Museum Ludwig und PhilharmonieSanierung könnte bis zu einer Milliarde kosten

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Soll endlich schalldicht werden: Der Heinrich-Böll-Platz über der Philharmonie. 

Köln – Der Stadt Köln steht in den nächsten Jahren die nächste große und möglicherweise mehrere hundert Millionen Euro teure Baumaßnahme direkt am Kölner Dom bevor: Das Gebäudeensemble aus Museum Ludwig und der Philharmonie aus dem Jahr 1986 muss saniert werden, die Technik erneuert werden. In den Vorjahren hatte es unter anderem Probleme mit der Klimaanlage in der Werkstatt gegeben.

Noch ist aber unklar, wie groß der Bedarf ist und wie die Stadt sanieren will, also nach und nach im teils laufenden Betrieb oder in einem Rutsch. All diese Fragen soll eine Machbarkeitsstudie klären, Anfang des Jahres will die stadteigene Gebäudewirtschaft sie in Auftrag geben. Im Jahr 2024 soll der Stadtrat unter den Varianten auswählen und die Planung genehmigen. Die Stadt teilte mit: „Mit einem Sanierungsbeginn ist in circa sechs bis acht Jahren zu rechnen.“ Das wäre ungefähr 2028 bis 2030.

Museum Ludwig: Komplettsanierung oder schrittweise Instandsetzung?

Der Reiseführer „Lonely Planet“ schreibt über das Museum Ludwig: „Ein Mekka der modernen Kunst“. Oberste Kategorie also. Das meistbesuchte städtische Museum Kölns gemessen an den jährlichen Gästen. Dazu kommt eine prägende Architektur, noch dazu direkt am Kölner Dom, gemeinsam unter einem Dach mit der Philharmonie. Ein Tempel der Kultur – aber ein Tempel von 1986, der in die Jahre gekommen ist, immer mehr Pflege braucht und bald vor der ganz großen Frage steht: Komplettsanierung oder nach und nach ertüchtigen?

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In der Stadtverwaltung hat es dazu schon die ersten Treffen gegeben, das Motto lautet: Lieber früh anfangen, um alle Optionen sorgfältig zu prüfen – auch wenn es erst 2028 bis 2030 losgehen soll mit der Sanierung. Es sind ja etliche Fragen zu beantworten. Müssen Museum und Philharmonie während einer Sanierung komplett geschlossen sein? Wo könnten sie in diesem Fall interimsweise unterkommen? Oder lässt sich erst das Museum und danach die Philharmonie sanieren? Oder andersherum? Oder ganz anders: Ist es möglich, die Häuser jährlich zu ertüchtigen, um ihre Betriebsfähigkeit quasi zu strecken und die große Lösung aufzuschieben?

Denn erste sehr grobe Schätzungen liegen bei 900 Millionen bis eine Milliarde Euro, auch wenn es sich dabei laut Beteiligten um einen Überschlag handelt. Es ist ja ein sehr großes Haus, die Technik sehr kompliziert, es geht um Fragen wie die Brandmeldeanlage. Die Summe ist also zu diesem sehr frühen Zeitpunkt zumindest mit Vorsicht zu genießen – zumal es am Ende ja auch zunächst auf die kleine und günstigere Lösung hinauslaufen kann. Andererseits zeigen Projekte wie die Sanierung der Bühnen, wie teuer solche Projekte sein können, dort könnte der reine Bau Stand jetzt bis zu rund 650 Millionen Euro kosten, auch wenn die Häuser früher gebaut wurden.

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Das Museum Ludwig 

In den 80er-Jahren hat der Bau laut der Architekten Peter Busmann von Godfrid Haberer 160 Millionen Mark gekostet. Die sogenannte Bruttogeschossfläche liegt bei 62 500 Quadratmetern. Im Jahr 2004 folgten einige kleinere Umbauten. Busmann sagte mal allgemein zu Gebäuden: „Es wird älter, und man muss es pflegen. Wird es vernachlässigt, kann es nicht in Würde altern.“

Die Gegend um den Kölner Dom wird Dauerbaustelle

Die ersten Gespräche in der Stadtverwaltung geschehen auch vor dem Hintergrund, dass rund um den Kölner Dom in den nächsten Jahren Dauerbaustelle sein wird. Das Römisch-Germanische Museum muss saniert werden, nebenan soll die neue „Historische Mitte“ samt Stadtmuseum gebaut werden. Ganz in der Nähe beginnt die Gerchgroup aktuell mit dem Neubau des Laurenz-Carrés mit Wohnungen, Büros und Hotels, der Bau des Dom-Hotels prägt den Roncalliplatz seit Jahren (siehe Grafik). Kölns Mitte – eine Baustelle, auch ohne Ludwig und Philharmonie. Der Sanierungsstau drückt und drückt und bereitet der Stadt zusehends Probleme bei Terminen und Kosten.

Museum Ludwig und Philharmonie – Projekte rund um den Dom

1986 ist das Museum Ludwig samt Philharmonie eröffnet worden, damals gehörte auch noch das Wallraf-Richartz-Museum dazu, das 2001 in einen Neubau am Rathaus zog. Das Museum Ludwig zeigt laut Stadt „die umfangreichste Pop-Art-Sammlung Europas. Die drittgrößte Picasso-Sammlung der Welt. Eine der besten Sammlungen zum deutschen Expressionismus. Eine der international bedeutendsten Sammlungen zur Fotografie.“ Die Basis dafür war das Geschenk von 350 Werken des Ehepaars Peter und Irene Ludwig.

Die Architekten sind Peter Busmann und Godfrid Haberer aus Köln. Markant ist die Sheddachlandschaft, die das Stadtpanorama prägt – doch beinahe wäre das nie realisiert worden. Laut des Magazins „Bauwelt“ flog die Idee in der ersten Runde des Wettbewerbs heraus, weil das Haus vermeintlich die Sicht auf den Dom verstellte. Das Magazin schreibt: „Dass das nicht das Ende war, ist dem damaligen Dombaumeister Arnold Wolff zu verdanken, denn ihm, so erinnert sich Godfrid Haberer, gefiel die Idee, mit der neuen Bebauung so mittelalterlich nah an den Dom heranzurücken. Mit einem Periskop erbrachte er bei den Jurykollegen am Modell den Nachweis, dass die eigentlich unzulässige Höhe den Domblick von der Stadtebene nicht verstellt. Der Entwurf wurde einstimmig wieder zurückgeholt, mit dem ersten Preis ausgezeichnet, gebaut und 1986 eröffnet.“

Der Saal der Philharmonie ist einem Amphitheater nachempfunden. Rund 2000 Zuhörer haben Platz. In Zeiten ohne Corona-Pandemie gibt es rund 400 Konzerte jährlich und rund 650 000 Besucher. (mhe)

Theoretisch hätten sich die Hallen Kalk zumindest für das Ludwig als Interim angeboten, sie sollten mal zur zweiten Ausstellungsfläche umgebaut werden. 1994 hatte sich die Stadt per Schenkungsvertrag über 90 Picasso-Werke mit den Sammlern Peter und Irene Ludwig verpflichtet, in Kalk eine Ausstellungshalle für zeitgenössische Kunst zu schaffen. Bis heute passiert dort aber nichts, im Gegenteil: Die Hallen verfallen, alleine die Sicherung kostet 18 Millionen Euro. Bei diesem Umsetzungstempo erscheint unwahrscheinlich, dass die Hallen bis 2028 tatsächlich eine zweite Ausstellungsfläche und damit ein mögliches Interim bieten. Für die Philharmonie dürfte sich ebenfalls die Frage nach Ausweichräumen stellen.

Eine ganz besondere Kölner Eigenheit könnte durch die Sanierung aber nach Rundschau-Informationen verschwinden: Die zeitweise Sperrung des Heinrich-Böll-Platzes (siehe Grafik), weil die Musiker der darunter liegenden Philharmonie sonst die Geräusche hören. Auf Schildern steht: „Bitte betreten oder befahren Sie nicht die innere Platzfläche. Tritt- und Rollgeräusche werden leider in den Saal übertragen, so dass Konzerte und Proben gestört werden.“ Ortsfremde Passanten hielten das in der Vergangenheit schon mal für einen Witz. Ist es nicht.

Deshalb bewachen seit 1999 Sicherheitsleute den Platz, damit die Musiker in Ruhe spielen können. Die nachträgliche Schallisolierung war mal auf 9,2 Millionen Euro geschätzt worden. Der Wachdienst kostet jährlich mehr als 200 000 Euro, schaffte es ins Schwarzbuch der Verschwendung des Steuerzahlerbundes. Damit könnte es nach einer Sanierung vorbei sein.

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