Nach Archiveinsturz in KölnNord-Süd-Bahn nicht vor 2029 fertig?

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An der Einsturzstelle des Stadtarchivs sichern Taucher seit Jahren Beweise. Die Untersuchung soll bis 2021 dauern.

An der Einsturzstelle des Stadtarchivs sichern Taucher seit Jahren Beweise. Die Untersuchung soll bis 2021 dauern.

Köln – Die Untersuchungen an der Einsturzstelle des Stadtarchivs werden erneut teurer und dauern länger als bisher geplant. Die zusätzlichen Aufwendungen, für die der Steuerzahler aufkommen soll, belaufen sich auf rund 8,8 Millionen Euro. Das geht aus vertraulichen Unterlagen für die Ratspolitiker hervor, die der Rundschau vorliegen. Demnach wird der vom Landgericht bestellte Sachverständige Prof. Hans-Georg Kempfert seine Arbeiten im Beweissicherungsverfahren erst im dritten Quartal 2021 abschließen. Bislang war die Stadt vom vierten Quartal 2020 ausgegangen.

U-Bahn erst zwei Jahrzehnte nach dem Einsturz in Betrieb?

Durch die Verzögerung um rund neun Monate gerät auch der weitere Zeitplan ins Wanken. Ende Februar hatten die Kölner Verkehrs-Betriebe erklärt, vor Frühjahr oder Sommer 2021 könne man nicht mit der Sanierung der Baugrube beginnen. Nun geht es möglicherweise erst 2022 los. Die KVB rechnen mit sieben Jahren Bauzeit bis zur Eröffnung, zuletzt hieß das Ziel 2028. Wird es nun noch ein Jahr später? Dann würde die erste Nord-Süd-U-Bahn am Waidmarkt erst zwei Jahrzehnte nach dem Einsturz vom 3. März 2009 fahren.

Für die erneute Verzögerung gibt es im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen ist die Untersuchung der Braunkohleschicht an der Einsturzstelle besonders aufwendig. Die Arbeiten erfolgen im so genannten Besichtigungsbauwerk – einem mit Wasser gefüllten Schacht zur Erkundung der Schlitzwand an der Baugrube („Lamelle 11“) und des Untergrunds an der Einsturzstelle. Prof. Kempfert hat dafür eigens eine spezielle Apparatur („Taucherbox“) entwickelt, um die Braunkohleschicht in rund 33 Metern Tiefe auf ihre Unversehrtheit zu prüfen. Ist diese Schicht unbeschädigt, gilt dies als klares Indiz, dass das Unglück nicht von einem hydraulischer Grundbruch von unten in die Baugrube verursacht worden sein kann. Damit wäre die These der Baufirmen widerlegt und das Ergebnis der beiden Strafprozesse erhärtet, wonach der Einsturz durch Baufehler und eine Verkettung unglücklicher Umstände verursacht wurde.

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Vor dem Einsatz in Köln hat Kempfert seine Taucherbox 2019 intensiv in einer Tauchgrube in den Niederlanden erprobt und optimiert. Details zur nun geplanten Vorgehensweise und dem damit verbundenen Zeitbedarf hat er jetzt der Stadt gemeldet. Zusätzlich um bis zu zwei Monate verzögert wurden die Arbeiten durch das Hochwasser im Februar. „Um das Aufschwimmen der Braunkohle und somit eine Vernichtung von Beweismaterial zu vermeiden“, so das vertrauliche Dokument, habe man die Baugrubensohle mit Ballast stützen müssen.

Durch die zusätzlichen 8,8 Millionen Euro steigen die Gesamtkosten für die Untersuchungen an der Grube auf 110,15 Millionen Euro. Die Stadt hofft, sich sämtliche Kosten des Unglücks – geschätzt 1,3 Milliarden Euro – in einem Zivilverfahren von den Baufirmen zurückholen zu können.

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