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Nächster Halt: Virtuelle WeltDeutsche Bahn eröffnet Ausbildungszentrum in Dellbrück

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deutsche bahn simulator

Das mehr als zwei Tonnen schwere Trainingsgerät hat durch keine Tür gepasst.

Köln-Dellbrück – Marco (19) entkuppelt zwei Güterzüge: Er entlüftet die Bremse, trennt die Schläuche und hängt sie an die vorgesehenen Haken, dann nimmt er sich die Schraubkupplung vor. Anschließend beamt er sich per Knopfdruck an eine Stelle neben dem Gleis. In Wirklichkeit steht Marco gar nicht dort, sondern in einem weißen Zimmer im neuen Ausbildungs- und Trainingszentrum der Deutschen Bahn in Dellbrück. Vor den Augen hat er eine große Virtual-Reality-Brille, in den Händen zwei Steuerungsgeräte. Der angehende Elektroniker für Betriebstechnik könnte so auch das Ankuppeln üben oder den Stromabnehmer eines ICE von oben anschauen.

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Das Trainingszentrum der Bahn direkt neben der Haltestelle Dellbrück ist das größte und modernste der 14 Zentren in Deutschland. 250 Azubis können hier jedes Jahr ausgebildet werden. „Dazu kommt die Qualifizierung von Dutzenden Quereinsteigern und die kontinuierliche Weiterbildung der Belegschaft“, teilt die Deutsche Bahn mit. 7200 Quadratmeter stehen zur Verfügung, mit dem Bau wurde im August 2018 begonnen, am Donnerstag wurde er offiziell eröffnet. „Wir legen sehr viel Wert auf moderne Ausbildungsmethoden“, betont Martin Seiler, Personalvorstand der Deutschen Bahn. In dem neuen Haus sei für alle Berufsbilder genügend Platz.

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Der Zugsimulator zog schon von Deutz nach Dellbrück um, als die Fensterfront noch nicht fertig war. Das mehr als zwei Tonnen schwere Trainingsgerät hätte durch keine Tür gepasst. In ihm müssen nicht nur die Azubis, sondern auch die erfahrenen Lokführer bei ihren jährlichen Prüfungen mit „betrieblichen Situationen“ klarkommen, wie Technik-Leiter Günter Dümler erklärt. Wenn ein Lokführer den Fahrschalter umlegt, setzt sich die Lok der Baureihe 185 oder 192 mit leichtem Ruckeln in Bewegung. Bei 130 km/h rauschen am Bildschirm realistisch Böschungen und Schilder vorbei. Ein Trainier im Nebenraum kann den Schwierigkeitsgrad erhöhen, indem er per Mausklick Schnee, Nebel oder Starkregen auf die Strecke fallen lässt. „Das kann dazu führen, dass sich der Bremsweg verlängert“, sagt Günter Dümler.

Lego-Steine in der Innovationswerkstatt

In der Innovationswerkstatt geht es weniger um Fachwissen, als um Problemlösungen in einer Arbeitswelt, die sich verändert. Zu den Materialien gehören Legosteine, Pappe und Papier. „Wie können Kinder oder Schüler für die Bahn begeistert werden?“, fragt ein Plakat an der Wand. Ein Grüppchen angehender Elektriker ist gerade vor Ort.

In anderen Räumen trainieren die Auszubildenden an Originalanlagen, die auch in Zügen verbaut sind. Etwa an einer Klimaanlage, die für die richtige Temperatur in der Ersten Klasse eines Intercity sorgen soll. Die grundlegende Technik hat sich seit den 1970er Jahren nicht geändert, ist zu hören. Die Anlage ist etwa zwei Meter breit und ebenso tief, sie ist sonst unter dem Waggon angebracht. Wer sich in Dellbrück mit der Klimaanlage beschäftigt, absolviert den Grundlehrgang Kältetechnik. In anderen Räumen sind Toiletten aufgebaut, Systeme zur Zugbeeinflussung oder Teile aus den Bordrestaurants. Die Kaffeemaschine eines Herstellers aus der Schweiz zum Beispiel. Sie steht in Einzelteilen auf dem Tisch, damit die Instandhaltung geübt werden kann. Nicht nur das: Auf dem Lehrplan stehen zusätzlich Hygienevorschriften und Kaffeekunde. Zwischendurch darf auch mal ein Kaffee verkostet werden.

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