NaturführungenDieser Mann kennt in der Flittarder Rheinaue jeden Grashalm

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Fühlt sich im Grünen richtig wohl: Manfred Hebborn bietet seit vielen Jahren Naturführungen in Flttard an.

Fühlt sich im Grünen richtig wohl: Manfred Hebborn bietet seit vielen Jahren Naturführungen in Flttard an.

  • Manfred Hebborn ist jemand, der sich im Dschungel zwischen Bayerwerk und Klärwerk Stammheim auskennt.
  • Im Gespräch erzählt er, was ihm der Ehrenamtspreis der Stadt Köln eingebracht hat und was er als Waldschützer von der Jagd hält.

Die Flittarder Naturstation liegt zwischen dem Bayerwerk und dem Klärwerk Stammheim – eine grüne Insel. Und Manfred Hebborn ist jemand, der sich in diesem Dschungel auskennt. Seit vielen Jahren bietet er dort kostenlose Führungen an. Bernd Imgrund sprach mit dem Natrufreund.

Vor ziemlich genau einem Jahr hat Ihnen OB Reker den Ehrenamtspreis der Stadt Köln überreicht. Wie ist er dotiert?

Man bekommt eine Urkunde und 500 Euro.

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Und womit hatten Sie das verdient?

Meine Führungen durch die Flittarder Natur mache ich nun schon seit dreißig Jahren jeweils einmal im Monat. Dennoch kam der Preis überraschend für mich. Frau Reker habe ich während der Übergabe übrigens schätzen gelernt, die war wirklich liebenswürdig. Und ihre Sekretärin kam bald darauf mit einer Gruppe Kinder aus Finkenberg wieder, aus der Hochhaussiedlung.

In Finkens Garten in Rodenkirchen wurde mir erzählt: Viele dieser Kinder denken, Äpfel wachsen in den Kisten im Supermarkt.

So ähnlich ist es. Die waren noch nie am Rhein, noch nie im Wald, die kannten gar nichts. Aber dann waren sie den ganzen Tag hier, haben sich anständig benommen und waren begeistert.

Sie machen diese Führungen seit Jahrzehnten umsonst. Warum wollen Sie damit kein Geld verdienen?

Naturschutz habe ich schon als Kind betrieben, das ist mir eine Herzensangelegenheit. Mein Vater war ein Vogelfreund, er hat auch selber gezüchtet. Der hat Waldvögel mit Kanarienvögeln gekreuzt, da kamen ganz neue, unglaubliche Gesangsstimmen bei raus.

Und Sie haben diese Tradition fortgesetzt?

Nein, das war nichts für mich. Genauso wenig habe ich mit den anderen Jungs auf dem Bolzplatz abgehangen. Da bin ich lieber mit dem Fernglas in den Wald oder an den Rhein.

Zur Person

Omar Sheikh Khamiis wurde 1997 in Latakia, Syrien, geboren, an einem 11.11. Einem größeren Publikum wurde er durch seinen Auftritt bei „Köln zeigt Haltung“ 2018 auf dem Heumarkt bekannt. Dort sang er unter anderem das Lied „Kriegsstart“, das sich gegen alle kämpfenden Parteien in Syrien richtet und ein friedliches Miteinander propagiert.

In der Schule in Syrien war er stets der Klassenbeste und machte eine Ausbildung zum Elektrotechniker. Nach kurzer Zeit an der Universität floh er 2015 nach Deutschland und landete in Köln.

Seit acht Jahren rappt er, seine Songs schreibt und komponiert er selbst. MC Omar SyDe, wie er sich nennt, singt oft zweisprachig auf Arabisch und Deutsch. Das MC seines Künstlernamens steht für Mic Control, das SyDE für Syrien/Deutschland. Omar Sheikh Khamiis wohnt in Sülz. 

Soweit ich weiß, sind Sie weder studierter Botaniker noch gelernter Gärtner.

Nein, ich bin Glasbläser, wir haben vor allem Lichtreklamen hergestellt. Für Zweirad Jung in Mülheim habe ich zum Beispiel eine gemacht, so eine umlaufende Kontur mit dem Namen des Geschäfts. Aber ich weiß nicht, ob die noch hängt. Glasbläser war immer ein sehr konjunkturabhängiger Betrieb, alle wollten vor Weihnachten ihre Fassaden fertig haben.

Was fasziniert Sie in der Natur?

Alles! Als ich sämtliche Vögel kannte, kamen die Schmetterlingen, Insekten, die Pilze und Heilpflanzen dran. In der Natur hängt alles miteinander zusammen, dieser Kreislauf interessiert mich am meisten. Der Vogel braucht den Baum fürs Nisten, der Maulwurf die Erde für seinen Bau.

Aber jetzt sterben bald die Insekten aus und damit auch wir Menschen.

(lacht) Das ist Quatsch. Natürlich werden die weniger in langen Trockenzeiten. Aber die kommen dann auch wieder. Und genauso verhält es sich mit dem angeblichen Bienensterben, da ist meines Erachtens auch nichts dran.

Was ist das Ziel Ihrer Ehrenamtsarbeit?

Bei den Menschen ein Verständnis für den Naturschutz zu erwirken. Da geht es auch um Achtung für die Natur. Manche Leute erzählen mir nach einer Führung, sie haben seitdem ein Auge auf ihren Weg und treten nach Möglichkeit keinen Käfer mehr platt.

Sind Sie so etwas wie der Peter Wohlleben des Kölner Nordens?

Ich bin sicher nicht so fernsehtauglich wie er. Aber ich finde toll, was er leistet. Der bringt Naturschutz allgemein verständlich rüber. Ich spreche nicht wie er mit Bäumen, ist ja klar. Aber er wie ich finden selbst das kleinste Pflänzchen spannend.

Wie gut sind Sie, sagen wir, im Bereich Pilze?

Ich schätze, ich kenne an die 200 Pilze, darunter natürlich alle essbaren. Manchmal habe ich keinen Namen zum Pilz, aber ich erkenne seine Struktur und zu welcher Familie er gehört. Am wichtigsten sind die verwechselbaren Pilze, von denen eine Art giftig ist. Da weiß ich auch Bescheid, wenn ich auch mit einem echten Fachmann nicht mithalten könnte.

Gibt es in Flittard tödliche Pilze?

Nein, nur nicht genießbare. Letztens habe ich in einer Wohnsiedlung einen echten Satanspilz entdeckt, den möchte ich nicht essen! (lacht) Graublättrige Schwefelköpfe aus dem Wald hier sind essbar, von den Grünblättrigen Schwefelköpfen jedoch sollte man die Finger lassen. Wer die verwechselt, stirbt nicht, aber gehörig schlecht wird ihm werden.

Zwischen Stammheim und Leverkusen liegt der sehr gepflegte, ziselierte Japanische Garten des Bayerwerks. Ist das was für echte Naturfreunde?

Mit freier Natur hat das sicher nichts zu tun. Aber ich finde den sehr schön, weil er uns die asiatische Gartenkunst nahebringt. Das ist ein echtes Vorzeigeterrain hier im rechtsrheinischen Kölner Norden.

Gibt es in Flittard auch seltene Arten?

Seit einigen Jahren brütet der Schwarze Milan am Rhein, im Baumbereich gleich am Ufer. Der holt sich frische Fische aus dem Wasser, frisst aber auch angeschwemmte tote. Neuerdings beobachten wir hier aber auch einen Roten Milan, der eigentlich ins Bergische Land so ab Dünnwald aufwärts gehört. Von meinem Balkon aus kann ich direkt auf seinen Horst gucken, das ist natürlich ein großes Glück.

Und jenseits der Vögel?

Die jüngsten Zuwanderer sind Bisam und Nutria. Die findet man hier am „Binnewasser“, wie wir das nennen. Offiziell handelt es sich um eine Hochflutrinne, letztlich ist das ein rund anderthalb Kilometer langer Teich direkt hinterm Deich.

Das Wort Flittard kommt von „fließende Erde“ und erinnert an die regelmäßigen Überschwemmungen hier.

Aber der Deich ist in den 1930ern nochmal erhöht worden, und seitdem ist Ruhe hier.

Wie ist Ihre Naturstation, dieses Biotop zwischen Chemie- und Klärwerk entstanden?

Die 50 Apfelbäume hier betreuen wir schon seit 1989. Das Gebäude verwalteten damals die Gärtner des Schlossparks, aber die wurden irgendwann nach Höhenberg versetzt. Nach einem Zwischenpächter kamen wir dann an das Gelände und bewirtschaften es seitdem eben auch mit weiterem Obst, Gemüse und Bienen.

Sie schützen die Natur, aber als Schützenbruder schießen Sie den Vogel ab?

Ich bin Mitglied bei den Sebastianusschützen, das ist richtig. Aber ich schieße nicht auf den Königsvogel. Als Schützenkönig hat man sehr viel Arbeit und benötigt entsprechend viel Zeit. Diese brauche ich aber für die Natur. Wichtig ist für mich das Vereinsleben. Flittard ist ein Dorf, da kümmert man sich. Ich bin obendrein im Kirchenchor, im Bürger- und im Männergesangsverein.

Tenor oder Bariton?

Bass natürlich! (lacht) Wir nennen uns die Flittarder Hofsänger, nach der Gaststätte im Ort, dem Flittarder Hof. Wir haben keinen Chorleiter und singen nur, was wir schön finden. Vor allem Volkslieder wie „Wo die Wälder noch rauschen“, ein bergisches Heimatlied.

Was halten Sie als Waldschützer von der Jagd?

Ich war selbst zehn Jahre Jagdhornbläser, davon zehn Jahre als Jäger. Ich hatte allerdings nur eine Schrotflinte, keine Büchse mit Kugeln. Während viele Naturverbände über die Jagd schimpfen, sind Jäger für mich gute Naturschützer. Die betreuen ein gewisses Revier und halten Ordnung dort. Rehe, Hirsche und so weiter müssen bejagt werden, das ist sogar Vorschrift, sorgt für ein Gleichgewicht im Wald und dient auch allen anderen Waldbewohnern.

Mal ein Wildschwein zur Strecke gebracht?

Nein. Ich habe höchstens mal während einer Niederwildtreibjagd einen Fasan oder ein Karnickel geschossen.

Mit Schrot kann das doch jeder.

Das ist nicht wahr. Gerade Karnickel sind schwierig zu erwischen. Die sind vorne zu schnell und hinten zu kurz. (lacht)

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