Kölner Polizist vor GerichtStaatsanwaltschaft fordert acht Monate auf Bewährung

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Der Tatort am Sudermannplatz

Der Tatort am Sudermanplatz 

Köln – Acht Monate Haft auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt hat die Staatsanwaltschaft am Freitagmorgen gegen einen Polizisten (46) gefordert. Der 46-Jährige hatte im Juli 2019 in einem Getränkemarkt am Sudermanplatz im Agnesviertel nach einem fehlgeschlagenen Festnahmeversuch fünf Mal auf einen damals 19 Jahre alten fliehenden Intensivstraftäter geschossen und drei Mal getroffen. Der junge Mann, gegen den ein Haftbefehl wegen schweren Raubes vorlag und der in dem Prozess als Nebenkläger auftritt, wurde an Nacken, Rückenflanke und Oberschenkel getroffen und erheblich verletzt. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft waren die Schüsse auf den jungen und unbewaffneten Mann weder gerechtfertigt noch verhältnismäßig. Es sei nur dem Glück geschuldet, dass der heute 22-Jährige überhaupt noch lebe, sagte die Staatsanwältin.

Die Nebenklage forderte eine Freiheitsstrafe von über einem Jahr. Das würde beamtenrechtlich bedeuten, dass der Angeklagte — der derzeit weiterhin seinen Dienst als Polizeibeamter versieht — nicht weiter in seinem Beruf arbeiten könnte. Bei einer Kundgebung am ersten Prozesstag hatten Angehörige und Freunde des Geschädigten die Entfernung des 46-Jährigen aus dem Polizeidienst verlangt. Die Verteidigung plädierte hingegen auf Freispruch. Das Vorgehen des Angeklagten sei gerechtfertigt und verhältnismäßig gewesen und durch das Polizeigesetz gedeckt. Demnach dürfen Polizisten auf Verdächtige Schießen, die per Haftbefehl wegen eines Verbrechens gesucht werden und sich der Festnahme zu entziehen versuchen. Das Gericht hat für 12.30 Uhr ein Urteil in dem Fall angekündigt.

Kollegin am Vortag befragt

Sie sei „überrascht“ gewesen, als ihr Kollege plötzlich auf den fliehenden damals 19-jährigen Intensivstraftäter geschossen habe. Das sagte am Donnerstag eine Polizeibeamtin (44), die im Juli 2019 unmittelbar neben dem 46-Jährigen gestanden hatte, als dieser einem weglaufenden Intensivstraftäter in einem Getränkemarkt am Sudermanplatz hinterher geschossen hatte. Dabei traf er den 22-Jährigen drei Mal und verletzte ihn erheblich. Derzeit muss sich der Beamte wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt vorm Landgericht verantworten.

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„Das war mein erster Schuss, den ich in 19 Dienstjahren erlebt habe“, sagte die Zeugin. Auf Nachfrage erklärte die Frau, dass sie ihre Dienstwaffe damals nicht gezogen habe. Auch dass ihr Kollege geschossen habe, habe sie in der Situation als „nicht verhältnismäßig“ erachtet. „Der war ja unbewaffnet“, sagte sie über den fliehenden Nebenkläger. Damit hatte die 44-Jährige eine völlig andere Bewertung der Situation vorgenommen als ihr nun angeklagter Kollege.

„Man befindet sich in einem Tunnel“

Ferner konnte sich die Fahnderin nicht erinnern, dass beim Festnahmeversuch des damals 19-Jährigen jemals das Wort „Polizei“ gefallen sei. Allerdings könne sie das auch überhört oder vergessen haben. „So eine Situation ist nicht alltäglich, man befindet sich in einem Tunnel“, sagte die Zeugin, die aus Sicherheitsgründen nicht ihren Namen vor Gericht nennen musste. Der Nebenkläger hatte in seiner Einlassung am ersten Verhandlungstag erklärt, dass er nicht gewusst habe, dass es sich bei den Zivilpolizisten tatsächlich um Polizeibeamte gehandelt habe.

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