Neue Satzung nicht rechtskonform?Stadt Köln muss beim Kampf gegen Airbnb zurückrudern

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Privatwohnung statt Hotel: Auch in Köln buchen immer mehr Reisende ihre Unterkünfte über Airbnb und Co. (Symbolbild)

Privatwohnung statt Hotel: Auch in Köln buchen immer mehr Reisende ihre Unterkünfte über Airbnb und Co. (Symbolbild)

  • Die Stadt hatte ab 1. Juli eine neue Wohnraumschutzsatzung geplant. Die ist in Teilen aber nicht rechtskonform.
  • Um welchen Passus geht es und was heißt das für Kölns Kampf gegen illegale Vermietung?

Köln – Eigentlich wollte die Verwaltung ab Juli mit schärferen Regeln gegen die Wohnungsnot in der Stadt vorgehen – jetzt muss sie aber eine der zwei wesentlichen Neuerungen wieder selbst einkassieren, weil sie sonst jede Klage gegen ihr Regelwerk verloren hätte. „Die Satzung wäre nicht rechtskonform“, sagte Wohnungsamtsleiter Josef Ludwig der Rundschau.

Ludwig und Co. hatten bei ihrem Vorschlag für den Stadtrat ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1997 übersehen, laut Ludwig hält es bei Neubauten die Orientierung an den ortsüblichen Vergleichsmieten für unzulässig. Genau diese Deckelung wollten Ludwig und Sozialdezernent Harald Rau aber einführen, um hohe Mieten einzudämmen. Ludwig sagt: „Wir hätten jeden Prozess verloren.“

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Und allmählich herrscht Zeitdruck: Entscheidet der Stadtrat nicht am Dienstag über die neuen Vorgaben, droht ab 1. Juli ein Zeitraum ohne Regeln – denn die alte Satzung läuft Ende Juni aus. Wobei es als unwahrscheinlich gilt, dass es soweit tatsächlich kommt.

Alles zum Thema Henriette Reker

Die Satzung

Seit dem 1. Juli 2014 gilt in Köln das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum. Die Stadt erklärt: „Jede andere Nutzung von Wohnraum als zu Wohnzwecken stellt eine Zweckentfremdung dar, beispielsweise die Umwandlung des Wohnraums in ein Büro oder einen Gewerberaum. Aber auch eine Nutzung als Ferienwohnung, Gästezimmer oder der Abbruch oder Leerstand der Wohnung fallen darunter.“ Für diese Fälle braucht es eine Genehmigung.

7000

Wohnungen fehlen laut Stadt, weil sie kurzfristig als Feriendomizil vermietet werden, teils sind es komplette Häuser. Marktführer ist das Portal Airbnb, das aber lediglich die Wohnungen vermittelt und nicht anbietet. Airbnb weist darauf hin, dass nur gut die Hälfte (58 Prozent) komplette Wohnungen sind. Demnach sind 41 Prozent nur ein Zimmer in einer Wohnung.

Die Vermieter können laut Stadt das Fünf- oder Sechsfache der üblichen Miete herausholen – sind aber noch günstiger als Hotels. Beliebte Viertel sind die Südstadt, Nippes, Ehrenfeld oder die Altstadt. In der Vergangenheit hat die Stadt bis zu 10 000 Euro Bußgeld verhängt, will sich nun aber näher an die rechtlich in NRW zulässige Höchststrafe von 50 000 Euro heranwagen.

Der Rat hat zuletzt mehr Stellen für Kontrolleure beschlossen, die Verwaltung eine Kampagne gestartet namens „Zum Wohnen gebaut - Wohnungen sind keine Touristenunterkünfte“. (mhe)

Im Kern geht es darum: Zum 1. Juli 2014 hatte die Verwaltung erstmals eine neue Wohnraumschutzsatzung eingeführt. Damit will sie auf dem überhitzten Wohnungsmarkt ein Instrument in der Hand haben, um zu verhindern, dass komplette Wohnungen nur noch als Ferienappartements vermietet werden, etwa über die Vermittlungsplattform Airbnb. Eine Zweckentfremdung liegt vor, wenn mehr als die Hälfte einer Wohnung dauerhaft gewerblich als Ferienwohnung vermietet wird. Die Satzung läuft nun aus, ein Nachfolger muss her, also präsentierte die Stadt am 25. April ihren Entwurf der Öffentlichkeit, Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte: „Die Wohnraumschutzsatzung ist ein wichtiger Baustein zur Sicherung des bezahlbaren Mietwohnungsbestandes in Köln.“

Es geht um den Zusatz „ortsübliche Vergleichsmiete“

Vor allem zwei Neuerungen sollten dafür sorgen. Erstens: Zusätzlich zu Mietwohnungen soll sie zukünftig alle Wohnungen schützen, auch Eigenheime und Eigentumswohnungen. Und eben zweitens: Wer ein Haus abbricht und neuen Wohnraum baut, muss sich an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren und muss diese der Stadt auch zeigen. Der ganze Zusatz ist neu – und nicht rechtssicher.

Ein Mitarbeiter des Wohnungsamtes stieß nach der Pressekonferenz auf das Urteil von 1997. Das Gericht hatte vor 22 Jahren die Orientierung an der Vergleichsmiete als unzulässig angesehen. Rau und Ludwig nahmen den Passus raus, der Stadtrat entscheidet nächste Woche über eine deutlich mildere Version. Verkommt das neue Regelwerk also zum zahnlosen Tiger? „Nein. Es wäre schön, wenn wir mehr Munition gehabt hätten, aber nur weil die Vergleichsmiete jetzt fehlt, ist es kein zahnloser Tiger.“ Ludwig übernahm die Verantwortung für den Fehler, sagte aber auch: „Besser wir haben es jetzt gefunden als gar nicht.“

Doch zusätzlich zu dem zunächst übersehenen Urteil gab es nach der Veröffentlichung am 25. April negative Rückmeldung von Projektentwicklern. Laut Ludwig hätten sie angesichts der gedeckelten Miete kritisiert, dass „man zu diesen Preisen nicht bauen kann“.

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