Ökostrom in KölnBürgerbegehren könnte Rheinenergie zum Umstieg zwingen

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Solarstrom Symbolbild

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Köln – Es könnte die wichtigste kommunalpolitische Entscheidung des Jahres werden. Soll die Rheinenergie verpflichtet werden, ab 2030 nur noch 100 Prozent Ökostrom aus erneuerbaren Quellen zu liefern? Das fordert die Initiative „Klimawende Köln“ und hat ein Bürgerbegehren gestartet (wir berichteten). Ein Blick auf den aktuellen Stand des Verfahrens.

Wie ist die Ausgangslage?

Die Initiative kritisiert, dass bislang nur 5,9 Prozent des von der Rheinenergie produzierten Stroms aus regenerativen Quellen stammen. Sie bemängelt, dass die Kölner Kraftwerke des Versorgers jährlich 2,2 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen. Hinzu kommen die Emissionen des Steinkohlekraftwerks Rostock, an dem die Rheinenergie mit 49,6 Prozent beteiligt ist. Per Bürgerbegehren soll das zum Stadtwerkekonzern gehörende Unternehmen dazu gebracht werden, den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase in der Stromproduktion bis 2030 auf null zu reduzieren.

Wie läuft das Bürgerbegehren ab?

Um Erfolg zu haben, muss die Initiative gemäß Gemeindeordnung NRW 24 645 Unterschriften von Kölner Bürgern vorlegen, das entspricht drei Prozent der Wahlberechtigten der vorigen Kommunalwahl. Gelingt dies, muss der Stadtrat die Forderung umsetzen oder binnen drei Monaten einen formalen Bürgerentscheid durchführen.

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Wie viele Unterschriften wurden gesammelt?

Darüber macht die Initiative keine Angaben. Sie hat aber Anfang März der Stadt die ersten 10 000 Unterschriften zur Prüfung eingereicht. Vor vier Wochen sammelten Aktivisten an einem Wochenende weitere 2600 Unterschriften. Bis Ende Mai will das Bündnis genug Unterstützer gefunden haben. Ziel ist eine Abstimmung im Stadtrat im Juni. Dann könnte am 26. September ein Bürgerentscheid parallel zur Bundestagswahl durchgeführt werden. Den entsprechenden Stimmzettel bekämen die Wahlberechtigten zusammen mit dem Stimmzettel zur Bundestagswahl – sowohl im Wahllokal als auch bei der Briefwahl.

Was passiert beim Bürgerentscheid?

Gemäß Gemeindeordnung kann bei einem Bürgerentscheid über eine Frage nur mit Ja oder Nein abgestimmt werden. Die von der Initiative gestellte Frage lautet: „Soll die Stadt Köln im Rahmen ihrer Unternehmensbeteiligungen darauf hinwirken, dass die Rheinenergie AG und deren Tochterunternehmen spätestens ab 2030 nur Strom aus erneuerbaren Energien liefern, wobei sie diesen selbst in eigenen Anlagen produzieren, im Rahmen von Stromlieferverträgen aus veröffentlichten Anlagen erwerben oder im Rahmen von Mieterstrommodellen zur Verfügung stellen?“

Entschieden wird die Frage von der Mehrheit der gültigen Stimmen, sofern diese mindestens zehn Prozent der Wahlberechtigten beträgt. Das heißt: Stimmen mindestens 82 000 Kölnerinnen und Kölner mit Ja und liegt die Zahl der Nein-Stimmen darunter, muss die Stadt das Vorhaben umsetzen.

Was sagt die Rheinenergie dazu?

Sie hat einen eigenen Plan vorgelegt, um bis 2040 klimaneutral zu werden, hält einen Komplett-Umstieg bis 2030 für nicht vertretbar. Laut Schätzung der Stadt würde dies Kosten von 236 bis 569 Millionen Euro pro Jahr verursachen. Die Rheinenergie betont, das mit Erdgas betriebene Gaskraftwerk in Niehl werde auch für die Fernwärmeversorgung gebraucht. Es abzuschalten, nutze dem Klima nichts, weil die Heizenergie für Zehntausende Haushalte dann anderweitig erzeugt werden müsse. Ein Erfolg des Bürgerbegehrens würde zur Insolvenz und Zerschlagung der Rheinenergie führen, warnte Konzern-Chef Dieter Steinkamp in der Rundschau.

Wie argumentiert die Bürgerinitiative?

Sie hält die Kostenschätzung für falsch. Versorger müssten künftig viel mehr für den Ausstoß von Kohlendioxid bezahlen, das sei nicht angemessen berücksichtigt. Durch den schnellen Umstieg auf regenerative Energien könne die Rheinenergie im Gegenteil sogar Gewinne machen.

Wie geht es jetzt weiter?

Seit Mitte Februar loten Vertreter von Stadt, Rheinenergie und „Klimawende Köln“ in vertraulichen Gesprächen unter Leitung eines neutralen Moderators aus, ob man bis Ende Mai eine gemeinsame Lösung finden kann. Die zentrale Frage dabei lautet: Welche zusätzlichen Schritte hin zur Klimaneutralität könnte die Rheinenergie machen, damit die Initiative bereit ist, das Bürgerbegehren zurückzuziehen?

Bei der Stadt ist die Sorge groß. Ein schneller Umstieg auf erneuerbare Energie entspricht zwar den Zielen von Oberbürgermeisterin Henriette Reker und dem Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt, die Köln bis 2035 klimaneutral machen wollen. Doch die Rheinenergie ohne Rücksicht auf Verluste umzukrempeln, will man tunlichst vermeiden. Denn ohne die Gewinne des Versorgers müsste die Stadt nicht nur das Defizit der Kölner Verkehrs-Betriebe (zuletzt 100 Millionen Euro) und der Kölnbäder (19 Millionen Euro) selbst tragen. Ihr würden zudem rund 40 Millionen Euro im städtischen Haushalt fehlen. Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin hat bereits betont, es dürfe keine Umstellung um jeden Preis geben. Man hoffe auf eine Einigung in den Gesprächen.

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