Neues Zentrum eröffnetWarum das St. Marienhospital in Köln auf Altersmedizin setzt

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st. Marien Hospital in Köln

Das St. Marien-Hospital in Köln 

Köln – „Altersmedizin ist Medizin anders gedacht. Und zwar nicht mit dem Ziel der Heilung, die nicht mehr erreicht werden kann, sondern mit dem Ziel, die Lebensqualität und die Funktionalität zu erhalten“, sagt Professor Ralf-Joachim Schulz. Er leitet das neue Altersmedizinische Zentrum am St. Marien-Hospital in der Innenstadt. Seit Ende vergangenen Jahres sind dort die geriatrischen Angebote gebündelt worden. Dahinter steht die Idee eines umfassenden altersmedizinischen Versorgungsangebots. Denn: Weil die Deutschen immer älter werden, wird die Altersmedizin immer wichtiger.

„Als geriatrische Patienten gelten Menschen ab 70, die mindestens zwei behandlungsbedürftige chronische Erkrankungen haben. Ab 80 gilt man in der Regel als geriatrischer Patient“, erklärt Schulz. Ganz gleich ob nach einem Bruch, einem Herzinfarkt oder einer Krebsdiagnose − ältere Menschen sind in der Regel Patienten mit speziellen Bedürfnissen. Oberstes Ziel ist es, ihre Selbstständigkeit zu erhalten. „Deswegen ist unser medizinischer Ansatz wesentlich generalistischer, das heißt, wir sehen die einzelnen Erkrankungen, wir sehen aber auch funktionelle Übungen, auch unter dem Aspekt der Prävention“, sagt Schulz, der ein führender deutscher Altersforscher ist und unter anderem Präsident der Deutschen Fachgesellschaft für Geriatrie war.

Damit beispielsweise ein Mensch mit einer Herzschwäche wieder alleine zuhause leben kann, muss nicht nur die Krankheit mit Medikamenten in den Griff bekommen werden, auch die Kraft und die Bewältigung des Alltags müssen trainiert werden. Dabei wird bei Bedarf im Altersmedizinischen Zentrum auch eingeübt, wie man mit Hilfsmitteln wie einem Rollator richtig umgeht. Denn: Falsche Handhabung kann einen Rattenschwanz an Folgen nach sich ziehen − Verspannungen, Hüftprobleme oder Stürze. Wie man diesen gezielt vorbeugt, wird bei Bedarf im Altersmedizinischen Zentrum auch vermittelt.

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Immer noch Vorurteile gegenüber der Geriatrie

Besonderes Augenmerk legt Geriater Schulz auf die Ernährung. „70 Prozent der geriatrischen Patienten sind mangelernährt oder haben das Risiko einer Mangelernährung.“ Das Ernährungsteam im St. Marien-Hospital schaut sich das Essverhalten der Patienten deshalb genau an. „Oft gehen soziale Isolation und Mangelernährung einher. Das ist ein schleichender Prozess“, hat Schulz festgestellt.

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Wenn die Tagesstruktur fehlt, beispielsweise weil ein Partner verstorben ist, vernachlässigen Menschen nicht selten regelmäßige und gehaltvolle Mahlzeiten. Vor allem ausreichend Protein, das die Muskeln brauchen, werde im Alter wichtiger. Patientinnen und Patienten lernen also, auf ihre Ernährung zu achten. Sie werden auch darin geschult, eine App zu nutzen, mit der sie ihre Nahrungszufuhr kontrollieren und Erfolgserlebnisse haben können.

Trotz seiner Überzeugung, wie wichtig die Geriatrie in einer immer älter werdenden Gesellschaft ist, weiß Schulz um die Vorurteile ihr gegenüber. „Geriatrie, das ist nicht sexy“, stellt er nüchtern fest. Noch sitzt das Stigma gegen das Altern fest in den Köpfen. „Es gilt zwar als erstrebenswert, lange zu leben. Alt sein dagegen möchte man nicht“, weiß auch Schulz.

Von Anfang an in den richtigen Bahnen

Dass Kinder zum Kinderarzt gehen, gilt als selbstverständlich, dass ältere Menschen jedoch eine besondere Behandlung durch einen Altersmediziner brauchen, hat sich in vielen Köpfen noch nicht festgesetzt. Zumindest auf der Patientenseite. In der Medizin ist das anders. Ab 2024 muss in jeder Unfallchirurgie ein Geriater eingebunden sein. Damit die Behandlung von Anfang an in die richtigen Bahnen gelenkt wird.

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