Neue Zahlen in KölnTag der Wahrheit für die Bühnensanierung

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  • Am 25. Juni will der Betriebsleiter der Bühnensanierung, Bernd Streitberger, den aktualisierten Kosten- und Terminplan vorlegen.
  • Stand jetzt sollen die Häuser am Offenbachplatz 2022 fertig sein und bis zu 580 Millionen Euro kosten.
  • Es gilt als wahrscheinlich, dass die Werte steigen.

Köln – Es ist der nächste Tag der Wahrheit für die Sanierung der Bühnen am Offenbachplatz – mal wieder. Nach all den Jahren entwickelt sich ja fast so etwas wie eine gewisse Routine im Verkünden weiterer Verzögerungen und Kostensteigerungen. Am Donnerstag, 25. Juni, will der Technische Betriebsleiter Bernd Streitberger unter Punkt 11.1 dem Betriebsausschuss Bühnen des Stadtrats den neuen Terminplan und die neue Kostenrechnung präsentieren, das Papier läuft unter der Nummer 2007/2019. Nicht-öffentlich läuft das ab, also zunächst ohne Presse oder Bürger, sie werden danach informiert.

Bei einem Diskussionsabend am 9. April hatte Streitberger gesagt: „Es gibt jetzt erstmals belastbare Pläne. Ich bin nicht sehr nervös wegen der Baukosten, die wir bald dem Rat nennen werden.“ Am Freitag ist Streitberger schweigsamer, will nichts zu Kosten und Terminen sagen. Ein Bühnen-Sprecher sagt der Rundschau: „Wir werden vor dem 25. Juni keine Zahlen präsentieren.“ Die Experten haben die vergangenen Monate die Sanierung weiter geplant, es handelt sich dabei um die sogenannte erweitere Entwurfsplanung, die dritte von neun Phasen. Die Ergebnisse liegen Streitberger und Co. nun vor, daraus wollen sie die nächsten Kennzahlen für den 25. Juni formen.

Trotzdem sind seit Wochen Gerüchte um das Ergebnis zu hören, keine konkreten Zahlen. Doch die Gerüchte bestätigen Streitbergers Aussage aus dem April, der Tenor: Es dauert etwas länger, aber nicht sehr viel. Und auch die Kosten bleiben verhältnismäßig im Rahmen – was immer das heißen mag angesichts der aktuell prognostizierten bis zu 580 Millionen Euro. Es sollten mal 253 Millionen Euro sein (siehe Info-Kasten). Es werden vier Häuser saniert: Opernhaus, Schauspielhaus, Kinderoper und Kleines Haus.

Alles zum Thema Henriette Reker

Mittlerweile ist teils eine gewisse Müdigkeit eingekehrt in der Erregungs-Spirale um Kölns größten und bislang spektakulär gescheiterten Kulturbau. Das war vor dem Sommer 2017 anders, damals hatte Streitberger mit Oberbürgermeisterin Henriette Reker erstmals konkrete Zahlen genannt, nachdem er mehr als ein Jahr nach seinem Amtsantritt neu hatte planen lassen. Seinerzeit lagen sie zwischen 544 und 570 Millionen Euro, die Fertigstellung war für Ende 2022 geplant, die Eröffnung für 2023. Als „Desaster“ bezeichnet Reker das. Und: „Die Zahlen sind für Köln eine große Bürde.“

Desto tiefer die Planung, je höher die Kosten

Pflichtschuldig weist Streitberger monatlich einen Bericht aus, legt das Werk den Ausschüssen des Stadtrates vor. Es soll sein Handeln überprüfbar machen. Vereinfach gesagt lautet die Botschaft seit Monaten: Die Zahlen bleiben im Wesentlich zunächst wie sie sind, aber die Risiken sind groß, dass es wieder länger dauert, wieder mehr kostet. Das Motto: Desto tiefer die Planung, je höher die Kosten.

Beispielsweise steht im April-Monatsbericht: „Das aktuelle Kostenrisiko ist jedoch auch weiterhin als hoch zu bezeichnen.“ Und: „Das aktuelle Terminrisiko ist bis zu diesem Zeitpunkt (Streitbergers neue Rechnung, Anmerkung der Redaktion) weiterhin als hoch einzuschätzen.“ Oder: „Bisher unerkannte Planungs- und Baumängel können zu weiteren terminlichen Verzögerungen und Mehrkosten führen.“ Die aktuelle Kostenprognose für die Sanierung steht bei 549,62 Millionen Euro, plus 30,25 Millionen Euro Risikozuschlag beträgt die Gesamtprognose 579,87 Millionen Euro.

Die Bühnen am Offenbachplatz

1957: Opernhaus wird eröffnet.

1962: Das benachbarte Schauspielhaus ist fertig.

1989: Das Gebäudeensemble erhält Denkmalschutz.

2007: Rat verabschiedet Sanierungsbudget von 230 Millionen Euro.

2009: Kostenschätzung zur Sanierung lautet 364 Millionen Euro. Planungsstopp.

2010: Eine Bürgerinitiative will das Schauspielhaus erhalten, der Rat folgt dem Wunsch.

2011: Rat verabschiedet Sanierung für 253 Millionen Euro.

2012: Die letzte Aufführung im Opernhaus findet statt.

2013: Grundsteinlegung

2014: Richtfest

2015: Geplante Eröffnung am 7. November wird abgeblasen. Große Probleme mit Technik, etwa der Belüftung. Kündigung des Ingenieurbüros.

2016: Rat nickt neues Budget von 337 Millionen Euro ab, ehemaliger Baudezernent Bernd Streitberger übernimmt als Sanierer. Das Kleine Haus eröffnet vorläufig, der Rat erhöht das Budget auf 404 Millionen Euro.

2017: Streitberger präsentiert neue Kosten und Termine: Er geht von 545 bis 570 Millionen Euro aus, Bauende soll Ende 2022 sein, die Eröffnung 2023, elf Jahre nach Baubeginn 2012.

2018: Bühnen wollen Klage einreichen, 27,4 Millionen Euro Schadenersatz vom gekündigten Ingenieurbüro einklagen.

25. Juni 2019: Aktualisierte Prognose Kosten und Termine.

Vor allem bleiben die Bühnen auch nach der Eröffnung eine große Bürde für den städtischen Haushalt. Wie am 8. Mai berichtet, steigt ab der Eröffnung der jährliche Betriebskostenzuschuss auch durch die Sanierung auf voraussichtlich 98 Millionen Euro. Es handelt sich dabei um die Summe, die die Stadt ihrem Eigenbetrieb Bühnen jährlich zahlt. Damit finanziert der seinen Betrieb, unter anderem um Ticketpreise relativ günstig zu halten oder Tariferhöhungen zu finanzieren. Zudem wird der Interims-Spielbetrieb bezahlt, solange am Offenbachplatz keine Aufführungen möglich sind. In der Spielzeit 2019/2020 sind es 9,76 Millionen Euro. Insgesamt kosten die Ausweichspielorte von 2010 bis 2022 rund 113 Millionen Euro.

Aktuell liegt der Betriebskostenzuschuss bei 68,52 Millionen Euro, er steigt also um rund 43 Prozent auf 98 Millionen Euro. „Das dicke Ende kommt zum Schluss“, sagt ein Beteiligter. Die Logik hinter der Steigerung: Die Bausumme wird über Kredite samt Zinsen finanziert, viele Kosten werden erst mit Fertigstellung fällig. Noch handelt es sich bei den 98 Millionen Euro um Prognosen, die Zahlen können sich also noch verändern, aber klar ist: Mit der Eröffnung der Bühnen sind die Belastungen für den städtischen Haushalt noch lange nicht vom Tisch. Das „Desaster“ (O-Ton Reker) dauert an, die „große Bürde“ bleibt.

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