Nach der brennenden Notre-DameFeuer hätte am Kölner Dom kein leichtes Spiel

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Der eiserne Dachstuhl des Doms würde nicht so rasant abbrennen wie der hölzerne von Notre-Dame.

Der eiserne Dachstuhl des Doms würde nicht so rasant abbrennen wie der hölzerne von Notre-Dame.

Köln – Markus Frädrich hat den Akku seines Handys schon drei mal aufgeladen – und es ist grade erst Mittag. Der Sprecher des Domkapitels wird an diesem Dienstag noch mehr Energie brauchen. Denn nachdem die Flammen im hölzernen Dachstuhl von Notre-Dame in Paris gelöscht sind , richten sich die eben noch vom Schrecken geweiteten Augen mit sorgenvollen Blicken auf den Dom.

Kann ein solches Feuerinferno auch das Kölner Wahrzeichen ereilen, wollen Medienvertreter aus ganz Deutschland und auch dem Ausland wissen. Dombaumeister Peter Füssenich beruhigt: „Durch die Weitsicht der Baumeister aus dem 19. Jahrhundert hat man auf dem Dach des Domes eine Eisenkonstruktion errichtet.“ Will sagen, anders als bei Notre-Dame würde der Dachstuhl des Doms nicht in Windeseile zum Fraß der Flammen werden. Aber grundsätzlich ist ein Feuer am Dom natürlich nicht ausgeschlossen. Zumal die Flammen auch dort trotz der Eisenkonstruktion durch Holz Nahrung finden würden.

Schreckensbilder nicht denkbar

Der Blick in den Dachstuhl (siehe Foto) verrät, was Frädrich der Rundschau bestätigt: „Das Dach des Doms ist mit Holz verschalt.“ Jedoch, solche Schreckensbilder wie einstürzende Türme auf Notre-Dame kann es beim Dom wohl nicht so schnell geben. „Auch der Vierungsturm, der auf der Pariser Kathedrale aus Holz konstruiert wurde, ist auf dem Kölner Dom aus Eisen“, sagt der Dombaumeister.

Blei war ein großes Problem bei der Katastrophe von Notre-Dame. Die Sorge: Durch die Hitze verflüssigt, könnte es glühend heiß nach unten tropfen, das Feuer weitertragen. Ein Szenario, das auch im Dom befürchtet werden muss – im größeren Ausmaß sogar. In Notre-Dame sind 150 Tonnen Blei verbaut. „Im Dom sind es rund 600 Tonnen“, berichtet Frädrich.

Bauarbeiten an Notre-Dame wohl der Grund

Noch ist es zwar nicht bestätigt, aber es wird davon ausgegangen, dass durch Bauarbeiten an Notre-Dame das Feuer ausgebrochen ist. Eine häufige Ursache für Brände in Kirchen (siehe Kasten). „Baumaßnahmen am Dom werden nur unter großen Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt. Die Mitarbeiter der Dombauhütte haben ein hohes Bewusstsein dafür, dass sie mit empfindlichen Materialien arbeiten. Vor allem bei Löt- und Schweißarbeiten gehen wir mit großer Sorgfalt und Umsicht vor“, so der Herr über alle Baumaßnahmen am Dom.

Lange herrschte in Paris große Sorge darüber, die Kunstschätze und Reliquien in der weltberühmten katholischen Kirche könnten ein Opfer der Flammen werden. Aufatmen, nachdem die Feuerwehr vermeldet, alles sei in Sicherheit gebracht. Füssenich zu dieser Lage im Dom: „Regelmäßig üben wir, wie wir im Brandfall unsere Kunstwerke mit speziellen Löschdecken sichern können.“ Domkapitel-Sprecher Frädrich berichtet, es gebe eine Liste aller Kunstschätze, nach der sie im Ernstfall aus dem Dom geschafft würden. Die Domschatzkammer ist zudem mit Brandschutztüren abgesichert. Sprinkleranlagen gibt es indes nicht. „Die Gefahr von Wasserschäden ist zu groß“, sagt Frädrich.

Kölns größter Kirchenbrand nach 1945

St. Agnes stand lichterloh in Flammen. Es war am 18. Juni 1980, gegen Mittag, als Anwohner den Brand im Dachstuhl der Kirche bemerkten, die dem Agnesviertel ihren Namen gab. „Über den Beichtstühlen tobte die Flammenhölle“ titelte die Rundschau damals. Der Schaden war immens. Nach und nach brach das gesamte Schieferdach zusammen. Glück im Unglück: Das Dach brach nicht ins Kircheninnere durch. Die Kunstschätze konnten gerettet werden. Zu den Mutigen, die unter dem brennenden Dach auch das Allerheiligste aus dem Tabernakel retteten, gehörte damals Kaplan Franz Meurer. Die Feuerwehr bezifferte die Schäden damals in einer ersten Einschätzung auf mehrere Millionen D-Mark.

Die Ursache für den verheerenden Brand war schnell gefunden. Zwei Bauarbeiter hatten auf einem Gerüst stehend an dem Dachstuhl mit Schweißgeräten gearbeitet. Zur Mittagszeit gingen sie in die Pause und ließen ihre heißen Arbeitsgeräte achtlos zurück. Wie bei Notre-Dame fraß sich das Feuer in Windeseile durch den hölzernen Dachstuhl von St. Agnes.

Der Dom hat manches durchstehen müssen. Sein Vorgängerbau wurde im 13. Jahrhundert ein Opfer der Flammen. Im Zweiten Weltkrieg fielen Bomben auf ihn – damals verhinderte der eiserne Dachstuhl Schlimmeres.

In der Nachkriegszeit gab es nur einmal nennenswerte Flammen in ihm. 1987 hatte ein geistig verwirrter Mann Kirchenbänke in Brand gesetzt. Schnell wurde er von den Domschweizern in Gewahrsam genommen und gestoppt. Lediglich zwei Bänke in der Kathedrale waren nicht mehr zu retten. (ngo)

Das klingt, als müsse sich der Dom nach der Katastrophe von Notre-Dame keine Gedanken machen. „Wir haben nach jedem großen Brand in Kathedralen unser Konzept auf den Prüfstand gestellt. Das werden wir auch nach dem Brand von Notre-Dame tun“, so der Sprecher des Domkapitels.

Soweit die Sicherheitsaspekte. Doch wenn das Wahrzeichen von Paris brennt, eine der größten Kathedralen Europas, dann brennt es auch in den Herzen der Menschen. „Unseren französischen Freunden gilt unser tiefstes Mitgefühl“, sagt Dompropst Gerd Bachner. „Mein Mitgefühl gilt ganz Paris“, nimmt Oberbürgermeisterin Henriette Reker Anteil. „Wir trauern und leiden mit den französischen Katholiken in dieser Stunde in besonderer Weise“, so Kardinal Woelki. Der Zentral-Dombau-Verein wird eine Spendenaktion für Notre-Dame ins Leben rufen.

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