Neues Album „Liebe gewinnt“Brings veröffentlichen eine „gezielte Liebes-Attacke“

Lesezeit 3 Minuten
Zwei Herren im Ohrensessel: Stephan (l.) und Peter Brings haben viel Lebenserfahrung in das neue Album ihrer Gruppe gepackt. „Liebe gewinnt“ ist zugleich Titelsong und roter Faden.

Zwei Herren im Ohrensessel: Stephan (l.) und Peter Brings haben viel Lebenserfahrung in das neue Album ihrer Gruppe gepackt. „Liebe gewinnt“ ist zugleich Titelsong und roter Faden.

Köln – Wie ein radikaler Steinewerfer steht er da. Peter Brings trägt einen schwarzen Kapuzenpulli, die Hose rot kariert, genau wie das Tuch, mit dem er sein Gesicht vermummt. Als Wurfgeschoss dient ein Strauß bunter Sommerblumen. Das Cover des neuen Albums „Liebe gewinnt“, das am Freitag erscheint, ist einem Motiv des Sprayers Banksy nachempfunden. Straßenkunst. Kunst für die Straße. So wie das aktuelle Werk der fünf Brings-Musiker. Eine gezielte Liebes-Attacke.

Als am 11.11. das partywillige Volk auf dem Heumarkt den Sessionsauftakt feierte, spielte Brings als erste Nummer den Titelsong des neuen Albums. Ruhig ist der Rhythmus, hochdeutsch der Text, Streicher sorgen für klangliche Opulenz. Eine Liebeserklärung an die Menschheit, eine Absage an Krieg und Gewalt. Eine Wunderkerzen-Nummer, die bei Konzerten den Kontrapunkt zu den vielen schnellen Hits bilden wird. Zur Liebe gehört für die Brings-Brüder Peter und Stephan auch die Absage an rechtes Gedankengut, in „Die Färv der Freiheit“ singen sie angewidert vom „Nazi-Dreck“. „Der latente Rassismus im Land ist größer als man meint“, sagt Peter Brings all der „Hass im Netz“, die als Kommentar getarnte Hetze, das nervt ihn gewaltig.

Auf dem 15. Studioalbum der Gruppe sind 15 Lieder vereint, die Musiker sind gealtert, von der eigenen Vergänglichkeit (Bevör mer jonn) singen sie, von der harten Lebenswirklichkeit (Wo bis du), die mit der Frage endet: „Wo sin all uns Dräum nor hin?“ Sie bezeichnen es als „Wunder“, dass sie noch leben, in „Immer nor zo dir“ stellen sie fest: „Die eeste Halvzick, die is allt öm“, gemeint ist das Leben. Angst vor dem Tod habe er nicht, singt Peter Brings, die kurze Nummer „Auge zo“ handelt vom Leben nach dem Tod und entwirft das Bild einer Insel, auf der nur das Gute Platz hat.

Nun reden sie nicht mehr drum rum, verschwenden keine Zeit mit Höflichkeiten, das neue Album ist an vielen Stellen schonungslos direkt. Er wolle „ein Leben aus erster Hand“ sagt Peter Brings, damit meint er bewusste Ernährung, Bildung, die nicht aus dem Internet stammt, ein Leben im Hier und Jetzt und nicht in sozialen Netzwerken. Wenn er dies bei Konzerten äußere, ernte er jedes Mal Jubel, „dann recken wieder alle ihre Handys in die Höhe“, erzählt er genervt.

Lied mit „Dennis aus Hürth“ aufgenommen

Eine der wohl schönsten Balladen des Albums (Wenn et dunkel weed) ist dem Familienleben im Hause Brings gewidmet. Wenn Peter Brings seinen Sohn, inzwischen 19 Jahre alt, abends gefragt habe, wo er denn jetzt noch hingehe, habe er als Antwort gehört: „Raus“. Wenn der Sohn dann viele Stunden später in derangiertem Zustand zurückkam und der Vater wissen wollte, wo er herkam, habe die Antwort gelautet: „Von draußen“. So ist die Pubertät.

Dass Brings eine Rock-Band ist, lässt sich auch auf dem aktuellen Werk nicht überhören, die wildesten Gitarren-Riffs liefert die Nummer „Kölsche Ääd“, hier darf sich Harry Alfter an seinem Instrument richtig austoben. Sogar Techno-Klängen geben die Musiker Raum, in „Et jeilste Land“ singen sie mit dem Komiker Dennis aus Hürth, eine freche Persiflage auf US-Präsident Donald Trump, der einst Belgien für eine schnuckelige Stadt hielt. Das Stück trieft vor lauter Selbstironie, weil Köln natürlich doch nicht so toll ist, wie es in Hürth scheint.

Das könnte Sie auch interessieren:

Rundschau abonnieren