Notbetreuung in KölnFröbel-Kita an St. Peter sieht auch Chancen in der Corona-Krise

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Zwei-zu-drei-Betreuung: Den Kindern in der Kita an St. Peter macht soviel Aufmerksamkeit Freude.

Zwei-zu-drei-Betreuung: Den Kindern in der Kita an St. Peter macht soviel Aufmerksamkeit Freude.

Köln – Offenes Konzept - das war einmal. Wo sich sonst Kinder nach eigenem Interesse auf Bauraum, Kreativecke und Turnhalle verteilen, gibt es jetzt wieder Gruppenräume und die Türen bleiben zu: Notbetreuung im Kindergarten an St. Peter. Der sechsjährigen Milou gefällt’s, besonders „dass wir nur so wenige Kinder sind“.

Nie mehr als neun Kinder vor Ort

112 davon in allen Altersgruppen betreut die Kita normalerweise. 26 wurden für die Notbetreuung angemeldet. „Viele unserer Eltern arbeiten im St. Franziskus-Hospital“, erklärt die Kita-Leiterin Stefanie Weirich. Von den 26 kommen jedoch nie mehr als neun. „Die Eltern gehen sehr verantwortungsvoll mit dem Angebot um und bringen die Kinder nur, wenn sie Dienst haben.“

Tobias Knappheide ist froh darüber. Er und seine Frau arbeiten bei der Polizei und sind auf die Notbetreuung angewiesen. Aber „wenn hier 50 Kinder gekommen wären, hätten wir unsere nicht gebracht“. Auch wenn er nicht wüsste, wie es dann hätte gehen sollen, räumt er ein, während er seine Tochter Milou und ihre kleine Schwester abholt. „Da fehlte uns eine Idee.“

Ist ja auch nicht nötig. Stefanie Weirich und ihre 26 Mitarbeiter sehen es gerade in Krisenzeiten als Aufgabe an, für Eltern und Kinder da zu sein. Das St. Franziskus-Hospital liegt direkt gegenüber. Die Kita kooperiert mit dem Krankenhaus, öffnet morgens schon um 6.30 Uhr, „damit die Eltern ohne Hetze die Kinder abgeben und pünktlich zum Dienst kommen können“, sagt Stefanie Weirich. Im Parterre-Fenster der Kita hängt ein handgeschriebenes Schild: „Ihr seid großartig! Wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des St. Franziskus-Hospital für ihren Einsatz.“

Auch an Kinder zuhause wird gedacht

Doch auch um die Kinder und Eltern zu Hause wollen sie sich weiter kümmern. „Wir rufen die Kinder zum Geburtstag an, geben den Eltern Spielideen, schicken jeden Tag einen Newsletter“, erzählt Weirich. Das ist im Sinne der Fröbel-Gruppe, die der Träger von der Kita an St. Peter und 39 anderen in Köln ist. „Wir versuchen, Verbundenheit herzustellen und die Brücke zum Kind so lange wie möglich zu halten“, sagt Arnd Kortwig, Geschäftsleiter Region Köln. Viele, so fürchtet er, hätten sonst Schwierigkeiten, wenn sie nach langer Schließung wieder in die Kita kämen: „Das ist dann wie ein Neustart.“

Er selbst hat schon ein Video über Apfelkerne gedreht, das die Eltern für ihre Kinder geschickt bekommen haben. Die würden sich sehr liebevoll um ihre Kinder zu Hause kümmern, wären aber dankbar für jede Anregung. Gerade Familien, in denen nicht alles rund läuft, möchte er Angebote machen. Deshalb findet er die Entscheidung, die Kitas für Kinder zu öffnen, die unter häuslicher Gewalt leiden, richtig.

Erzieher sind wichtig und systemrelevant, meint er: „Sie sorgen nicht nur im Moment dafür, dass andere Bereiche noch funktionieren können, sondern sind auch einfach für die Bildung der Jüngsten zuständig.“

Notbetreuung weiter öffnen

Kinder, denen wegen der Kontaktsperren in der Corona-Krise zuhause Gewalt droht, sollen demnächst auch in Kitas oder Schulen notbetreut werden können. Familienminister Joachim Stamp (FDP) kündigte vergangene Woche eine entsprechende Rechtsverordnung an. Die Jugendämter sollen Kinder, bei denen sie eine entsprechende Gefährdung sehen, in die Notbetreuung geben dürfen.

Die betroffenen Kinder dürften aber nicht mit einem „automatischen Stigma“ behaftet sein, so Stamp. „Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt“, sagt auch Arnd Kortwig von Fröbel Köln.

Im Moment sind sie allerdings eher damit beschäftigt, den Alltag der Kinder aufrechtzuerhalten - in der Kita mit Desinfektionsmittel und Humor. „Wir versuchen, den Kindern ein Stück Normalität zu bewahren“, sagt Erzieher Jan Wischmeier. Angst vor Ansteckung haben sie nicht: „Wir haben auch schon vor Corona viel mit den Kindern Hände gewaschen. Das gehört zum pädagogischen Konzept“, sagt Weirich. In der Krise lässt sich Positives entdecken: den Vogel zum Beispiel, der auf dem Hof mitten im sonst quirligen Ehrenfeld nie zu hören war. Milou gefällt’s: „Jetzt ist es so schön ruhig hier.“

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