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Künstler im LockdownMarie Enganemben: „Mir fehlt Köln, wie ich es kenne“

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Marie Enganemban

Marie Enganemben liebt ihre Wahlheimat Köln. 

Nippes – Mit zwei Jahren kam Marie Enganemben von Kamerun ins Rheinland. Nachdem sie in Bonn aufgewachsen war, zog sie vor rund 20 Jahren nach Köln. Die Musikerin leitet die Gospelschule "Na Mouléma", ist aber auch in einer kölschen Band, als Schauspielerin und Pädagogin aktiv. In Nippes kennt man sie seit 2019 als Gastgeberin der "Sing mit!"-Abende im Bürgerzentrum Altenberger Hof, die momentan freilich Corona-bedingt pausieren müssen. Wir trafen die kölsche Powerfrau in ihrer Gospelschule.

Frau Enganemben, Sie haben vor 20 Jahren Köln zu Ihrer Wahlheimat gemacht, als Sie von Bonn hierher zogen. Wie unterscheiden sich für Sie Köln und Bonn?

Enganemben: Auch Bonn ist eine tolle Stadt, aber viel Flair ging verloren, seitdem die Hauptstadt weg ist. Bonn war ähnlich tolerant und persönlich geprägt wie Köln. Und Köln habe ich einfach lieben gelernt; die Mentalität passt zu mir. Wie kam es zur Initiative, die Gospelschule "Na Mouléma" zu eröffnen?

Das Hauptmotiv war, dass ich Freude, Liebe und Begegnungen einen Raum geben will. Beim gemeinsamen Singen werden wunderbare Emotionen und Energien geweckt und freigesetzt. "Na Mouléma" kommt aus der Bantu-Sprache und bedeutet "mit dem Herzen". Dies ist zugleich mein Arbeits- und Lebensmotto. Unsere Teilnehmer sind ganz bunt gemischt. Bei uns geht es quer durch alle Nationalitäten und Altersklassen, von Kindern bis zu Rentnern. Daneben haben Sie Ihre eigene kölsche Band "Marie" gegründet.

Ja, mein musikalisches Spektrum ist sehr groß. Alles, was in die Afro-Richtung geht – Reggae, Soul, Funk, Gospel – ist mein Ding. Aber auf ein Genre möchte ich mich nicht festlegen wollen. Und weil mir Köln so viel gegeben hat, ist die Stadt ein Teil meiner Musik geworden. Ich habe mich in die kölsche Sprache einfach verliebt, und das Publikum hat mich beim Singen kölscher Lieder motiviert und mir Zuspruch gegeben. Das ist genau, was ich mit Musik erreichen will: Menschen zu verbinden und zu vereinen. Neben Ihrer Tätigkeit als Musikerin und Chorleiterin sind Sie Pädagogin für Gewaltprävention. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?

Vor allem will ich etwas zurückgeben. Ich bin selbst im Jugendzentrum groß geworden. Es ist Gold wert, in einem Umfeld aufgewachsen zu sein, das einem viele gute Eigenschaften näherbrachte: Respekt, Anerkennung, Selbstvertrauen zu entwickeln. Und den Spagat zwischen beiden Kulturen hinzubekommen, das muss man erst mal schaffen. Ganz alleine hätte ich das auch nicht geschafft. Genau deshalb bin ich noch heute im Bonn-Bad Godesberger Jugendzentrum K7 tätig, wo ich selbst als Jugendliche hingegangen bin. Dort leiste ich Theater-, Bewegungs- und Gesangsprojekte, um Gewalt vorzubeugen.

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Keine Auftrittsmöglichkeiten, keine Proben – was ist für Sie persönlich das Schlimmste an der Lockdown-Phase?

Allgemein fehlt mir Köln, wie ich es kenne, sehr. Alles, was uns als Stadt ausmacht und worin wir aufgehen – die Geselligkeit, die Kontakte, das Zusammen-Feiern –, ist uns momentan genommen. Der Verlust menschlicher Nähe ist eine der schlimmsten Seiten der Pandemie. Und natürlich fehlt mir auch das Musizieren vor Publikum besonders.

Auch die Mitsingkonzerte im Bürgerzentrum Altenberger Hof, die 2019 Premiere feierten und die Sie moderieren, können natürlich momentan nicht stattfinden.

Das ist besonders bitter, denn die Mitsingabende sind immer ein besonderes Erlebnis. Auf der Bühne dort bin ich nicht so sehr die Künstlerin, sondern die private Marie kommt stark durch. Gerade weil die Mitsing-Titel so kunterbunt gemischt sind, hat es seinen Reiz. Viele persönliche Erinnerungen hängen an den Liedern, ob von Marianne Rosenberg, Nena oder den Ärzten. Ich kann mich an das letzte Konzert im März 2020 erinnern. Schon dieses war von der Kapazität sehr eingeschränkt. Doch für die Leute, die da waren, war der Abend sehr wichtig, das merkte man. Auch die Karnevalssession wird wohl ausfallen.

Ja, eigentlich wäre ich jetzt in der ersten Session gewesen, und hatten bereits einen Sessionstitel zum „Nur zesamme sin mer Fastelovend”-Motto eingespielt. Ich hoffe jedoch sehr, dass es dann im nächsten Jahr wieder losgeht und wir wieder miteinander feiern können. Was ist Ihr persönlicher Tipp, wird es wieder reguläre Konzerte geben können

Wenn ich das nur wüsste. Die Regierung hat die zweite Jahreshälfte als mögliches Ziel angedeutet. Ich hoffe und bete, dass dies eintritt.

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