Nippeser St.-Vinzenz-KrankenhausÄrger über Schließung der Notdienstpraxis

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Kein Verständnis hat man in der Notdienstpraxis für die Pläne der Kassenärztlichen Vereinigung.

Kein Verständnis hat man in der Notdienstpraxis für die Pläne der Kassenärztlichen Vereinigung.

Weidenpesch – Dr. med. Jürgen Zastrow war scheinbar unmittelbar aus seiner Praxis ins Bezirksrathaus gekommen, denn der HNO-Mediziner trug noch immer ärztliches Weiß, als er vor die Bezirksvertretung Nippes trat. Diese hatte Zastrow zu einer aktuellen Stunde eingeladen, die anberaumt worden war, nachdem in der vergangenen Woche bekannt geworden war, dass neben der Notdienstpraxis in Chorweiler nun auch diejenige am Nippeser St.-Vinzenz-Krankenhaus geschlossen werden soll. Einzig die Notfallpraxis des Heilig-Geist-Krankenhauses soll erhalten bleiben und für Nippeser und Chorweiler Bürger gleichermaßen zur Anlaufstelle werden.

Als Vorsitzender der Kölner Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein war Zastrow gebeten worden, die Beweggründe für diese Entscheidung zu erläutern. Zastrow war gut vorbereitet mit einem Vortrag, in dem er die Reduzierung der Kölner Notfallpraxen verteidigte. Mit zurzeit noch sechs Notfallpraxen habe Köln noch immer mehr als jede andere Großstadt – allein drei davon befänden sich im Kölner Norden. Folglich seien die Praxen zu klein, um wirtschaftlich arbeiten zu können, wofür mindestens 20.000 Krankheitsfälle im Jahr benötigt würden – die Nippeser Praxis habe im vergangenen Jahr jedoch nur etwa 9.700 Fälle behandelt.

In einem gut vorbereiteten Vortrag verteidigte Dr. Jürgen Zastrow die Schließungs-Pläne.

In einem gut vorbereiteten Vortrag verteidigte Dr. Jürgen Zastrow die Schließungs-Pläne.

Diejenige am Heilig-Geist-Krankenhaus hingegen habe 5000 Fälle mehr aufzuweisen. „Unser Leitkriterium ist die Inanspruchnahme“, sagte Zastrow. „Wir gehen dahin, wo die Menschen sind und wo der Bedarf besteht.“

Standortwahl kritisch

Überzeugen konnte Zastrow mit seinen Argumenten jedoch weder die Bezirksvertreter noch Dr. Walter Klüwer, Vorsitzender des betreibenden Vereins der Notfallpraxis, oder den Geschäftsführer des St.-Vinzenz-Krankenhauses, André Meiser.

Klüwer stritt die Notwendigkeit einer Reduzierung der Kölner Notfallpraxen nicht ab, aber: „Wir stellen die Standortwahl in Frage“, so Klüwer. Auch wenn das Heilig-Geist-Krankenhaus geografisch zentral im Gebiet der beiden nördlichen Bezirke liege, sei das St.-Vinzenz-Krankenhaus durch seine verkehrliche Anbindung besser zu erreichen – durch die S-Bahnlinie auch für Chorweiler Bürger. Außerdem laufe die Umstrukturierung durch die KV darauf hinaus, dass die Notfallpraxen künftig direkt der KV unterstünden, statt durch unabhängige Vereine geführt zu werden.

Laut Meiser sei die Entscheidung der KV ein „Schock“ gewesen, da die Krankenhausleitung bis dato davon ausgegangen sei, das der Standort erhalten bliebe und unter Mithilfe der KV auch in die Portalpraxis integriert werden könne, die nach dem Ende der bevorstehenden Baumaßnahmen am St. Vinzenz aufgebaut werden solle. Weiterhin habe das St. Vinzenz die beste und breiteste Ausstattung anzubieten: „Wir werden demnächst das einzige Krankenhaus mit erweiterter Notfallversorgung sein. Wir haben gegenüber der KV immer gesagt, dass wir an so einem Standort auch eine Notfall-Praxis für nötig halten.“

Verkehrliche Belastung droht anzusteigen

Auch bei den Nippeser Bezirksvertretern herrschte weitgehend Skepsis vor. „Man hat den Eindruck, hier soll ein gut funktionierendes System mit dem Sparstift zusammengestrichen werden“, sagte Horst Baumann, Fraktionsvorsitzender der SPD. Er befürchtete, dass die verkehrliche Belastung der Anwohner des Heilig-Geist-Krankenhauses durch 6000 Besucher mehr aus Nippes und Chorweiler weiter empfindlich ansteigen werde.

Daniel Hanna (CDU) stieß sich an dem Argument der Wirtschaftlichkeit, das Zastrow immer wieder vorgebracht hatte. „Ich finde, aus medizinischer Sicht ist es etwas zu kurz gedacht, in diesem sensiblen Bereich der Medizin nur darauf zu schauen.“

Doch auch wenn die Bezirksvertreter an ihrem Unmut keinen Zweifel ließen, waren ihnen dennoch die Hände gebunden, denn die Entscheidungsgewalt über die Notfallpraxen liegt einzig bei der KV. „Wir können nur an sie appellieren, die Entscheidung noch einmal zu überdenken“, so Bezirksbürgermeister Bernd Schößler.

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