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OB-Wahl 2020CDU und Grüne schicken Henriette Reker erneut ins Rennen

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Mit 94,05 Prozent schickte die Kölner CDU Henriette Reker ins Rennen um den OB-Posten.

Köln – Die parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker (62) geht erneut für CDU und Grüne ins Rennen um den Kölner OB-Posten im Herbst 2020. Auf einem Parteitag der Kölner CDU fuhr Reker am Samstag ein Traumergebnis von 94,05 Prozent Zustimmung für ihre zweite Kandidatur ein.

Bei den Grünen sprachen sich lediglich 77,22 Prozent für sie aus. Die Grüne Jugend übte harte Kritik an Reker und forderte einen eigenen grünen OB-Kandidaten, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Letztlich folgten Grüne wie Schwarze der vom Parteivorstand vorgegebenen Linie, Reker zu unterstützen.

Knapp 32 Minuten sprach Henriette Reker am Morgen bei der CDU im Apostelgymnasium in Lindenthal, in ihrem Vortrag zählte sie die bisherigen Erfolge auf, etwa die Ausgliederung der Wirtschaftsförderung, und nannte die Herausforderungen der Zukunft, beispielsweise den überhitzten Wohnungsmarkt oder den Klimawandel. Ein Feuerwerk der Emotionen war ihre Rede nicht, erst bei den Nachfragen der Mitglieder taute sie auf und punktete.

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Kölner CDU rechnet Enthaltungen nicht mit

Zur Frage, wo sie programatisch stehe, also ob sie eher schwarz oder grün sei, sagte Reker: "Der CDU bin ich manchmal zu grün, den Grünen bin ich immer zu schwarz, so ungefähr fühlt sich das an. Das ist wahrscheinlich das Schicksal einer unabhängigen OB. Ich bin ein wertekonservativer Mensch, aber ich bin auch ein Mensch, der an die Zukunft denkt. Deswegen mögen Ihnen manchmal meine Ideen zum Klimaschutz oder der Verkehrsberuhigung grün vorkommen, aber sie sind modern."

Von den CDU-Mitgliedern kam kaum Kritik an der OB oder an einer fehlenden Alternative zu Reker, das hatte sich im Vorfeld schon angedeutet. Zwar rumort es in Teilen der Basis, aber öffentlich machte das keiner der Anwesenden - eine beantragte geheime Abstimmung lehnte die Versammlung ab. Hinter vorgehaltener Hand wurde die offene Abstimmung kritisiert: Kaum einer werde sich öffentlich gegen die Parteispitze stellen, weil die CDU in Kürze ihre Kandidaten für die Kommunalwahl aufstelle.

Die Kölner CDU rechnet bei Abstimmungen die Enthaltungen nicht mit, spricht deshalb nicht von 94,05 Prozent Zustimmung, sondern von 97,75 Prozent, also noch mehr als 2015, seinerzeit waren es 97,4 Prozent. Damals waren mehr als 400 Mitglieder in der Flora, am Samstag waren nur 185 anwesend. Vier Mitglieder stimmten gegen Reker, sieben enthielten sich, 174 plädierten für ihre erneute Kandidatur.

Am Mittag präsentierte sich Reker im Pfarrheim Heilig Kreuz in Weidenpesch der grünen Basis. Hier sprach sie 36 Minuten, wirkte teils angespannt, wurde aber zunehmend lockerer. Gemeinsam habe man schon viel erreicht, sagte Reker. "Es waren vier gute Jahre für Köln und auch für die Grünen." Und die erste OB in der Geschichte Köln unterstrich: "Es hat dieser Stadt nicht geschadet, dass mal eine Frau am Steuer ist." Eine Amtszeit reiche aber nicht aus, um die begonnenen Projekte zu nachhaltigen Erfolgen zu führen, sagte Reker.

Sie griff viele grüne Themen auf, versprach: "Ich treibe den Ausbau des Rad- und Nahverkehrsnetzes voran. Steinzeitliche Planungen mit freilaufenden Rechtsabbiegern wird es mit mir nicht mehr geben." Auch beim barrierefreien Ausbau des Bahnhofs Deutz werde sich im nächsten Jahr endlich etwas tun, sagte Reker unter großem Applaus. Sie lobte Köln als Hochburg für innovative Startup-Unternehmen, deren Potenzial es zu nutzen gelte: "Die Anpassung an den Klimawandel ist auch eine wirtschaftliche Chance für Köln. Wir müssen das nur richtig anpacken."

Kritik von der Grünen Jugend

Doch die Krönungsmesse für Reker lief nicht ohne Widerstand und offene Konfrontation ab. Die Grüne Jugend hatte kurzfristig einen Änderungsantrag eingereicht. Sie warf dem Parteivorstand "mangelnde Transparenz" und "unzureichende Beteiligung der Basis" vor, forderte einen OB-Kandidaten mit grünem Parteibuch. Die Ergebnisse der Gespräche mit Reker seien nicht zufriedenstellend, die Partei solle noch mal mit anderen Kandidaten reden und dazu eine Personalfindungskommission einrichten, verlangte der grüne Nachwuchs.

Reker sei ein Kompromiss, sie habe kein klares grünes Profil und bei der Verwaltungsreform fehle es ihr an Führungsqualitäten, sagte Anna Kipp von der Grünen Jugend. Man habe sich von der Partei "mehr Selbstbewusstsein gewünscht. Ihre Mitstreiterin Rahel Kellich betonte, die weitreichenden Ziele der Grünen "lassen sich nicht mit einer CDU umsetzen".

Stephan Matthias Pape, Sprecher der Grünen Jugend, erinnerte an einen Wahlkampfslogan der Grünen: "Zukunft wird aus Mut gemacht. Nicht aus Demut." Er kritisierte, dass keine ergebnisoffene Debatte möglich gewesen sei. Die Partei sei ihrem Credo "Inhalt statt Person" nicht gerecht geworden.

Reker sprach von „ehrlichem Ergebnis“

Die Parteichefs Katja Trompeter und Frank Jablonski, die Abgeordneten Katharina Dröge und Berivan Aymaz sowie die Ratsmitglieder Brigitta von Bülow, Lino Hammer und Hans Schwanitz legten sich mächtig für Reker ins Zeug und warben geradezu euphorisch für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit. Sie verwiesen etwa auf Rekers konsequente Haltung gegen Rechts und in der Flüchtlingspolitik. Außerdem sei es erst seit Reker gelungen, dass die Stadtverwaltung gute Beschlüsse der Grünen auch wirklich umsetze.

Am Ende mussten sich die Mitglieder zwischen beiden Anträgen entscheiden. Von 158 gültigen Stimmen waren 122 für den Antrag des Vorstands, mit Reker in den Wahlkampf zu ziehen. Das entspricht 77,22 Prozent Zustimmung, 2015 waren es deutlich mehr: 91,84 Prozent. Für den Antrag der Grünen Jugend stimmten 28 Anwesende (17,72 Prozent). Zwei Mitglieder lehnten beide Anträge ab, sechs enthielten sich.

Reker sprach von einem "ehrlichen Ergebnis" und kündigte Gespräche mit der Grünen Jugend an. Sie freue sich sehr, dass CDU und Grüne ihre Kandidatur mit breiter Mehrheit unterstützen, sagte sie nach der Abstimmung. Der Wahlkampf sei für sie aber noch weit weg, das werde erst im nächsten Jahr Thema. Jetzt gehe es um die Arbeit an konkreten Projekten, insbesondere das Thema Klinikverbund sei ihr wichtig. Wie die konkrete finanzielle und organisatorische Unterstützung von CDU und Grünen im Wahlkampf aussehen soll, sei noch offen, erklärte Reker. 

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