gespräche verwickeln, um herauszubekommen, wofür das Geld bestimmt ist.“

Beim Enkeltrick bitten die Betrüger um finanzielle Unterstützung. „Wir stellen zunehmend fest, dass die Täter nicht mehr persönlich das Geld entgegennehmen, sondern Ablageorte mit ihren Opfern vereinbaren“, sagte der LKA-Sprecher. Dazu zählten Hecken oder Mülltonnen nahe dem Haus des Opfers. Die Täter hätten so den Vorteil, dass sie später nicht beschrieben werden können.

Meist steckt organisierte Kriminalität dahinter

Laut Ermittlern handelt sich beim Trickbetrug in den meisten Fällen um organisierte Kriminalität. Die Täter sind Profis und extrem schwer zu fassen. „Bei denjenigen, die das Geld bei den Opfern abholen, handelt es sich nur um die kleinsten Lichter der Organisation“, heißt es aus Polizeikreisen. „Sie packen auch nicht aus, wenn wir sie erwischen, weil sie wissen, dass ihr Leben dann in Gefahr ist. Die Hintermänner sitzen in Osteuropa.“ Dahinter stecke ein ausgeklügeltes System. „Sie suchen ihre Opfer gezielt in Telefonbüchern. Sie wissen anhand von Namen ganz genau, bei wem es sich um Senioren handelt“, bestätigt Rettinghaus.

Michael Mertens, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, rät allen Betroffenen, sich unbedingt bei der Polizei zu melden. „Das gilt auch für diejenigen, die den Betrug durchschaut und aufgelegt haben“, sagt er.

Tägliche Warnungen in Köln

In Köln warnt die Polizei mittlerweile fast täglich vor falschen Ermittlern. Allein im Dezember 2019 und in den ersten Tagen 2020 kam es zu hunderten Anrufen von Trickbetrügern. Diejenigen, die darauf reinfielen, verloren viel Geld: 150 000 Euro, 30000 Euro und manchmal „nur“ 1000 Euro. Der Schaden im Zuständigkeitsbereich des Präsidiums Köln betrug 2019 mehr als eine Million Euro.

Rundschau abonnieren